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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 10.1899

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i87

Vereine und Gesellschaften — Vermischtes.

188

Julius Hübner, eine Anzahl von Bildern ausgestellt, deren
Motive dem Seebade Warnemünde entnommen sind. Beide
sind entschiedene Vertreter der modernen Richtung. Heinrich
ist Figurenmaler, der uns alte und junge Fischer und Schiffer
und ihre weiblichen Angehörigen im Freien und in ge-
schlossenen Räumen vorführt, auf Grund sorgfältiger Natur-
studien, aber etwas leblos und langweilig in der Auffassung.
Ulrich, der Landschaftsmaler, ist flotter und lebendiger;
aber seine Malweise ist noch sehr ungleichmässig und un-
ruhig, was besonders bei der Behandlung grosser Flächen
störend zu Tage tritt. — Als Vierter hat sich an der Aus-
stellung der Bildhauer Richard Enge/mann beteiligt, der
zum erstenmal in Berlin erscheint. Er hat mehrere Jahre
in Florenz im Anschluss an Böcklin und an die Bildhauer
des Quattrocento gearbeitet und dann seine weitere Aus-
bildung in Paris bei Dampt und Rodin gesucht. Von seinen
ausgestellten Arbeiten verdienen die unter florentinischem
Einfluss entstandenen, besonders die Büsten eines Kriegers
und eines Philosophen, den Vorzug, während die Gestalt
eines „Verdammten", der unter einer sich hinter und über
ihm wölbenden Gipsmasse, anscheinend den Flammen des
Höllenpfuhls, zusammenbricht, nur eine rein äusserliche
Nachahmung der kapriciösen Art Rodin's zeigt.

VEREINE UND GESELLSCHAFTEN.

G Der Streit in der Berliner Künstlerschaß hat nun-
mehr zu einer offiziellen Konstituierung der Secession ge-
führt, die schon während des Sommers bestanden hatte, ohne
jedoch in die Öffentlichkeit getreten zu sein. Der Vorstand
der „Berliner Secession" — so lautet der Name der neuen
Vereinigung — besteht aus den Herren Prof. Max Lieber-
mann (1. Vorsitzender), Oskar Frenzel (2. Vorsitzender),
Walter Leistikow, Otto H. Engel, Curt Hermann, Prof. L.
Dettmann und Fritz Klinisch. In dem Rundschreiben, durch
das die Begründung des Vereins bekannt gemacht wird,
werden auch die Namen der Mitglieder genannt, deren Zahl
sich bis jetzt schon auf 68 beläuft. Weitere Mitteilungen
enthält das Rundschreiben nicht. Die meisten Mitglieder der
Secession sind zugleich Mitglieder des Vereins Berliner
Künstler. Ein Austritt aus diesem Verein scheint jedoch
nicht in ihrer Absicht zu liegen. Inzwischen hat die Secession
ihr Gesuch um Bewilligung eigener Jury und eigener Räume
vor die Ausstellungskommission, also die richtige Instanz,
gebracht; aber die Ausstellungskommission hat diese Forde-
rungen ebenfalls abgelehnt, und sie musste sie ablehnen,
weil sie mit den vom Kaiser genehmigten Satzungen, die
nicht willkürlich geändert werden können, in Widerspruch
stehen. Nach Mitteilungen, die einer der Führer der Secession,
W. Leistikow, in einer Berliner Tageszeitung gemacht hat,
ist die Secession zu ihrem Vorgehen nur durch die Absicht
bewogen worden, die grossen Berliner Kunstausstellungen,
über die in ganz Deutschland und im Auslande eine un-
günstige Meinung verbreitet sei, würdiger zu gestalten und
den „unleidlichen Verhältnissen,die sich durch dasZusammen-
arbeiten der Akademie und des Vereins allmählich heraus-
gebildet haben", ein Ende zu machen. Leistikow glaubt das
Heil des Berliner Ausstellungswesens nur davon erwarten zu
können, dass die Leitung der Ausstellungen wieder allein in
die Hände der Akademie zurückgegeben werde. Demgegen-
über ist zu bemerken, dass dieselbe Kritik Jahrzehnte lang
gegen die Akademie gerichtet worden ist und 1891, haupt-
sächlich auf Betreiben A. v. Werner's, zu der jetzt in Kraft
stehenden Organisation des Ausstellungswesens geführt hat,
das dem Verein Berliner Künstler für seine Arbeitsleistung

