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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 10.1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.5773#0030

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Maris' zu sehen, meist aus Privatbesitz, die uns den hervor-
ragenden Meister in seiner ganzen Bedeutung kennen lehrt.
Wir werden auf die Ausstellung noch zurückkommen.

f Amsterdam. — Der Besuch der Rembrandt-Ausstellung
steigert sich, trotz des hohen Eintrittspreises von 2'/2 Gulden
(Wochenkarte 5 Gulden), in erfreulicher Weise von Tag zu
Tag, so dass die durch das Arrangement, Versicherung u. s. w.
entstandenen Kosten von ca. 50000 M. bereits seit mehr als
14 Tagen gedeckt sind. Der Besuch der Ausstellung ist
aber in der That auch ein unvergleichlicher Genuss, und
mit Bedauern sieht man den Zeitpunkt nahen, wo die 125
Bilder des Meisters wieder nach allen Ländern verstreut
werden. Um so dankenswerter ist deshalb das Unternehmen
der bekannten Amsterdamer Verlagsfirma Scheltema &
Holkema (Rokin 74), als Erinnerung an die Ausstellung ein
Prachtwerk herauszugeben, welches in grossen Heliogravüren
sämtliche auf der Ausstellung vereinigten Bilder Rembrandt's
enthalten soll. Den dazugehörigen Text wird Dr. C. Hofstede
de Groot schreiben. Sobald etwas Näheres über die neue
Publikation bekannt wird, werden wir auf dieselbe zurück-
kommen.

VERMISCHTES.
St. London. — Die Erwerbung der beiden Flügelbilder
der „Madonna in der Grotte" Lionardo's, Hauptwerke des
Ambrogio de Predis, die sich bis vor kurzem in der Samm-
lung Melzi in Mailand befanden, wird die alte unausge-
tragene Streitfrage nach der Authenticität des Pariser oder
des Londoner Bildes aufs neue erwecken. Allerdings zweifelt
heute wohl niemand mehr, dass die Pariser Madonna eher ent-
standen ist als die Londoner und deswegen wenigstens in
Komposition und Zeichnung eine eigenhändige Schöpfung
Lionardo's sein muss; dass aber auch die Wiederholung
in London berechtigte Ansprüche auf denselben grossen
Namen hat, lässt sich nach der Wiedervereinigung des
länger als ein Jahrhundert zerstückelt gewesenen Altar-
werks von San Francesco in Mailand kaum nach be-
streiten. So sieghaft tritt uns die Meisterschaft Lionardo's
entgegen, wenn wir die Madonna in der Mitte mit Ambro-
gio's musizierenden Engeln rechts und links vergleichen
wollen. Der Guitarre spielende Engel rechts im dunkel-
roten Gewand zeigt uns die Kunst Ambrogio's noch ganz
unabhängig von Lionardo's Einfluss, mit dem er ja auch in
dem von Emilio Motta veröffentlichten Dokument als völlig
gleichberechtigt auftritt. Wie hart ist die Färbung der rot-
braunen Hände und Füsse, wie streng und archaisch ist die
Formengebung von Gesicht und Hals, wie mechanisch sind
die Locken der rötlichen Haare gekräuselt! Im Engel links,
der sich auf der Violine versucht, hat Ambrogio dagegen
nicht nur in einer einheitlichen Farbenstimmung Lionardo's
Kunst nachgeahmt; er wollte auch in Ausdruck und Be-
wegung die unnachahmliche Grazie und Anmut des grossen
Florentiners erzwingen. Aber wie schlecht ist er gefahren!
Gesicht, Hände und Füsse erscheinen in unangenehm
grünlichem Ton, der dunklen Lockenfülle mit den goldenen
Lichtern fehlt das Leben, die schwebende Bewegung des
Körpers scheint geziert und das Lächeln auf den Lippen
ist erzwungen. In einem eben erst erworbenen Jünglings-
porträt, das gegenüber hängt, hat Ambrogio den Genius Lio.
nardo's viel glücklicher auf sich wirken lassen. Und doch
hat die National Gallery den Schatz dieser zwei Flügelbilder
mit einer nahezu fabelhaften Summe nicht zu teuer bezahlt.
In der ganzen herrlichen. Galerie giebt es keine Bildergruppe,
die so lehrreich und fesselnd ist, und die zwei musizieren-
den Engel, welche Ambrogio jedenfalls mit bestem Kunst-

vermögen malte, geben der Madonna in der Mitte den
Rahmen, in welchem die von keinem Nachahmer erreichte
Zartheit der Färbung, die schleierartig durchsichtige Behand-
lung der Gewänder, die unaussprechliche Grazie jeder Be-
wegung der Madonna und des Engels und die Süssigkeit
ihres Lächelns erst voll und ganz gewürdigt werden können.
Uberzeugender als durch die Wiedervereinigung des ganzen
Altarwerks konnte der Beweis für die Autorschaft Lionardo's
nicht geführt werden. Ob er aber alle Einwände und
Zweifel, die in England und Italien laut geworden sind, zu-
nichte machen wird?

