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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 59.1908-1909

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Chronik des Bayer. Kunstgewerbevereins
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https://doi.org/10.11588/diglit.9042#0265

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Lhronik des Bayer. Kunstgewerbevereins.

Redner alsdann unter erläuternden Bemerkungen Schloßgärten
vor, sowie Gartenhäuser, Aussichtsxavillons, Treillagearbeit, ;
Brücken, Gartenmöbel, Gartentore (aus polz und aus Eisen), |
— endlich auch die Gartenplastik, einschl. Brunnen, woran i
sich anerkennende Bemerkungen über den Garteuschmuck der
Ausstellung „München ;908" schlossen. Bei der Betrachtung
der sog. englischen Gartenanlage gab sich reichlich Gelegenheit,
über diese unnatürliche Kunstnatur den Stab zu brechen, wobei
u. a. Fr. Schiller und Jean Paul in verschiedenen Zitaten als
Schiedsrichter beigezogen wurden; doch sand Skells Tätigkeit
bei Anlage des „Englischen Gartens" in München gebührende
Anerkennung. Den Schluß der Bilderreihe machte Friedrichs
des Großen Lieblingsaufenthalt — Sanssouci. Am Ende seiner
Ausführungen faßte Redner die bei der Gartenkunst zu befol-
genden Grundsätze in folgendem zusammen: Weder Parks !

noch Gärten dürfen die pand des menschlichen Schöpfers ver> !
leugnen. — 2. Das Nachahmen der Landschaft verbietet sich
schon deshalb, weil deren Entstehen Gesetze voraussetzt, die j
uns durch die Art ihrer Wirksamkeit wie auch durch die Art
derselben verschlossen und unzugänglich sind. — 3. Streng sachliche,
eine bequeme Benutzbarkeit bezweckende Planlegnng ist die
wichtigste Vorbedingung. — q. Mo ein Bauwerk vorhanden,
ist dasselbe so in den Garten einzubeziehen, daß eine rhyth-
mische, beide Teile fördernde Wirkung zustande kommt. — Alle
vorkommenden Architekturteile, welcher Art sie auch seien, sind j
ihrem wahren Wesen nach zu behandeln. — 6. Auf bodenstän- 1
Ligen Lharakter ist die tunlichste Rücksicht zu nehmen."—Der
interessante Vortrag war bedauerlicherweise wegen der Karnevals-
zeit recht schwach besucht; wir glaubten uns deshalb etwas
ausführlicher mit ihm beschäftigen zu müssen.

Dreizehnter Abend — den 2. März — Vortrag von
Prof. Fr. v. Thier sch über „Die ehemalige Augustinerkirche in
München." Das Schmerzenskind der Monumentalbau-Kom-
mission, das Verlegenheitsstück für den Münchener, der seine
an geleckte päuserfassaden gewohnten Gäste an dem ruinösen,
durch Plakatwände maskierten Bau vorüberführt, — die Au-
gustinerkirche war das Thema, das eine große und gewählte
Zuhörerschaft in den Vereinssaal gelockt hatte, darunter Vertreter
des königlichen pauses — Prinz Alfons — des Reichsrats,
der Kammer der Abgeordneten, der Akademie der Künste, der
Technischen pochschule usw. Redner knüpfte an den Wettbewerb
für das Polizeigebäude an und schildert zunächst die Schicksale
des Klosters und der Kirche seit der Sequestration zu Anfang
des vorigen Jahrhunderts und besonders die in den letzten
Jahren gemachten Vorschläge zur Gesundung der baulichen Ver-
hältnisse und zur geeigneten Verwendung des Baues unter
Schonung seines künstlerischen Wertes. Nach einer kurzen
Darstellung der Baugeschichte und des Baues selbst enthüllt
der Redner die letzten Ziele seines Vortrages, die darin be-
standen : die Kirche zu einem Museuin von Nachbildungen
mustergültiger werke kirchlicher Kunst auszugcstaltcn; eine große
perspektivische Darstellung gab von dem Aussehen dieses Kirchen-
Museums ein anschauliches Bild. Als Beispiele für die Ver-
wendung kirchlicher Bauten zu Muscumszwecken wurden einer
eingehenden Betrachtung unterzogen: die mittelalterliche

