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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 10.1899

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Vermischtes. — Vom Kunstmarkt.

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am unmittelbarsten die immer liebenswürdige, immer vor-
nehme Auffassung und die, wenn auch noch so flüchtige,
doch elegante Ausführung bewundern lassen. Von den Ent-
würfen sind eine Anzahl von Farbenskizzen zu verschiedenen
Bildern erwähnenswert. Meist scheint sich der Künstler an
die erste Skizze gehalten zu haben, die er dann ohne viel
zu ändern ausführte, nur von dem Bilde „Trotzköpfchen"
sind nicht weniger als vier verschiedene Farbenskizzen vor-
handen, die das hübsche Motiv in verschiedenem Arrangement
der Figuren, des Interieurs und sogar in verschiedenem
Kostüm wiederzugeben versuchen. Das Originalbild ist in
dem sogenannten Biedermannskostüm ausgeführt, das Vautier
sonst selten anwendet, und es scheint fast, als habe er sich
dabei auch nicht so recht wohl gefühlt. Man möchte des-
halb der einen oder der anderen von den Skizzen fast den
Vorzug vor dem farbigen Bilde geben. Sehr hübsch ist
auch der farbige Entwurf zu dem vielleicht humorvollsten
und gleichzeitig physiognomisch feinsten Bilde Vautier's „Dem
Zweckessen auf dem Lande". Unter den Zeichnungen be-
finden sich neben den eigentlichen Naturstudien, die fast
alle sich zu irgend einem Bilde bestimmen Hessen, eine
grosse Anzahl von illustrationsmässigen Kompositionen in
teilweise humoristischer Auffassung. Die gemalten Studien
stehen hinter den gezeichneten zurück, wie denn weder die
Farbe noch die eigentliche Maltechnik Vautier's stärkste
Seite war. Als Bildnismaler lernen wir ihn aus einigen
Kinderporträts kennen, die wohl dem Kreise seiner eigenen
Familie angehörend ihn als feinsinnigen und humorvollen
Kinderfreund zeigen. Es ist dabei nur zu verwundern, dass
Vautier so verhältnismässig selten Kinder auf seinen Bildern
dargestellt hat, wo es geschehen ist, wie z. B. gerade auf
dem nicht vorhandenen Bilde „Im Trauerhause", gehören sie
zum besten. Es mag hierzu eine ganz kleine, bildartige
Skizze erwähnt werden, eine Mädchenschule, die in der
Feinheit der Zeichnung an den ehemaligen Miniaturmaler
erinnert, in der Charakteristik und zarten Auffassung der
kleinen Mädchen aber kaum wieder von ihm übertroffen
wurde. — Eine Anzahl der Studien u. s. w. wurde bereits
von dem Museum in Lausanne erworben, anderes ging in
Privatbesitz über. p-

VERMISCHTES.

G Zu Ehren des verstorbenen Friedrich Geselschap hat
die Kgl- Akademie der Künste in Berlin am 29. Oktober
im Saale der Singakademie eine Gedächtnisfeier veran-
staltet, bei der Prof. W. von Oettingen, der erste ständige
Sekretär der Akademie, die Festrede hielt. Er betonte darin
besonders auch den tragischen Konflikt, unter dem der
Künstler während der letzten Jahre seines Lebens gelitten
hat und der wesentlich mitgewirkt zu haben scheint, um
den körperlich gebrochenen Mann zu seinem verzweifelten
Schritt zu treiben. Mit den edelsten Mitteln hatte er nach
Volkstümlichkeit für die Schöpfungen seiner Kunst gestrebt,
und diese ist ihm zu seiner schmerzlichen Enttäuschung
versagt geblieben. Wie eifrig seine ideal angelegte Natur,
trotz vieler Entbehrungen, nach den höchsten Zielen rang,
wussten alle, die ihm näher standen und sein Schaffen seit
dem Anfang der siebziger Jahre, wo er sich nach längerem
Aufenthalt in Rom in Berlin niederliess, verfolgt haben.
Zu wiederholten Malen sind auch seine Entwürfe, Kartons
und Einzelstudien ausgestellt worden, um dem grossen
Publikum ein tieferes Verständnis für das Schaffen des
Meisters zu erleichtern, und seine in Italien gemachten Natur-
studien nach prächtigen Menschengestalten, besonders nach
kapresischen Modellen, haben auch bei denen, die sonst den

