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Kunst- und Unterhaltungsblatt für Stadt und Land — 1.1852

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https://doi.org/10.11588/diglit.45111#0066
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—-Le. Q
I
———
40
All«
k r l e L.
Namen und Köpfe
Humoristische Bewach
Bei unfern zerstörungssüchtigen Zeiten, in wel-
chen mit gieriger Neuerungsscheere so manche Sitten
und Gebräuche abgeschuitten wurden und besonders
die Zopfe ihre liebe Noth hatten, in steter Todes-
angst das Damoklesschwert über sich hängen sehend,
hat es nuch schon ost gewundert, daß man, Ange-
sichts dieser Gefahr gegen Zopfe aller Art, die
Zopfe der Damen so ganz in Ruhe ließ. De-nke
ich darüber nach, so kann ich mir für diese zarte
Berücksichtigung oder vielmehr Nichtberücksichtigung
nur einen Grund denken, und der ist, daß man
den Zöpfen der Damen um der Kopfe willen,
die sie zieren, ihren guten Namen ließ. Man
suchte Kopfzöpfe zuzustutzen und Zopfköpfe
nach Wunsch herzurichten, aber die Damenköpse
blieben ungeschoren und sogar Zopfdamen
wollte man Nichts anhabcn.
Dicß ist eine Galanterie des Fortschrittes,
die sich nicht ganz mit demselben vereinbaren läßt,
denn in dem Augenblicke, in dem der Fortschritt
galant war, mußte er, der da immer fort-
schreiten will, doch sicher stehen bleiben, —
denn eine Galanterie en pussuirt läßt sich hier gar
nicht wohl annehmcn, da der Fortschritt meist
als sehr reißend geschildert wird, ich aber wohl
schon von der Galanterie Reisender, nie aber
von reißender Galanterie etwas gehört habe.
Das scheint demnach ein Rückschritt des Fort-
schrittes zn sein; jedoch kann hier auch wieder
zur Beschönigung in Betracht kommen, daß nicht
Alles Rückschritt ist, was den Anschein hat
solcher zu sein; denn wenn z. B. ein zärtlicher
Liebhaber hinter dem Rücken einer sorgsamen
Mama und eines strengen Papa's Schritte thut,
so ist dieß nicht gerade Rückschritt, sondern sehr
häufig Fortschritt.
Um jedoch wieder auf mein Thema zu kommen,
so gab es auch eine Zeit, in welcher die Damen
selbst die Rolle des Fortschrittes übernahmen,
Damen und Zöpfe.
lang von G. Wöhrn.
indem die Damenz öpfe durch Locken köpfe ver-
drängt wurden, wahrscheinlich weil in diesen so viel
Lockendes für die Männer liegt; doch bald war
der Zopf bei den Damen in seine alten Rechte
wieder eingesetzt. Bei dieser Gelegenheit fällt mir
bei, wie Damenzöpfe und Dam en namen sich
darin gleichen, daß Beide lang sein sollen.
Damenköpfe und Dame n n am e n aber gleichen
sich darin, daß Beide modern sein müssen, und
unterscheiden sich darin, daß man Damcnnamen
wie gewöhnlich mittels der Schriftzeichen,
Damenköpfe aber mittels der Augen buch-
st ab irt.
Das Auge ist der Spiegel der menschlichen
Seele, das Echo des Herzens, bei den Damen das
schönste und mächtigste Organ. Ein Mensch ohne
Auge wäre das mißlungenste Produkt der Schöpfung,
und ein Auge ohne Mensch kommt nur in der
heiligen Dreifaltigkeit vor. Sogar untergeordnete
Dinge, wie Bier und Käse, maßen sich an, Augen
zu haben, und auch dem Mond sagt man das
Gleiche nach.
Doch ich wollte ja von andern Dingen reden.
Hohle Namen und hohle Köpfe unterscheiden sich
darin, daß Erstere viel Lärm machen, wenn man
sie ausspricht, Letztere machen aber wenig Lärm,
wenn sic sich aussprcchen; sie gleichen sich dagegen
darin, daß Beide völlig gehaltlos sind. Ein
Heller Kopf kann sich wohl bald einen guten
Namen verschaffen, aber der beste Namen ist
nicht immer auch mit einem Hellen Kopfe verknüpft.
Um nun wieder auf die Damen zu kommen,
so hat schon die Weisheit des Schöpfers Ange-
sehen, daß cs sehr schwer sei, eine Dame zu schaffen,
deßhalb schuf er ein Weib, denn zur Erschaffung
einer Dame fehlten ihm damals trotz aller seiner
Allmacht noch die nöthigen Kenntnisse und Erfah-
rungen: da hatte noch kein Alexander Dumas, kein
Eugen Suc geschrieben, kein Liszt das Klavier mal-
->
 
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