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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 10.1899

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Hampe, Theodor: Hans Gudewerdt
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https://doi.org/10.11588/diglit.5773#0098

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Hans Gudewerdt.

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den jüngeren Forschern, die wissenschaftliche Durch-
arbeitung des reichen Materiales in Monographien
über einzelne Gegenstände und Künstler angelegen
sein lassen; ich denke insbesondere an Friedrich
Deneken, der mit seiner Arbeit über Marcus Swin's
Pesel mehr die oben charakterisierte kulturgeschicht-
liche Richtung vertritt, und Gustav Brandt, dessen
Buch über Hans Gudewerdt mir heute zur Besprechung
vorliegt. Über eines der Hauptwerke des Meisters,
das als sein bedeutendstes gelten darf, den Altar in
der Kirche zu Kappeln, hatte Brandt bereits in der
Zeitschrift für bildende Kunst (VIII. Bd. 1897, S. 217 ff.)
kurz gehandelt.

Durchblättert man die neue, von der Verlags-
buchhandlung vortrefflich ausgestattete, mit 19 Licht-
drucktafeln, 11 Textabbildungen und einem im Stile
Gudewerdt's gehaltenen Titelblatt geschmückte Publi-
kation, so muss man sich in der That immer aufs
neue darüber wundern, dass eine so eigenartige Er-
scheinung wie dieser grosse Barockkünstler, der noch
dazu mehrere seiner Werke mit vollem Namen be-
zeichnet hat, bis zur Inventarisation der Schleswig-
Holsteinischen Kunstdenkmäler gänzlich unbeachtet
geblieben ist, sich auch in der älteren, gleichzeitigen
Litteratur nirgends erwähnt findet. Lediglich auf das
Studium der Denkmäler und auf die archivalische
Forschung waren die neueren Forscher angewiesen,
und in dieser wie in jener Hinsicht ist Brandt, wie
dies von einem tieferen Eingehen auf die Frage ja
auch zu erwarten war, erheblich über das, was bisher
von Haupt und Biernatzki festgestellt worden war,
hinausgekommen. Auf Grund stilkritischer Ver-
gleichung hat er den bisher als Arbeiten Gudewerdt's
erkannten Werken, den grossen Schnitzaltären in
Eckernförde (1640), Kappeln (1641), Schönkirchen (1653)
und Preetz, von denen der letztere aus Dänischenhagen
stammt (1656), sowie der Taufe zu Geltingen (1653),
noch eine Reihe weiterer Werke hinzugefügt, nämlich
die Bekrönungen der Grabgewölbe der Familien von
Pogwisch (1632) und v. Buchwald (1636, Zuthaten
um 1660), das Riepenhauw'sche (etwa aus den fünfziger
Jahren des 17. Jahrhunderts) und das Bornsen'sche
Epitaph (1661) in der Kirche zu Eckernförde und
die Kanzel in der Kirche zu Sörup (1663). Diese
Werke sind zwar, wie die Geltinger Taufe, nicht aus-
drücklich mit Gudewerdt's Namen gezeichnet, es kann
indessen, soweit sich nach den Abbildungen urteilen
lässt, über ihre enge künstlerische Zusammengehörig-
keit mit den genannten, bezeichneten Altären wohl
kaum ein Zweifel sein. Ausserdem weist der Ver-
fasser im Vorwort noch auf eine elfte Arbeit Gude-
werdt's hin, „die schöne und höchst originelle Thür
eines Grabgewölbes in der Kirche zu Dänischen-
hagen", die leider in der Publikation keine Besprechung
mehr hat finden können. Hoffentlich ist auch damit

das Gesamtwerk Gudewerdt's noch nicht erschöpft,
sondern lassen sich im Laufe der Zeit noch manche
weitere Arbeiten des Meisters als solche nachweisen,
besonders auch unter den in unseren Museen und
im Privatbesitz noch zahlreich vorhandenen Truhen
und Schränken des 17. Jahrhunderts. — Vermissen
thue ich in Brandt's Buch eine Andeutung darüber,
welche Bewandnis es nach seiner Ansicht mit der
Barockkanzel in der Klosterkirche zu Preetz hat, von
der Haupt (a. a. O. II, 172) sagt, dass sie wie der
Altar wohl aus Dänischenhagen stamme „und dann
ohne Zweifel auch von Gudewerdt" herrühre.

Noch bedeutsamer fast als die ansehnliche Ver-
mehrung von Gudewerdt's „Werk" sind die Mit-
teilungen, die der Verfasser aus den Meister- und
Gesellenbüchern der Eckernförder Tischlerinnung, des
ehemaligen „Schnittkeramtes", über Hans Gudewerdt,
sein Handwerk und seinen Kreis macht. Schon
des Künstlers Vater, Hans Gudewerdt I., war Älter-
mann der Eckernförder Schnittkerinnung gewesen und
erscheint als solcher bereits in dem ersten Protokolle
des Meisterbuches vom 20. Februar 1605. Es wurde
damals festgesetzt, dass im Schnittkeramte nie mehr
als acht Meister sein sollten. Die Lehrzeit betrug
durchschnittlich drei bis vier Jahre, „doch wurde von
einem Lehrling, der „auff das Bildtschneiden« lernte,
in der Regel eine Lehrzeit von mindestens sechs Jahren
gefordert. Vermutlich im Jahre 1634 übernahm der
um das Jahr 1600 geborene Hans Gudewerdt II. die
Werkstatt seines Vaters, der etwa sieben oder acht
Jahre darauf starb. Über die Lehrlinge, die Gude-
werdt während seiner langen Wirksamkeit — er starb
am 12. Februar 1671 — „losgesprochen" hat, giebt
uns das Meisterbuch lückenlose Kunde. „Auff das
Bildsnidern" lernten bei ihm nach Ausweis des Meister-
buches nur Barreit Gnauwst, Markus Retwisch, Simon
Suerssen und seine beiden Söhne Hans und David
Gudewerdt, von denen Hans (III.) nach des Vaters
Tode (1671) als Meister des Amtes die Werkstatt fort-
führte. Er scheint 1706 oder 1707 gestorben zu sein.
David wanderte 1671 aus, wie das dem Gebrauche
bei jüngeren Söhnen entsprach. Nicht so gut wie
über die Lehrlinge sind wir über die Gesellen des
alten Meisters unterrichtet, denn das Eckernförder
Gesellenbuch beginnt leider erst mit dem Jahre 1660.
Ein älteres Buch scheint verloren gegangen zu sein.
Immerhin lassen sich aus den Einträgen die Namen
der Gesellen wie auch der Lehrlinge, die Gudewerdt
beim Dänischenhagener Altar, wie eine heute nur noch
schwer zu entziffernde Inschrift auf dessen Rückseite
andeutet, geholfen haben (vgl. Haupt, a. a. O. II, 172),
nunmehr richtig ergänzen: die beiden Gesellen waren
Klaus Eibe, der 1672 mit seiner Familie in Schleswig
lebte, und Hinrich Ostern, die beiden Lehrlinge Markus
Retwisch und Simon Suersen.
 
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