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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 59.1908-1909

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Braun, Irene: Die Ausstellung "München 1908", [5]: die Textilkunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.9042#0085

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Die Ausstellung „München igos". — Die Textilkunst.

\80. („München 1Z08".) Wandbespannung; nach Entwurf
von Adelbert Nicineyer ausgeführt für Hahn & Bach.

firmen — <Ferftle & Löffler, Untermayer,
Frankel, Spörl — ihren gediegenen Reichtum
verlockend ausgebreitet hatte (Abb. (88—(98). Auch
die Frauenarbeitsschule war durch vorzügliche
Spitzenarbeiten vertreten sowie durch lustige Dar-
stellungen — „Sport" — in Filetgipüre (Abb. (99
u. 200). Diese Technik ist jetzt wieder besonders
beliebt, ebenso eine ihr ähnlich wirkende „lVickel-

;8; u. 182. („München 1908".)
Wandbespannung und Dorhangstosf; nach Entwürfen von
Adelbert Nieineyer ausgesührt für Hahn & Bach.
0/s d. wirkl. Größe.)

arbeit", wobei das feine Gitter aus dem Stoff selbst
herausgearbeitet wird — mühsamste Hausindustrie,
meist aus Oberfranken, welche die Firma Rothen-
berg in den Handel bringt.

Tine böse neue Mode ist aber die Verbindung
von Filetgipüre mit kleinlichster Weißstickerei; erstere
verlangt als Gegensatz zur Umgebung ruhige, glatte
Flächen, die nicht mit Pünktchen und ausgeschnittenen
Blättchen überdeckt sein dürfen.

In dem Schrank der Spitzenfchule zu Hirsch -
berg in Schlesien dagegen befand sich kein Stück,
das nicht nach Entwurf und Ausführung muster-
gültig gewesen wäre. Das ist beste Debschitz-Schule
in selbständiger Weiterentwicklung, die Zeichnungen
stammen von den Leiterinnen der Anstalt, H. v. D o-
beneck und M. Bardt sowie von W. v. Debschitz,
Friedlaender u. a. (Abb. (92—(9^).

Eine andere sehr erfreuliche, aus der Volkskunst
hervorgegangene Spitzenindustrie ist die von Nord-
halben im Frankenwald; die staatlich unterstützte
Alöppelschule dort steht unter der künstlerischen Ober-
leitung von Mia Eornelius, ebenso wie die
Stickschule von Enchenreuth, deren vorzügliche
Leistungen in diesen Blättern schon eingehend be-
sprochen wurden (vgl. Zahrg. (907, S. 208 ff.); Marie
Frey, Gertrud Rommel, Anna Steuer und
andere künstlerische Aräfte sind mit beteiligt durch
gute, dem derben Material angepaßte Entwürfe;
ihre reizendste Spezialität bilden die buntgestickten
Aleider und Häubchen, die schon viele Münchener
Aindeln tragen (Abb. 206—208, 5. 83 dieses Heftes).
Die schönen Decken und Portieren in dem bürger-
lichen Wohnzimmer von H. Haas waren ebenfalls
von der Schule hergestellt.

Was die Firma Richard an Buntstickerei
brachte, war zum größten Teil angenehm und ein-
fach; die Prunkdecken von Tronicke dagegen taten
des Guten viel zu viel. Die weiß in weiß gehaltenen
Seide- und Leinendecken nach Entwurf von Thea
Wittmann wirkten schon fast zu reich, wenn aber
farbige Rosengirlanden, Durchbrucharbeit und Weiß-
stickerei auf einer Decke so massenhaft angebracht
sind, daß kaum ein ruhiges Fleckchen mehr besteht,
so kann man nur die Verschwendung schöner Technik
bedauern. Sehr viel verständiger waren die Spitzen-,
Durchbruch- und Reticella-Arbeiteu behandelt von
einzelnen Künstlerinnen wie Mar. Stadler, Käthe
Dietrich, Emma Steiuitz; erstaunlich kunstvoll
gearbeitet, aber in der Zeichnung minder glücklich
die feinen Spitzenkissen von H. Lilienthal.

Die farbige Stickerei und Weberei nahm mit
den verwandten Techniken einen großen Ausstellungs-
raum für sich ein; es ist nicht möglich, alle zu nennen,

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