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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 10.1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.5773#0110

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Vereine und Gesellschaften.

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dreissig grössere und kleinere Bilder, die er in den letzten
sechs oder sieben Jahren gemalt hat, zu einer Ausstellung
vereinigt. Mesdag geniesst seit langem den Ruf, der hervor-
ragendste lebende Maler des Meeres zu sein. In der jüngsten
Zeit hat man ihm öfters den Vorwurf gemacht, etwas der
Routine verfallen zu sein, eigentlich immer dasselbe zu
malen, und in der That konnte man aus seinen letzten
Sendungen zu den Salons leicht diesen Eindruck gewinnen.
Durch die gegenwärtige Ausstellung wird das glänzend wider-
legt. Mit Ausnahme einer ausserordentlich packenden An-
sicht von Scheveningen von der Landseite aus, und einer
stimmungsvollen kleinen Herbstlandschaft «Die Kartoffel-
ernte" sind die Bilder allerdings ausschliesslich Marinen,
aber nicht zwei von ihnen geben dieselbe Stimmung Er
malt das Meer am frühen Morgen, wenn die Sonne noch
mit dem Nebel kämpft, am heissen Mittag, bei der Abend-
dämmerung, bei Mondschein und in dunklen Nächten, wo
schwarze Wolken am Himmel hinjagen; er malt es bei
heiterem und bei trübem Wetter, vor und nach dem Sturme,
im Sommer und im Winter. Bald schimmert es rötlichgolden,
bald liegt es in dumpfen graubraunen, bald in tiefen matt-
blauen Tönen vor uns da. Immer allerdings ist es das Meer
des Nordens, das Meer seiner holländischen Heimat, und
gleich bleibt sich stets die männlich ernste Auffassung und
die kräftige Ausführung. °-

A. R. Der Bildhauer Harro Magnussen in Berlin, der sich
in neuerer Zeit besonders durch seine zum Teil getönten
und gefärbten Büsten und Statuetten des Fürsten Bismarck
und durch ein Denkmal des siebenbürgischen Reformators
Honterus für Kronstadt bekannt gemacht hat, hatte im
Januar in seinem Atelier eine Ausstellung seiner letzten
Werke veranstaltet. Ihren Mittelpunkt bildete die Marmor-
ausführung der Statue »der Philosoph von Sanssouci in seinen
letzten Lebenstagen" (Friedrich der Grosse im Lehnstuhl
sitzend), die zuerst auf der Kunstausstellung von 1892 er-
schienen war. Bei einem Besuche der Werkstatt des Künstlers
hat der Kaiser die Figur angekauft und ihre Aufstellung im
Sterbezimmer des Königs in Schloss Sanssouci angeordnet.
Die grossen Vorzüge einer tief eindringenden, fast bis zu
unheimlicher Naturwahrheit gesteigerten Charakteristik, die
bereits das Gipsmodell ausgezeichnet hatte, sind in der
Marmorausführung noch verstärkt worden. Der Marmor hat
einen warmen gelblichen Ton, der nicht durch künstliche
Tönung hervorgerufen worden ist, sondern dem Block von
der Natur zu eigen war. Nur bei den Augen, die ins Leere
mit einem Blick starren, aus dem die Erkenntnis von der
Nichtigkeit alles Irdischen in grauenerregender Hoffnungs-
losigkeit zu uns spricht, ist eine leichte Tönung angewendet
worden. Zwei Windspiele, deren eines die Hand des Greises
streichelt, sind die einzigen Gefährten des weit- und menschen-
feindlichen Philosophen. Von zwei Windspielen begleitet
hat Magnussen den grossen König noch ein zweites Mal als
Statuette, ebenfalls in späteren Lebensjahren, dargestellt, und
endlich zeugt noch eine charaktervolle Büste von den eifrigen
Studien, die der Künstler der äusseren Erscheinung und dem
geistigen Wesen Friedrichs des Grossen gewidmet hat.
Nächst ihm hat ihn besonders die Persönlichkeit Bismarck's
beschäftigt. Es ist ihm vergönnt gewesen, den Fürsten
mehreremal porträtieren zu dürfen, zuletzt im März 1896,
und vor der nach dieser letzten Porträtstudic ausgeführten
Marmorbüste empfinden wir mit tiefem Schmerz, welche
tiefen Spuren Alter und Leiden in den letzten Jahren in
dieses Antlitz eingetragen haben. Noch in voller rüstiger
Kraft zeigt den Fürsten des Künstlers Kolossalmodell für
das 1897 in Kiel enthüllte Denkmal, und ähnlich wird die

