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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Editor]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 59.1908-1909

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Bredt, E. W.: Franz Paul Glaß
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https://doi.org/10.11588/diglit.9042#0300

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Franz Paul Glaß.

Aber ein sehr gewichtiger und höchst förderlicher
Lehrmeister unseres Glaß war ganz gewiß die von
allen Großen sehr geschätzte „Ananke", die Not-
wendigkeit, zu verdienen, das Akuß des Erwerbes.

Die Unterstützung seitens der Eltern war nur
eine bescheidene, seitdem er dem Aünstlerberufe ge-
folgt. Ich glaube nun allerdings, auch ohne jede
äußere Notwendigkeit hätte Glaß das Bedürfnis ge-
zeigt, fein Rönnen zu verwerten — durch Dienen
sich doppelt zu begaben.

Glaß gehört zu den Aünstlern, die man nach
ihrem Eifer allein schon als Vorbild der Jugend
hinzustellen hat. Der Unterrichtsgenuß allein genügte
ihm nicht für fein intensives Bedürfnis nach künst-
lerischer Schulung und Bildung. Er zeichnete in
seinen Freistunden nach Werken der Schulbibliothek
und der Graphischen Sammlung was ihm nur immer
als Gelegenheit zur Strichschulung oder zur Berei-
cherung in irgendwelcher künstlerischer Beziehung
geeignet erschien.

Und mir gefällt und erscheint sehr ernstlich be-
achtenswert, daß Glaß ganz und gar nicht ängst-
lich war in der Wahl seiner Vorbilder. Er sagt

selbst, daß Beardsley —
und erst viel später puis
de Ehavannes und Rlimt
— stärksten Eindruck auf
ihn gernacht, daß er an
ihm sich zu allerstärkst
geschult. Nun ist Beards-
ley wohl ein Ukeister der
Linie, der Schwarz-Weiß-
wirkung, er ist geistreich
und verwegen — aber
doch seinem geistigen Ge-
halt nach ein Krankhafter
und ein Akanirist. Aber
wenn er als solcher vielen
mit vollem Recht mißfällt,
so ist er, ernst und wahr-
haftig studiert, doch als
großer Ukeister engen Ge-
bietes auch in dem ^der
Schulung voller Wert.
So sei an den großen
Irrtum in: Aunstschul-
wesen erinnert, daß nur
Ukeister reiner Höhen, ab-
geklärter Reinheit der
Form — daß nur „Alassi-
sches" Vorbild sein könne,
sein dürfe. Der Aunst-
historiker hätte ja ein
leichtes, zu beweisen, daß Glaß auf dem rechten
Wege unbewußt so mancher Größe ersten Ranges
der Vergangenheit folgte. Es gibt nichts, was uns
nicht bilden könne — wenn nur der Wille in uns —
und auf wen nun „klassische" Vorbilder nicht wirken,
der kann durch sie nur Nachahmer werden.

An Erfolg dürfte sich mit Glaß kaum ein andrer
so junger Künstler messen können. Herzlichst sei ihm
hierzu gratuliert. Er inachte neun Preisausschreiben
mit und nur bei einem hatte er keinen Erfolg. Das
mag auch eine Folge fein seiner Klugheit und Ein-
fühlungsfähigkeit in das was verlangt wird — immer
ist es rühmlich für ihn, und auch hier hat er Größte
als Vorgänger, die groß geworden, weil sie in der
Jugend sich rastlos betätigt, sich gebildet, indem sie
gestellten Aufgaben künstlerisch gerecht wurden.

And Glaß ist seinen jüngeren Kollegen, seinen
Rkitschülern rühmlichst zu nennen, weil er in allem,
was seine künstlerische Bildung anging, geistige Über-
legenheit bewiesen hat. Er folgte nicht einem etwa
gerade billigen Geschmacksdogma, er ging, das habe
ich im stillen recht oft beobachtet, seinen eigenen
Weg. Die Selbsthilfe also auch auf intellektuellein

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