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Kunst- und Unterhaltungsblatt für Stadt und Land — 1.1852

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Johannes Keppler
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https://doi.org/10.11588/diglit.45111#0096
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Italien vertauschen könnte. Selbst wenn die Aus-
sicht auf höhere Ehre mich zum Verlassen meiner
Heimath bewegen würde, so vergesse ich dann doch
nicht, daß ich von Kindheit an bis jetzt als Deutscher
unter Deutschen mich mit einer solchen Freiheit der
Sprache und des Benehmens bewegt habe, daß ich
sie bei meiner Ucbersiedelung nach Bologna unmög-
lich ablegcn könnte." So achtungswerth aber auch
Keppler durch alle die genannten Eigenschaften und
Vorzüge ist, so wären doch sie allein wohl nie im
Stande gewesen, Keppler's Namen auch in weiteren
Kreisen bekannt zu machen: seine Wissenschaft ist
es, welche nicht bloß dieses Verdienst um ihn sich
erworben, sondern auch seinen Namen sür alle Zei-
ten unsterblich gemacht hat.
An ihr hing er mit der innigsten, wärmsten
Liebe; mit Feuereifer suchte er auf ihrem Gebiete
die Wahrheit, und dürfen auf irgend Jemand jene
Worte Schiller's angewandt werden:
Bis zu des Aethers bleichstem Sterne
Erhüb ihn der Entwürfe Flug;
Nichts war so hoch, Nichts war so ferne,
Wohin ihr Flügel ihn nicht trug:
so ist es Johannes Keppler in gewissem Sinne.
Das einzige Denkmal, das Keppler errichtet
worden, oder vielmehr, das er sich selbst errichtet
hatte, bildeten längere Zeit seine Schriften. lieber
ein Jahrhundert nach seinem Tode dachte Niemand
daran, ihm ein solches aus Stein oder Erz zu
fertigen; ja es ist sogar sehr ungewiß, ob ihm nur
ein Grabstein in Regensburg errichtet wurde, wenn
sich auch eine Grabschrift auf ihn vorfindet, die
mit den von Keppler selbst lateinisch verfaßten,
hier in deutscher llebertraguug gegebenen Worten
schließt:
Dereinst maß ich den Himmel, nun mess' ich das Dunkel
der Erde:
Stammte vom Himmel der Geist, deckt jetzt die Erde
den Leib.
Im verflossenen Jahrhunderte kam zwar die Er-
richtung eines Denkmals für Keppler in Anre-
gung, aber nicht zur Ausführung, ein Umstand, der
den genialen Kästner zu der bittern Aeußerung ver-

anlaßte: „Es war sehr gleichgültig, ob Deutsch-
land, das Kepplern bei seinen Lebzeiten kaum dürftig
Brod gab, ihm, da er schon länger als anderthalb-
hundert Erdenjahre unsterblich war, einen Stein
gegeben hätte." Dieselbe Bitterkeit war es auch,
welche demselben Gelehrten das bekannte und leider
nicht unwahre Sinngedicht eingab:
So hoch war noch kein Sterblicher gestiegen,
Als Keppler stieg! und starb den Hungertod!
Er wußte nur die Geister zu vergnügen,
D'rum ließen ihn die Körper ohne Brod!
Endlich, fast 18 Decennien nach dem Tode des
großen Mannes, nämlich im Jahre 1808, ließ ihm
Carl Theodor v. Dalberg zu Regensburg ein Denk-
mal errichten, bestehend in einem dorischen Tempel,
worin Keppler's von Doll gearbeitete Büste steht.
In neuester Zett beabsichtigen auch die Bewohner
von Weil der Stadt, ihren Mitbürger durch ein
Denkmal zu ehren, das aus einer Sammlung von
freiwilligen Beiträgen, wozu in öffentlichen Blättern
aufgcfordert wird, zu Stande kommen soll.
Schließen wir diese Skizze mit den Gedanken,
welche die Abfassung derselben hervorgcrufen hat:
Welten durchforschte sein Geist in des Aethers weiten
Gefilden,
Und der Planeten Bahn maß sein durchdringender
Blick:
Und was Ahnung ihm blieb, das in vollendeter Klarheit
Schaut er nun, nimmer beengt, Bürger des Him-
- mels anjezt.
Seine Gebeine umschließt Germania's Erde, vor allen
Ländern von ihm geliebt. Aber was gab sie ihm denn?
Kärgliches Brod, kaum genug, das ärmliche Dasein zu
fristen;
Wirklich gelebt hat er nur, als er die Sterne durch-
maß !
Wozu ein Denkmal dem Todten anjezt?! Es riese wahr-
haftig
In die Erinn'rung zurück, was er im Leben erlitt!
Nicht von Euch, ihr Deutschen, bedarf er des Denkmals!
nein, nimmer!
Nennt seinen Namen! Der ist selbst seines Ruhms
Monument.
C! a ß.

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