Erscheinung Bismarck's in der in fast doppelter Grösse aus-
zuführenden Figur wirken, die nach Magnussen's Entwurf
in der Nische des Bismarckturins aufgestellt werden soll,
den die Provinz Schleswig-Holstein nach dem Plane des
Architekten Möller auf dem Knivberg in Nordschleswig er-
richtet. Ausser diesen Werken hatte Magnussen noch eine
grosse Anzahl von Büsten ausgestellt, unter denen die der
Dichter Klaus Groth, H. Seidel, J. Trojan und H. Allmers
| und die von blühender Gesundheit und übermütiger Lebens-
freude strahlende Marmorbüste einer lächelnden jungen
Dame besonders hervorzuheben sind. In zwei als Licht-
träger dienenden nackten Gestalten, einem jungen Manne
und einem Mädchen, die in den hocherhobenen Händen
Kugeln für elektrisches Licht tragen, hat der Künstler auch
gezeigt, dass er nackte menschliche Körperformen mit tiefer
Kenntnis und feinem Geschmack zu bilden weiss.

0 Die Malerin Hcrminc v. Preuschen, die sich be-
sonders durch farbenglühende Blumenstücke und Stillleben
bekannt gemacht hat, ist nach längerem Aufenthalt in Rom,
wo sie 1897 ihren Gatten, den Schriftsteller Telmann
durch den Tod verloren hat, nach Berlin zurückgekehrt.
Um sich den Freunden ihrer Kunst wieder in Erinnerung
zu bringen, hat sie eine über 120 Nummern umfassende
Ausstellung ihrer Arbeiten aus älterer und neuerer Zeit in
dem Hause Potsdamerstr. 130 veranstaltet. Es sind zumeist
Stillleben jener Gattung, die die Künstlerin „historische"
oder »symbolische" genannt hat, Blumenstücke, Landschaften
aus Italien, Sicilien, dem Orient und Pommern, von denen
besonders die Landschaften durch ihre koloristischen Reize
und ihre feine poetische Auffassung fesseln. Viel weniger
anziehend sind einige Figurenbilder, wie z. B. „Asrael der
Todesengel", die »Lebensphinx" und »Kirkeund dieSchweine",
bei denen die Schwäche der Künstlerin in der Zeichnung und
Modellierung der Figuren störend hervortritt.

VEREINE UND GESELLSCHAFTEN.

Berlin. — KunstgeschichtlicheGeseUschaft. In derSitzung
am 6. Januar 1899 sprach Herr Geheimrat Schricker über
die Skizze zu Rubens' Raub der Proserpina, dem 1861 in
Blenheim Palace verbrannten Werk aus des Meisters erster
Blütezeit nach seiner Rückkehr von Italien. Bisher gab nur
der naturgemäss ungenaue Stich Soutman's von der antiken
Sarkophagreliefs entlehnten Komposition eine Vorstellung.
Eine im Besitze des Vortragenden befindliche Ölskizze wäre
also von um so grösserer Bedeutung, als sie mit der zu
Ende des vorigen Jahrhunderts in der Sammlung Le Brun
erwähnten Originalskizze in der Figurenzahl und annähernd
auch in den Massen übereinstimmt. — Danach gab Herr
Dr. Fritz Sarre einen vorläufigen Bericht über die kunst-
wissenschaftlichen Ergebnisse einer Reise in Persien und
Centrai-Asien. Die Erforschung der mittelalterlichen muham-
medanischen Architekur war, wie schon vor mehreren Jahren,
auch diesmal das Ziel. — Herr Dr. Ludwig Kaemmerer
sprach dann über Memling's Altar für die Buchhändlergilde
zu Brügge. Unter den seltenen urkundlichen Erwähnungen
des „meestre Hans" bezieht sich die früheste auf einen für
Willem Vrelant gemalten Flügelaltar in der Johanneskapelle
der Abteikirche zu Eeckhout, den man seit Crowe und Caval-
caselle irrtümlich in der Turiner Passion glaubte erkennen
zu dürfen; dem gegenüber weist der Vortragende auf die
Übereinstimmungen zwischen der alten Beschreibung und
dem kürzlich aus der Sammlung Vernon Smith in die
Sammlung Kann zu Paris übergegangenen Flügelbilde mit
zwei Stiftern unter dem Schutze ihrer Heiligen hin.
 
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