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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 10.1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.5773#0037

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Sammlungen und Ausstellungen.

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sächsischen Typus seiner Zeit in seinen Werken festgelegt [
und in seiner Art Unübertreffliches geleistet hat.

H. A. LIER.

%* In Görlitz ist am 31. Oktober ein Denkmal des in
der Nähe der Stadt geborenen theosophischen Schuhmachers
Jakob Böhme, ein Werk des Bildhauers Johannes Pfuhl in
Charlottenburg, enthüllt worden.

Hildesheim. — Das Denkmalscomite für das Kaiser
Wilhelm-Denkmal hat beschlossen, keinen der preisgekrönten
Entwürfe zur Ausführung zu bringen, sondern die drei Ver-
fasser derselben zu einem engeren Wettbewerb einzuladen,
zu dem die abgeänderten Entwürfe bis zum 1. Januar 1899
einzusenden sind. -u-

SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN.

A. R. Die Neo-Impressionisten, eine Anzahl franzö-
sischer und belgischer Maler, die ihren Stammbaum von
keinem Geringeren als Delacroix ableiten, haben bei Keller
& Reiner in Berlin ihre erste Sammelausstellung in Deutsch-
land veranstaltet. Einer von ihnen, der Belgier Theo van
Rysselberghe, ist dem deutschen Publikum freilich schon
durch die vorjährige Dresdener Ausstellung bekannt ge-
worden, und von seinen drei in Dresden ausgestellten Bil-
dern finden wir eines, das Bildnis einer Geigenkünstlerin
in ganzer Figur, auch in Berlin wieder. Er, der Genre-
und Strassenbildermaler H. E. Gross und vielleicht noch
der Landschaftsmaler Paul Signac, der litterarische Wort-
führer dieser neuen Richtung, sind die einzigen Mitglieder
der Gemeinde, die einen wirklich künstlerischen Zug be-
sitzen. Die anderen haben den mystischen Mantel des Neo-
Impressionismus nur umgehängt, um darunter einen traurigen
Dilettantismus, namentlich die absolute Unfähigkeit im
Zeichnen, zu verbergen. Unter dem Namen „Pointiiiismus"
war übrigens diese neue Richtung den Besuchern Pariser
und Brüsseler Ausstellungen längst bekannt. Aber ihre
Vertreter lehnen diese Bezeichnung ausdrücklich ab, weil sie
sich die Freiheit vorbehalten, nicht immer mit Punkten,
sondern, wenn es die Grösse der zu bemalenden Fläche
verlangt, auch mit Strichen zu operieren. Wer sich näher
über ihre Grundsätze und ihre Ziele unterrichten will, den
müssen wir auf das erste Heft des IV. Jahrgangs des „Pan"
verweisen, worin sich Paul Signac sehr ernsthaft und um-
ständlich darüber ausgelassen hat. Wir sind nun allerdings
der Ansicht, dass eine Kunst, deren Notwendigkeit erst
durch einen reichen Aufwand von Worten begründet und
verständlich gemacht werden muss, eigentlich keine Kunst,
sondern nur ein naturwissenschaftliches und, im günstigsten
Falle, auch ästhetisches Experiment ist, für das sich eigent-
lich nur Freunde von solchen Experimenten interessieren
können. Für das grosse Publikum, das solchen Versuchen
und den damit zusammenhängenden Streitfragen fern steht,
bemerken wir nur, dass der Neo-Impressionismus sein Ideal,
„den höchstmöglichen Grad an Leuchtkraft, an Farbenglanz
und an Harmonie", nur durch eine „prismatische Farbenzer-
legung" erreichen zu können glaubt und dass er den Prozess
der Mischung der Farben, der bisher auf der Palette des
Malers vollzogen wurde, dem Auge des Beschauers über-
lässt, der sich aber in sehr beträchtlichem Abstand von dem
Bilde aufzustellen hat. Für den Beschauer erwächst also
statt des künstlerischen Genusses die Verpflichtung zur
künstlerischen Mitarbeit, und das setzt wieder ein gewisses
Mass künstlerischer Erziehung der Augen voraus. Daraus
entwickelt sich eine Aussicht in die Zukunft, die wir hier
nicht weiter verfolgen wollen. Es ist auch nicht notwendig,

weil sich die Neo-Impressionisten und ihre neue Kunst bis
jetzt noch nicht in einem so verheissungsvollen Lichte ge-
zeigt haben, dass wir darum das alte, nahrhafte Kunstland
verlassen müssten. Die Kunstgeschichte hat uns gelehrt,
dass sich jede neue Bewegung, die an sich berechtigt war
und fruchtbare Folgen gehabt hat, durch künstlerische Thaten
angekündigt und dann auch weiter befestigt hat, nicht
durch litterarische Programme. An dieser alten Lehre wollen
wir festhalten, bis wir eines anderen belehrt werden.

