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Kunst- und Unterhaltungsblatt für Stadt und Land — 1.1852

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Poetische Blumenlese
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https://doi.org/10.11588/diglit.45111#0221
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nung Hand in Hand, mit beiden aber die Verbrei-
tung ihres Ruhmes in immer weiteren Kreisen. Der
Kenner konnte es daher nur als eine eben so ehrende
als verdiente Anerkennung ihres hohen Kunsttalcnts
und ihrer ausgezeichneten Leistungen betrachten, wenn
Charlotte Hagn 1840 lebenslänglich in Berlin
engagirt wurde, wo auch ihre jüngere Schwester
Auguste eine Anstellung am Königsstädter Theater
gefunden hatte.
Was nun Charlottens Hauptleistungen be-
trifft, so sind dieselben im Lustspiel ausgezeichnet:
bei ihr findet keine Affcktation, kein unruhiges, un-
edles Haschen nach Witz und Witzeleien statt, keine
übertriebene Beweglichkeit, sondern ihre Nolle wickelt
sich immer in einem klaren, lebendigen, sich gleich
bleibenden Flusse ab. Entzückt aber die gefeierte

Künstlerin auf der einen Seite als ächte Priesterin
Thaliens, so weiß sie auch auf der andern in naiv
sentimentalen Rollen und in solchen, welche Ein-
fachheit und Gemüth erfordern, zu glänzen, und
zwar in einem solchen Grade, daß sie den Anfor-
derungen selbst des strengsten Kritikers Genüge leistet.
Vorzüglich gelingen ihr aber auch Charaktere aus
der hvhern Gesellschaft, deren Ton sie sich mit dem
feinsten Takt zu eigen gemacht hat.
Bei solchen Vorzügen und bei so ausgezeichneten
Leistungen darf es denn nicht befremden, daß die
berühmte Künstlerin nicht bloß die hohe Gunst des
Publikums zu gewinnen, sondern auch sich im un-
bestrittenen Besitze derselben bis jezt zu erhalten
gewußt hat.

poetische ölumentesc.

I. Für das Gemüth.
Fabeln.
Aus einer noch ungedruckten Sammlung von Or. E. Fröhlich.
Treueste Liebe.
Seit Wochen gut geborgen stand
Das Schiff am neuent'veckten Land;
Zum Nisten wähl'n das Wasserhaus
Zurückgekehrte Schwalben aus,
Deß gänzlich fremd und unbekannt,
Daß es die Segel wieder spannt.
Sie dünken sich in bester Hut,
Und wohl gedeihet ihre Brut.
Sie bringen Atzung ihr noch dann,
Als Fahrwind schon das Schiff gewann
Und schnell entschwebt in's weite Meer.
Sie fliegen aus und wieder her;
Doch immer weiter wird der Raum,
Und Strand und Schiff erflogen kaum,
So pfeilgeschwind die Schwalb" auch ist
Und meilenweit in kurzer Frist. —
Und ängstlicher ist nun der Flug;
Sie haben kaum noch Kraft genug
Vom Lande zu des Schiffes Rand,
Das noch ein Punkt — und nun verschwand.
-

Und als nach Speise schreit die Brut,
Da fassen sie noch einmal Muth
Und fliegen aus und bleiben lang
Und kehren — aber ach wie bang
Und müd und matt; es war zu weit;
Sie kehren leer. Das Junge schreit;
Sie sitzen tröstend zu ihm her,
Umsonst! -—> Noch einmal auf das Meer —
Versinken sie. —- Es war zu klein
Die Kraft, und groß die Treu allein.
4.
Pflegt und Dank.
„Primel, sagen Waldesbaume,
Frühe schmückst du unsre Räume."
„Euch, versezt sie, zu vergelten;
Daß ich nicht erfrier' im Staube,
Decktet ihr vor Todeskälten
Sorglich mich mit eurem Laube."
5.
Neue.
„Bach, — sagt die Blum', was stört dein Glück?
Nicht gibst du mir den Blick zurück.
Was trübet dich, was treibest du
Dich um dich selber ohne Rnh'?
 
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