Sammlung in Basel — einst Barfüßerkirche —, das städtische
Museum in Worms — ehemalige St. Paulskirche —, das Ger-
manische Museum in Nürnberg — früher Karthäuserkloster —, das
Lluny-Mnseum in Paris — eine einstige Benediktiner-Abtei.
Redner denkt sich das in der Augustinerkirche einzurichtende
Museum als eine Sammlung von Nachbildungen des Erlesensten
an kirchlicher Kunst, namentlich im pinblick darauf, daß München

auch der wichtigste Mittelpunkt der Pflege kirchlicher Kunst ist,
und daß es u. a. für die Geistlichkeit, die mit über die alten
Kunstschätze zu wachen hat, eine Notwendigkeit ist, sich das Ver-
ständnis dafür an solcher Stätte zu erwerben. Redner spricht
sich ganz entschieden gegen die in dem Wettbewerb für das
Polizeigebäude offen gelassene Möglichkeit aus, die Kirche ganz
abzubrechen und meint die Vertretungen des Landes und der
Stadt sollten mit gutem Beispiel vorangehen und mehr aus Er-
Haltung der alten Bauwerke bedacht sein. — Der Vortrag, der
durch zahlreiche Pläne und andere Schaublätter, sowie durch
eine große Anzahl Lichtbilder illustriert worden war, fand
ungeteilten Beifall.

Vierzehnter Abend — den 9. März — Vortrag von
Prof. vr. K. Doehlemann: „Die Brüder Asam und die
Deckenmalerei". Das für München besonders interessante Thema
gab dem Redner reiche Veranlassung, sich über die Grundsätze
der Monumentalmalerei auszusprechen, wobei er als erstes die
Unterordnung der Malerei unter die Architektur forderte und
zwar sowohl in bezug aus Zeichnung (perspektivische, architek-
tonische Linien) als in bezng auf Farbenstimmung, wenn die
Architektur Raumformen zur Geltung bringen will, müssen
wände und Decken so behandelt werden, daß die darauf an-
gebrachten Malereien nicht die Flächenwirkung der Flächen
ausheben: als Beispiel, wie man trotzdem die wände mit
reichem farbigem Bilderschmuck ausstatten kann, führte Redner
die Kirche Madonna, dell’ Arena in Padua an. Die Auflösung
der Fläche liegt nur dann im Interesse der Architektur, wo es
sich darum handelt, den Raum größer erscheinen zu lasse», in-
dem man z. B. an die wand weite Ausblicke malt; die Grien-
tierung des Vben und des Unten bleibt dabei immer in Über-
einstimmung mit der Wirklichkeit. Anders bei Deckenmalerei.
Pier sind zwei Fälle möglich: man stellt sich die horizontale

Deckenfläche als senkrechte Bildfläche vor und betrachtet das Bild
in gleicher weife, wie wir etwa einen auf dem Tisch liegenden
Kupferstich betrachten, dessen Bildfläche auch senkrechtstehend
zu denken ist („idealistische-abstrakte Behandlung"); 2. man
setzt gewissermaßen die Architektur der senkrechten wände in
die Decke hinein fort (illusionistische Behandlung), ob die Decke
eine wagerechte Fläche oder ein Gewölbe ist. Dabei bleibt die
Mitte meist leer, während die Szenen sich am Rande ab-
spielen; für die Mitte kommen dann nur die Situationen des
Schwedens, Fliegens in Betracht. Das zeichnerische Moment
tritt zurück; Barock und Rokoko opfern alles dem malerischen
Prinzip, — malerisch in jeder pinsicht, sowohl in Licht- und
Schatten-Unterscheidung, wie in bezug auf die Farbe an sich.
Zu den bedeutendsten Vertretern dieser Spezialität auf deutschem
Boden gehören die Gebrüder Tosmas Damian und Egid (puirin
Asam. Schon deren Vater pans Georg (geb. (6^9) war
Maler. Die Söhne waren \686 bzw. \6<)2 geboren; ihre
Sterbejahre sind 4739 und J750. Beide haben in Rom ihre
Pauptausbildung als Maler genossen; die Fresken des Pietro
de Eortona und seiner Schule, Damenichinos Fresken in
S. Andrea della valle, in S. Luigi, dann auch die Arbeiten
polidoro da Laravaggio und der Larracci (pal. Farense) waren
die einstußstärksten Vorbilder. — Im weiteren Verlauf seines
Vortrages führte der Redner in einer Reihe von Lichtbildern
eine Menge hervorragender Deckenmalereien vor, von Mantegna
(I-47P, Torreggio (Dom und Kirche in Parma) pozzo
(S. Ignazio), Paolo Veronese (Venedig), Tiepolo (Schloß in
würzburg), endlich von den Gebrüdern Asam selbst, letztere
z. T. nach vortrefflichen Aufnahmen des Photographen Adolf
Köstler.

verantw. Red.: ssrof. £. Gmelin. — Herausgegeben vom Bayer. Aunstgewerbeverein. — Druck und Verlag von R. Gldenbourg, München.
 
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