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Kunst- und Unterhaltungsblatt für Stadt und Land — 1.1852

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Horn, W. O. v.: Im Walde
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https://doi.org/10.11588/diglit.45111#0098
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d'rein sah, so flößte er dennoch auf den ersten Blick
Zutrauen ein.
Sie haben befohlen, Herr Oberförster, und ich
gehorche, sagte er in einem tiefen Basse und ver-
beugte sich.
Der Oberförster reichte ihm die Hand.
Nichts von Befehlen, lieber Herr Nachbar, sagte
er, ich wollte nur Ihre Gesellschaft heute Abend,
da ein werther alter Freund, Herr Justizrath Möll,
mich besucht hat.
Er verbeugte sich vor meinem Vater mit dem
Anstande eines Weltmannes.
Uebcrdieß wollte ich gerne Ihr llrtheil über diesen
jungen Mann hören, der Forstmann werden will
und den Sie in die Dressur nehmen sollen, sagte
Moosfcld.
Er sah mich scharf an und sein Blick war kaum
auszuhaltcn, solch eine stechende Schärfe hatte er.
Nachdem er mich gemustert, sagte Gerhard: Das
Gestelle ist gut, Herr Oberförster. Tüchtige Stän-
der; gutes Gehäuse für die Luftpumpe; die Lichter-
scheinen scharf, und wie es um die Löffel steht, werd'
ich bald weghaben z wie gesagt, das Gehäuse scheint
von gutem Balkenwerk, wie's aber sonst drinnen
aussieht, muß sich zeigen. Ich denke, die Oberstubc
soll gut meublirt sein, aber ob's nicht ein verpim-
peltes Herrchen ist? Ich sage immer: Ein Forst-
mann muß schon an der Muttcrbrust fertig sein.
Er muß sie fahren lassen, wenn ein Hund bellt, und
mit dem Aermchcn nach dem Schalle greifen, wenn
ein Schuß fällt. Dann muß er kein Milchsuppen-
gesicht werden und Rauh und Bloß vertragen können;
darf nicht lüstern sein nach den Fleischtöpfen Aegyp-
tens, und trocken Brod und Quellwasser muß ihm
schmecken wie das Köstlichste.
Mein Vater lachte laut auf.
Hörst Du, Wilhelm, sagte er, was Du für Qua-
litäten haben mußt?
Nein, Herr Förster, sagte er zu Gerhard, ich
kann Ihnen die Versicherung geben, daß in meinem
Hause er nicht verpimpelt worden ist. Ich denke,
Sie sollen mit ihm zufrieden sein. Gelernt hat
er etwas, und ein guter Wille, noch mehr zu lernen,
ist bei ihm vorhanden. Lust und Liebe zu seinem
Berufe steckt nicht bloß zwischen Haut und Fleisch
bei ihm.
Gerhard sah meinen Vater freundlich an.
Das ist mir lieb, Herr Justizrath, sagte er.

Da haben wir vor drei Jahren so einen verwun-
schenen Prinzen, so ein Barönchen gehabt, da hinten
aus der Wasserpolackei, wo es von dieser Zunft so
voll ist wie ein Sumpf voll Frösche. Das war
eine Kreatur, der ich manchmal hätte den Hals bre-
chen mögen. Den Kopf voll Dünkel und Spreu;
dabei so armselig, daß er schier in Ohnmacht fiel,
wenn ich nieste, und nach einem Lauf von einer
Viertelstunde schon so marode und waidwund wie
ein eingeschossener Dreiläufer. Dabei würgte er
sein Butterbrod hinab, daß er die Augen verdrehte
wie ein verendendes Schmalthier, und mußte er mal
seinen Durst am Waldbach löschen, bekam er Bauch-
grimmen, als säße ihn: ein Schuß Nr. Null in den
Kaldaunen. Nein, Herr Justizrath, dieß frciherr-
liche Ercmplar hat mich nächst um mein Bischen
Gleichmuth gebracht; aber ich habe ihn kuranzt; hab'
ihm den Adelsnebel aus den Augen gewaschen und ihn
rangirt, daß er brauchbar wurde und einen Appell
hatte wie mein Tiras. Aber ein Vaterunser hak
er für den alten Gerhard schwerlich gebetet — doch
wird er mir's, hoff ich, danken, wenn er zu Verstand
kommt, etwa mit vierzig Jahren.
Wir lachten Alle hell auf.
Du mußt, lieber Möll, darum nicht glauben,
sagte der Oberförster, daß mein lieber Nachbar
dem Püppchen wehe gethan hätte!
Scherz bei Seite! sagte Gerhard, ein Unmensch
bin ich nicht, und Ihr Sohn da wird's erfahren,
daß ich es treu meine. Er sieht mir gar nicht so
brciweich aus.
Mir ist uicht bange, sagte ich, dem Alten meine
Hand darbietend. Sie sollen schon mit mir zu-
frieden sein.
Hoff's, sagte Gerhard, meine Hand schüttelnd.
Schon auf der Jagd gewesen? fragte er.
O ja, sagte mein Vater; ich bin so ein Pfuscher-
in dem Artikel, und da ist er oft dabei gewesen.
Glauben Sic das nicht, sagte der Oberförster.
Der spricht viel zu bescheiden. Ich kenne sein Visir.
Hat mehr als einen Bock geblatct, und manchen
Eber buglahm gemacht.
Etwas! rief Gerhard. So sollten wir doch morgen
dem Herrn ein Plaisirchcn machen, Herr Oberförster.
Das gerade wollte ich mit Ihnen heute Abend be-
sprechen, versetzte der Oberförster. Ich weift, Sie
wissen, wo die Spießer stehen und die Zwölfender
und drüber hinaus.
 
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