VOM KUNSTMARKT.

f Amsterdam. — Am 8. und g. November hält die be-
kannte Firma Frederik Muller & Comp, einige interessante
Auktionen ab. Am ersten Tage früh werden Gemälde ver-
steigert, zunächst einige italienische Bilder aus dem Besitze
der Familie Donati-Martini aus Perugia und Lodi, dann
holländische und vlämische Bilder verschiedener Herkunft,
darunter C. Bega, Pieter Claesz, Goyen, A. Storck, J.
Wijnants u. s. w., und eine interessante vlämische Kreuzigung
des 15. Jahrhunderts. Der reich illustrierte Katalog zählt
im ganzen 70 Nummern. Es folgt hierauf und am nächsten
Tage die Versteigerung der Sammlung B. Nachenius. Sie
enthält Möbel, Skulpturen, Stoffe, Waffen, Gold- und Silber-
arbeiten, zahlreiches chinesisches, japanisches und euro-
päisches Porzellan, darunter mehrere ganze Speiseservice,
Delfter Fayencen, Gläser u. s. w. und ägyptische Altertümer,
im ganzen 737 Nummern. Am 8. November, 2 Uhr, wird
ein ganzer Salon Louis XVI. versteigert, mit geschnitztem
Holzwerk, Spiegeln und fünf grossen dazugehörigen Wand-
bildern J. Andriessen's (1742—1819).

f Köln. — Am 8. November versteigert J. M. Heberle die
bedeutende Gemäldesammlung des Rentners Herrn F. F.
Ittenbach in Leichenich, Bilder alter und neuerer Meister,
im ganzen 117 Nummern. Bei weitem überwiegen die
Niederländer des 17. Jahrhunderts, wir finden Werke von
Cl. P. Berchem, Brekelenkam, Canale, A. Cuijp, Everdingen,
D. Hals,. Jan D. de Heem (prächtiges Stillleben Nr. 58),
W. Kalf, Tb. de Kayser, F. v. Mieris, v. d. Neer, A. v.
Ostade, J. v. Ruisdael, Schalken, Teniers u. s. w. Interessant
ist ferner die Alesso Baldovinetti genannte Madonna mit
dem Kinde, ein bedeutendes Bild von guter Erhaltung.
Unter den Bildern neuerer Meister sind eine ganze Anzahl
des in Düsseldorf verstorbenen Professors E. Deger, sowie
fünf Werke des Professors Ittenbach zu nennen. Der reich
illustrierte Katalog ist soeben zur Ausgabe gelangt und durch
die Auktionsfirma zu beziehen.

f Köln. — Ergebnisse der Versteigerung H. Lempertz seit.
bei J. M. Heberle. Die Preise des ersten Tages (17. Oktober)
hielten sich auf minimalster Höhe. Erwähnt sei nur das kleine
interessante altkölnische Klappaltärchen (Nr. 8), das mit 480 M.
bezahlt wurde, das Porträt von Baidung (Nr. 15), das bis auf
3700 M. getrieben und damit wohl bedeutend überzahlt
wurde, B. de Bruyn's Porträt Johann Birckmann's (Nr. 43),
ein sehr tüchtiges Bild, 600 M., und ein gutes altsienesisches
Bild (Nr. 46), welches 310 M. erzielte. Ein leidliches Bild
der Cranachschule (Nr. 62) brachte 170 M., zwei interessante,
aber harte französische Porträts des 15. Jahrhunderts 300 M.,
die interessante kleine Florentiner Madonna mit Engeln (Nr. 81)
nur 61 M. Von den beiden H. v. d. Goes des Katalogs war
die Maria mit dem Kinde (Nr. 100) wohl sicher echt, nur
die Landschaft sehr verdorben, 910 M., während das mit 925 M.
bezahlte Porträt (Nr. 99) wohl einer etwas späteren Zeit an-
gehörte, ein ganz gutes Bild, aber hart in der Färbung.
 
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