auch die Hälfte des Reingewinns sichert. Es mag auch
daran erinnert werden, dass die vorjährige Berliner Aus-
stellung einen Überschuss von 50000 M. gebracht hat, was
keine andere deutsche Kunstausstellung zu ihren Gunsten
anführen kann, und dass auch die vorjährige Münchener
Ausstellung im In- und Auslande keineswegs so günstig be-
urteilt worden ist wie ihre Vorgängerinnen. Das Bedauer-
lichste an dem ganzen Streite ist, dass die Secession be-
schlossen hat, sich an der diesjährigen Ausstellung in Berlin
nicht zu beteiligen, wenn ihre Forderungen nicht noch nach-
träglich bewilligt werden sollten. Eine eigene Ausstellung
zu veranstalten, scheint für dieses Jahr noch nicht in den
Absichten der Secession zu liegen, weil die Zeit zur Vor-
bereitung zu kurz ist, auch ein geeignetes Ausstellungslokal
fehlt, da selbst die Räume von Keller & Reiner, die zuerst
und wohl auch allein in Betracht kommen, für 68 Künstler
nicht genügen. Ein eigenes Ausstellungsgebäude in guter
Stadtgegend zu errichten, ist aber bei der jetzt in Berlin
herrschenden Grundstücksspekulation eine Unmöglichkeit,
und nach den Münchener Erfahrungen kann man auch nicht
daran denken.

VERMISCHTES.

Der Maler William Pape in Berlin hat vom Kaiser
den Auftrag erhalten, die diesjährige Investitur der Ritter
vom Schwarzen Adlerorden, an der Adolf v. Menzel teil-
nehmen wird, auf einem grossen Bilde darzustellen.

München. — Eine starke Anregung zur Verbesserung
des Exterieurs unserer Petroleumlampe haben Wilhelm &
Lind gegeben, deren in Münchener Blättern besprochene
Lampe direkt selbst eine Verbesserung ist. Der Lampenfuss
baut sich in der allernatürlichsten Weise so auf, dass er wirk-
lich bequem ist und dass man mit voller Hand den Ständer
umfassen kann, ohne auf Knüppeln und plastische Orna-
mente zu drücken. Der schwache Punkt ist ausser dem
etwas hohen Preis die Bassinanlage. Das Bassin ist von
Kupferhüllen ganz umgeben, man hat keine bequeme Kon-
trolle in jedem Augenblick über dasselbe. Zu richtiger
Lösung dieser Frage bietet sich auf die in Rede stehende
Anregung hin ein weites Feld der Bethätigung für das Kunst-
gewerbe! Überhaupt verdient die neue Lampe nach Be-
seitigung dieser und noch einer anderen Kleinigkeit hundert-
tausendfach aus wohlfeilstem Material hergestellt zu werden,
damit sie zur Veredelung des Geschmacks eine recht grosse
und billige Verbreitung finde.

Rom. — Parlament und Municipium von Rom haben
vor kurzem einmütig die Niederlegung des Palazzetto di
San Marco mit dem anstossenden Garten beschlossen. Aller-
dingswird es ja noch lange dauern, bis die Arbeiten am Denkmal
Victor Emanuers diese Zerstörung notwendig machen werden,
aber man zittert schon jetzt vor der Modernisierung der
ehrwürdigen Piazza di Venezia. Auch der Palazetto stammt
bekanntlich aus der Zeit Paul's II., wie die zahlreichen Wappen
bezeugen, und ist mit dem mittelalterlichen festen, zinnen-
gekrönten Kastell der Barbo aufs engste verbunden. Platz
und Palast, Kirche, Hof und Garten, welch ein einzigartiges
Beieinander! Und alles das soll einer jener modernen Riesen-
bauten zerstören, die den Charakter des alten Rom heute
in gewissen Stadtteilen leider ausschliesslich bestimmen. Eben
fängt auch die öffentliche Meinung an, ihre Stimme gegen
solchen Vandalismus zu erheben. Aber zunächst ist die Er-
haltung der Piazza di Venezia in ihrer historischen Grösse
und Schönheit allein auf die Hoffnungxgegründet, dass über
der Vollendung des gigantisch geplanten Königsdenkmals
noch lange Jahrzehnte vergehen werden. £. ST.
 
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