A. R. Der Verein Berliner Künstler hat zur Eröffnung
seines neuen Hauses auch eine Ausstellung veranstaltet, die
mit vollem Recht den Namen einer i) Eliteausstellung" ver-
dient, auch wenn man nicht die fragwürdigen Ausstellungen
der letzten Jahre im Architektenhause zum Vergleich heran-
zieht. Eine entschlossene Jury hat streng ihres Amtes ge-
waltet, und wie es heisst soll auch in Zukunft mit möglichst
grosser Strenge verfahren werden, da man sich fest ent-
schlossen hat, die Ausstellungen auf ein höheres Niveau zu
heben und mit denen der Kunsthändler konkurrenzfähig zu
machen. Es lässt sich freilich nicht übersehen, dass dadurch
die kommerziellen Interessen der Vereinsmitglieder geschä-
digt werden, und die ersten strengen Massregeln haben
denn auch bereits zu heftigen Kämpfen im Schosse des
Vereins geführt. Aber es wird kaum ein anderer Ausweg
zu finden sein, wenn man den Unterschied zwischen Kunst-
ausstellung und Bildennarkt scharf markieren will. Zu ihrer
ersten Ausstellung haben die Berliner Künstler auch Ein-
ladungen nach München, Düsseldorf u. a. O. ergehen lassen,
und es sind ihnen nicht wenige Träger berühmter und
bekannter Namen gefolgt. Wir nennen nur O. Achenbach
(mit einem Abend am Johannistage vor dem Lateran in
Rom), F. Lenbach, F. Defrcgger (mit einer Variation seines
Urlaubers), F. v. Uhde (mit einer feinen Sommerlandschaft
mit zwei jungen Mädchen im Vordergrunde), L. Dill, G. v.
Bochmann, J. v. Brandt, Ernst Zimmermann (der ungläu-
bige Thomas), G. Kühl, Wenglein, Schuster-Woldan (mit
dem prächtigen Damenbildnis von der vorjährigen Münchner
Ausstellung), Keller-Reutlingen und F. Brütt, der sich vor
einiger Zeit in Cronberg niedergelassen hat und jetzt mit
Vorliebe religiöse Bilder mystischen Charakters malt. Dafür
spricht auch die in Berlin ausgestellte „Christnacht": der
kleine Heiland von anbetenden und schwebenden Engeln um-
geben und im Hintergrund, im nächtlichen Dunkel nur
undeutlich erkennbar, der Kreuzesstamm als Andeutung
künftiger Leiden. Das Gros der Ausstellung, die etwa
200 Nummern umfasst, haben natürlich die Berliner Künstler
beschafft, und wir freuen uns, an ihrer Spitze Adolf Menzel
zu sehen, der sein vor Jahresfrist entstandenes, noch von
ungebrochener Kraft zeugendes Stimmungsbild, das alte
Festungsthor in Marienburg, hier dem grossen Publikum
zugänglich gemacht hat. Man begegnet übrigens hier nicht
bloss den bekannten Namen, die man immer zu nennen
pflegt, wenn von Berliner Malerei die Rede ist, sondern auch
Künstlern, die sich bisher aus persönlichen oder aus
künstlerischen Gründen von den Vereinsausstellungen fern-
gehalten haben, wie z. B. M. Liebermann und L. v. Hof-
mann. Während jener mit einem alten, oft behandelten
Motiv, einer „Allee in Haarlem" mit durch die Zweige
brechendem Sonnenlicht vertreten ist, hat v. Hofmann den
Freunden seiner Kunst eine — hoffentlich freudige — Ueber-
raschung bereitet. Es ist ein grosses Bild mit zwei weib-
lichen Figuren am Ufer eines Sees, auf blumenbedeckter
Wiese. Die eine, halb nackt, unterwärts mit einem purpur-
roten Gewände bekleidet, wendet dem Beschauer den Rücken
zu, während die andere, in weitem bauschigen Gewand
 
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