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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 10.1899

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299

Vereine und Gesellschaften. — Vermischtes.

300

Abteilung ruft ein von dem Pariser Schmuckkünstler Jean
Dampt entworfenes und in Eichenholz ausgeführtes Bett mit
Recht volle Bewunderung hervor. Sowohl im Aufbau wie
in der Dekoration hat sich der Künstler,.der sonst im Vorder-
grunde der modernen Bewegung steht, an klassische Vorbilder
gehalten. Der Aufbau hat besonders im Baldachin einen
gotischen Charakter, während die köstlichen figürlichen
Flachreliefs, mit denen die Kopfwand und das Fussbrett über-
zogen sind, in ihrer feinen, graziösen Formengebung und in
der Lebendigkeit der Bewegung den Geist der Rokokozeit
atmen.

Wien. Im Salon Miethkes'md einige von den besten Original-
blättern derMünchener „Jugend" (darunter Hans Christiansen,
Julius Diez, Rob. Engels, Otto Eckmann, Fritz Erler, Angelo
Jank, Keller-Reutlingen, Bruno Paul, Ludwig Raders, Fr. Res-
nicek, Franz Stuck, Rudolf Wilke) und eine Reihe von
Arbeiten der „Gesellschaft deutscher Aquarellisten" ausge-
stellt. Unter den letzteren fällt namentlich Dettmann durch
mehrere sehr tüchtige Sachen auf („Heuschober", „Wäsche-
rinnen am Gardasee", „Fischerdorf" und „Schiff am Garda-
see"), die manche seiner schwereren Erzeugnisse wieder
vergessen machen. Mit einem so starken Können söhnt
man sich gern wieder aus. Da diese Aquarellisten im
übrigen schon bekannt sind, brauche ich hier nicht näher
auf sie einzugehen. Neben diesen Künstlern ist auch eine
Kollektion von Hans Schwaiger ausgestellt, die reichen,
echten Genuss bietet. Dieser in den mährischen Wäldern
einsam schaffende, gelegentlich eine „Reise in die Civilisa-
tion" unternehmende Schwaiger ist eine wahre Fundgrube
des Humors und gesunder Eigenart. w. sch.

Baden-Baden. — Der,,Badener Salon", unter Schall'scher
Direktion stehend, wird im Laufe des Monats April seine
Pforten wieder öffnen. Die Kunstausstellung desselben hat
im Jahre 1898 eine ausserordentlich gute Saison, sowohl was
den Besuch als den Verkauf von Kunstwerken betrifft, zu
verzeichnen gehabt, und die kommende Saison wird der
letzten gewiss nicht nachstehen. Immer dringender wird
allerdings der Wunsch, den die Karlsruher Künstlerschaft
seit Jahren hegt, dass ein eigenes grösseres Ausstellungsge-
bäude in Baden-Baden die Abhaltung periodisch wieder-
kehrender deutscher Kunstausstellungen ermöglicht.

VEREINE UND GESELLSCHAFTEN.

0 Aus München wird gemeldet, dass sich innerhalb der
Münchener Secession Umwandlungen vollzogen haben, denen
man eine gewisse Bedeutung beimisst. Der erste Vorsitzende,
Professor L. Dill, wird München verlassen, weil er einen
Ruf als Professor an die Kunstakademie in Karlsruhe an-
genommen, und Hofrat Paulus ist aus seiner Stellung als
Geschäftsführer ausgeschieden. Als Nachfolger Dill's kommen
in erster Linie Stuck und F. v. Uhde in Betracht.

VERMISCHTES.

f München. — Eine grosse Anzahl Münchener Künstler
hat an den Geheimen Baurat Dr. Paul Wallot in Dresden
ein offenes Schreiben gerichtet, das einen Protest gegen die
Angriffe in der Reichstagssitzung vom 1. März bildet. Da
wir vollständig die Auffassung des Protestschreibens teilen,
so sei im folgenden der Wortlaut desselben mitgeteilt:
„Hochverehrter Meister! Mit tiefem Bedauern und gerechter
Entrüstung haben wir Kenntnis genommen von den mass-
losen Angriffen, die in der Reichstagssitzung vom 1. März
gelegentlich der Beratung über die künstlerische Aus-