1 grossen Monumentalmalereien Oeselschap's innerlich kalt
I gegenüberstanden, lebhafte Bewunderung gefunden. Jetzt
hat die Akademie mit Hilfe der Freunde des Verstorbenen
noch einmal alle Studien und Entwürfe, die herbeigeschafft
werden konnten, etwa 180, zu einer Oesamtausstellung ver-
einigt. Wir überblicken darin fast drei Jahrzehnte eines rast-
' losen Schaffens von den ersten dekorativen Arbeiten in Berlin
bis zu den Entwürfen und Kartons für die Friedenskirche in
Potsdam und für das Rathaus in Hamburg, die den Künstler
in den letzten Jahren seines Lebens beschäftigt haben und an
deren Ausführung er selbst verzweifelt hat. Es wäre vermessen,
zu entscheiden, ob die deutsche Kunst dadurch einen Verlust
erlitten hat oder nicht. Aber viele Anzeichen führen doch
zu der Meinung, dass die künstlerische Richtung, die Gesel-
schap mit grosser Kraft, reichem Talent und eisernem Fleiss
vertrat, sich schon lange vor seinem Tode ausgelebt hatte.
Nur seiner Energie hat sie noch eine Nachblüte verdankt.

Uber ein angebliches Selbstbildnis Baidungs. Ein bei
Lempertz in Köln am 17. Oktober d. J. zur Versteigerung
gelangtes Porträt von der Hand des Hans Baidung Grien
war im Katalog als „Eigenbildnis" angeführt. Das auf dem
Bilde stehende, gleichzeitige Distichon hatte dazu verleiten
können. Es lautet: Quinos et bisdenos vivebam circiter
annos-Dum fuit hec forme nota figura mee. Man nahm
an, dass der Maler das von sich selbst sage und in dem
den Beschauer scharf fixierenden Bildnisse sich selbst ge-
schildert habe. Das ist aber nicht möglich, weil das un-
weigerlich echte Datum 1519 dabei steht und Baidung in
diesem Jahre nach dem, was man sonst von ihm weiss,
mindestens ein Alter von 40 Jahren gehabt haben muss. Eine
Marter des hl. Sebastian von seiner Hand, jetzt im Besitze
der Frau H. Goldschmidt in Brüssel, trägt das Datum 1507.
Wäre aber Baldung im Jahre 1519 ein junger Mann von erst
25 Jahren gewesen, so müsste er diese Altartafel mit drei-
zehn Jahren gemalt haben — ein Unding! Auch zeigen
das eben erwähnte Brüsseler Bild und die Mitteltafel der
Rückseite des Freiburger Hochaltars je eine männliche Figur,
deren auffällige, mit dem Blick nach dem Beschauer ge-
richtete Haltung vermuten lässt, dass der Maler sich selbst
darin wiedergegeben habe. Auf dem ersteren zeigt er ein
Alter von etwa 30, auf dem zweiten von 40 Jahren, was mit
den Datierungen der Gemälde und dem mutmasslichen Lebens-
alter Baidungs vollkommen stimmt. Dazu kommt, dass er
auf den erwähnten Tafeln beidemal grün gekleidet ist.
Wenn nun auch der Meister auf dem in Köln versteigerten
Bilde nicht sich selbst dargestellt haben kann, so benimmt
es diesem deshalb nichts von seinem künstlerischen Werte.
Es ist sehr malerisch behandelt, fein gestimmt und offenbar
charakteristisch aufgefasst. Nur würde es vielleicht nicht
ganz so hoch im Preis gegangen sein, wenn die Konkurrenten
auf der Auktion nicht geglaubt hätten, ein Selbstporträt
Baidungs vor sich zu haben. Es hat nämlich 3700 M., mit
dem Aufschlag also 4070 M. gekostet, was zu teuer ist. Das
Konterfei irgend eines unbekannten, finster, ja fast bös
blickenden jungen Mannes übt nicht die Anziehungskraft,
wie das Eigenbildnis eines berühmten Künstlers, o. e.

VOM KUNSTMARKT.

Berlin. — Bei der Versteigerung des Kunstnachlasses
des Herzogs von Sagau u. s. w. bei Lepke, Auktion 1153,
erzielte das Alt-Berliner Porzellan Dejeuner, das nach ur-
kundlichem Nachweis Friedrich der Grosse 1764 dem Dichter
und General de la Motte-Fouque schenkte, 1150 M. Das

I interessante Hifthorn aus dem 12. Jahrhundert (Kat. Nr. 57)

I wurde mit 3190 M. bezahlt.
 
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