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Kunst- und Unterhaltungsblatt für Stadt und Land — 1.1852

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Mühlbach, Louise: Bruder und Schwester
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https://doi.org/10.11588/diglit.45111#0220
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mendem Champagner wollen wir Deine Verlobung
verkünden!
So sey es, Vater! rief Eduard mit freudestrah-
lenden Blicken, indem er den französischen Kammer-
diener zur Toilette hcrbeirief und dem Groom be-
fahl, das Cabriolet vorzufahren.
Ein Viertelstunde später trat er in das Zimmer
der jungen Comtcsse ein, die ihn mit einem gutge-
lungencn Erröthen und einem köstlichen Lächeln
empfing. Sic war heute sehr schön, sehr gütig und
weich gestimmt und ihr entzückter junger Liebhaber-
sand bald den Muth, ihr seine Liebe zu gestehen und
um ihre Hand zu werben.
Er lag zu ihren Füßen, und in den beredtsten,
(Schluß

glühenden Worten schilderte er ihr seine Liebe und
flehte um ihre Gegenliebe. — Sie hörte ihm mit
niedergeschlagenen Augen zu und dachte dabei an das
glänzende Hotel, die schöne Equipage, die reich gal-
louirte Dienerschaft, die kostbaren Brillanten und
Cachcmirs, an alle die Pracht und den Luxus, wel-
cher ihrer harrte, wenn sie sich entschließen könnte,
„Madame Ehrenreich" zu werden.
Sie entschloß sich also! Sie entschloß sich, die
estühende Liebeserklärung Eduard's anzunehmen und
die Liebe des Millionairs zu erwiedern.
Als er geendet, sank sie ihm crröthend und zit-
ternd in die Arme, und gestand, daß sie ihn liebe!
—- Glückliches Brautpaar!
folgt.)

Charlotte von Hagn.

Einen der ersten Plätze unter den jezt lebenden
Actriccn Deutschlands nimmt unstreitig Charlotte
vonHagn ein. Geboren zu München im Jahr 1814
und mit inneren und äußeren Vorzügen reichlich aus-
gestattet, sah sie sich schon im 14tcn Lebensjahre durch
Familienvcrhältnisse veranlaßt, aus der Bühne ihrer
Vaterstadt aufzutrcten. Es war dieß in der Rolle
Afanasja's in „Graf Bcnjowsky". Ihre ganze äußere
Erscheinung, sowie die unbefangene Natürlichkeit und
Grazie, welche sic in der ihr zugetheilten Rolle ent-
wickelte, machten einen so günstigen Eindruck auf das
Publikum, daß sie alsbald eine Anstellung an der
Münchner Bühne erhielt. Da damals aus derselben
nicht bloß anerkannt tüchtige, sondern selbst ausge-
zeichnete Kräfte wirkten, so fehlte es der jungen
Künstlerin nicht an Mustern, nach denen sic sich bil-
den konnte. Sie that dieß mit eben so viel Eifer
als Glück, ohne jedoch in den Fehler sklavischer
Nachahmung großer Vorbilder, ein Fehler, der
bei so manchen angehenden Künstlern gerügt werden
muß, zu salleu. Nein, ohue die Vorzüge der an
Alter, Kunst und Stellung über ihr stehenden zu
verkennen, suchte sie sich doch selbstständig aus sich
hcrauszubilden und sich, wie jeder ächte Kunstjünger,
ihre eigene Bahn zu brechen. Lauter, allgemeiner
Beifall wurde ihr, so ost sie die Bühne betrat, zu
Theil; aber auch jedes Auftreten war ein neuer Be-
leg für ihr unausgesezteö Fortschreiten in künstle-

rischer Vervollkommnung, so daß die Erwartungen
und Voraussagungen der weiter und tiefer Blicken-
den über ihren Kunstberus nicht bloß gerechtfertigt,
sondern auch bei weitem übertroffen wurden.
Während sie aber jedesmal das Publikum be-
zauberte, wußte sie einer andern, für den Künstler-
nicht minder gefährlichen Klippe, als die sklavi-
sche Nachahmung, mit Geschicklichkeit auözuweichen
—. sie ließ sich nicht durch die Bcifallösüllc des
Publikums betäubeu uud zu dem Wahne hinrcißen,
sie sey schon eine vollendete Künstlerin, ehe sic cs
wirklich war. Sie betrachtete im Gegentheil die Gunst
und den Beifall des Publikums nicht sowohl als
einen schuldigen Tribut, wie als eine immer erneute
Aufforderung und Aufmunterung zum Fortschritt,
und eben dadurch wurde sie die vollendete Künst-
lerin, die wir in ihr bewundern. Als Charlotte
H ag n München mehrere Jahre hindurch durch ihr
Spiel entzückt hatte und bereits im Besitze eines weit
verbreiteten Namens war, wurde sic im Jahr 1833
bei dem Hoftheatcr in Berlin angcstellt, wo sic nicht
mindere Kunst-Triumphe feierte als in ihrer Vater-
stadt an der Isar. Aber auch in der Königsstadt an der
Spree betäubte und lähmte sie der entschiedene Bei-
fall des Publikums eben so wenig als in München.
Mit der Zunahme des ihr gespendeten Beifalls und
der ihrem Kunsttalcnt dargebrachten Huldigungen
ging ihr Streben nach immer größerer Vervollkomm-
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