1 schmückung des Deutschen Reichstagsgebäudes gegen Sie,

[ den hochgeschätzten Erbauer des Hauses, und gegen andere

I hervorragende Künstler gerichtet wurden. Wir glauben mit
der gesamten deutschen Künstlerschaft einig zu sein, wenn
wir vor der Öffentlichkeit erklären, dass wir jenen peinlichen
Vorfall aufrichtig beklagen und als eine unserem ganzen
Stande widerfahrene Kränkung mitempfinden. Das Recht
der freien Meinungsäusserung über künstlerische Fragen
steht selbstverständlich jedermann zu; Zustimmung und

| Missfallen offen auszusprechen, kann auch dem wenig urteils-
fähigen Laien nicht verwehrt werden. Wogegen wir aber
mit aller Entschiedenheit Verwahrung einlegen müssen, das
ist der geringschätzige Ton, die verletzende Form der jüngsten
Ausfälle eines Mitgliedes des Deutschen Reichstages gegen
Künstler von anerkanntem Ruf, eine Form, die in jedem
anderen Falle als unparlamentarisch gerügt worden wäre
und die hier um so weniger entschuldbar erscheint, als der
Inhalt des Vorgebrachten eine sachliche Begründung fast
ganz vermissen Hess. Nicht unterlassen können wir es, unser
Befremden darüber zum Ausdruck zu bringen, dass weder
von seite des Präsidiums, noch aus der Mitte der Abge-
ordneten gegen eine derartige Verunglimpfung ernster künst-
lerischer Arbeit energisch Einspruch erhoben wurde. Jeder
im Saale nicht anwesende Beamte irgend eines Ressorts
pflegt vor allzu heftigen gegen seine Wirksamkeit sich
richtenden Angriffen durch den Leiter der Debatte geschützt
zu werden. Den gleichen Schutz auch abwesenden, deshalb
zu eigener Verteidigung unfähigen Künstlern zu teil werden
zu lassen, scheint man nicht für der Mühe wert zu erachten.
Die Beurteilung solcher Wertschätzung von Kunst und
Künstlern können wir getrost der Öffentlichkeit überlassen.
Seit langem haben wir uns daran gewöhnen müssen, dass
in den volksvertretenden Körperschaften künstlerische An-
gelegenheiten nur selten zur Sprache gebracht werden, und
wenn es geschieht, fast immer in einer Weise, die von

| tieferem Verständnis, von ehrfürchtiger Achtung vor den
Äusserungen geistiger Kultur wenig bekundet. Ein treffen-
des Wort Bismarck's über unsere Parlamentarier gilt vor
allem für ihr Verhältnis zur Kunst: „Wie sind wir Deutschen
doch in den Ruf schüchterner Bescheidenheit gekommen?
Es ist keiner unter uns, der nicht vom Kriegführen bis zum
Hundeflöhen alles besser verstände, als sämtliche gelernte
Fachmänner, während es doch in anderen Ländern viele
giebt, die einräumen, von manchen Dingen weniger zu ver-
stehen als andere, und deshab sich bescheiden und schweigen."
Ganz unerhört muss uns aber der Gedanke erscheinen,
Ihnen, hochverehrter Meister, die fernere Einwirkung auf Ihr
grosses Werk durch Entziehung der Oberleitung über die
künstlerische Ausschmückung unmöglich zu machen. Wir
setzen das feste Vertrauen in die weitaus grösste Mehrzahl

! der Mitglieder des Reichstages, dass sie einem dahin zielenden
Antrag niemals zustimmen werden , und wir glauben auch,
dass kein deutscher Künstler sich bereit finden lassen würde,
die Stelle einzunehmen, von der Sie verdrängt worden sind.
Wir hoffen zuversichtlich auf eine glückliche Lösung der ein-

1 getretenen Schwierigkeiten und sprechen Ihnen, hochver-
ehrter Meister, unsere herzlichsten Sympathien und unsere
aufrichtige Wertschätzung aus. München, den 7. März 1899.
Fritz Baer, zweiter Vorsitzender der Künstlervereinigung
„Luitpoldgruppe"; H. E. v. Berlepsch-Valendas; Karl Bios;
J. Bühlmann, kgl. Professor; Hugo Bürgel, kgl. Professor;
erster Vorsitzender der Künstlervereinigung „Luitpoldgruppe";
Gilbert v. Canal, kgl. Professor; L. Dill, kgl. Professor,

\ erster Vorsitzender des Vereins bildender Künstler Münchens;
M. Dülfer; S. Eberle, kgl. Akademieprofessor; Martin Feuer-
 
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