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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 10.1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.5773#0229

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Sammlungen und Ausstellungen.

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Künstler rücken das Standbild weit ab vom Ufer und stellen
es frei in die Mitte einer vierseitigen oder gerundeten Platt-
form. Eine viereckige hat Breuer gewählt, eine runde
Schneider. Hilgers hat eine viereckige seitlich ausgebogen und
zu Brunnenbecken vertieft, die von Löwenmäulern gespeist
werden. In Bezug auf die Hauptfigur sind tiefgehende
Unterschiede nicht zu bemerken. Immer steht auf einem
mehr oder weniger erfindungsreich und organisch gestalteten,
mehr oder weniger reich mit Wappen, Löwen, Lorbeer- und
Eichenblattornamenten verzierten Sockel der Kanzler in
Kürassieruniform, die Linke am Pallasch, mit der Rechten
eine Schriftrolle haltend oder auf Dokumente sich stützend.
Hilgers allein hat den Kanzler barhaupt gebildet, wozu
dessen prächtige Schädelbildung den Plastiker wohl verleiten
konnte. Haltung und Gesichtszüge seiner Figuren, so-
weit sich hier ein Schluss von der Skizze auf das ausgeführte
Werk ziehen lässt, sind wenig gelungen. Dasselbe kann
man von der Bismarckgestalt Brütt's sagen, die völlig kalt
lässt, abgesehen von dem übertrieben schlichten, besser ge-
sagt nüchternen Aussehen des Gesamtaufbaues. Breuer's
Bismarck steht ruhig und fest, ein rocher de bronze, an
dem alles feindlich Entgegenkommende zerschellen muss.
Schneider's Bismarck ist lebhaft bewegt, verteidigungsbereit
— Wir Deutsche fürchten Gott, sonst nichts in der Welt!
Uphues zeigt ihn uns das eine Mal im Alter, wenn auch
ungebeugt, so doch mit den Spuren der Kämpfe, die er
patriae inserviendo gekämpft, den Bismarck der „Gedanken
und Erinnerungen". Im übrigen soll der Entscheidung des
Preisgerichts, das am 29. d. M. seinen Spruch fällen wird,
nicht vorgegriffen werden. c. b.

SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN.

Berlin. — Über die Erwerbungen der Königlichen Museen
vom 1. Oktober bis 31. Dezember 1898 entnehmen wir dem
kürzlich erschienenen amtlichen Bericht folgendes: Für die
Sammlung der antiken Skulpturen und Gipsabgüsse wurde
erworben ein altertümlicher Tuffsarkophag aus der Nähe von
Civitä Castellana, ganz glatt mit hohem dachförmigen Deckel,
an dessen Giebelseiten je zwei weit vorspringende Löwen-
köpfe als Griffe angebracht waren, von denen jedoch nur
das eine Paar erhalten ist. Alle Flächen sind mit Bemalung
überdeckt, welche die senkrechten Seitenflächen des Sarges
und des Deckels zusammen je als Einheit, die schrägen da-
gegen je als besonderes Bildfeld behandelt. Während die
Schmalseiten nur mit buntfarbigem Rankenornament gefüllt
sind, dessen Motive vielfach an orientalische und ostgriechische
Vorbilder erinnern, zeigen die Langseiten einerseits zwei
hundeähnliche Tiere, andererseits zwei Schlangen einander
gegenüber, darüber Rankenwerk, das aus einem über den
Köpfen der Tiere schwebenden Gefäss aufsteigt; andere vom
Boden hervorwachsende Ranken und Pflanzenornamente
füllen die Zwischenräume im unteren Teile des Bildfeldes.
Von den beiden schrägen Deckelseiten ist die eine mit zwei
schreitenden Sphinxen, die andere mit zwei Seepferden
zwischen Pflanzenornament geschmückt. Der Grund aller
Malereien ist einheitlich blau, ausserdem sind Schwarz,
Violettbraun, Rot und Gelb, letzteres in verschiedenen
Nuancen, verwendet. Neben der noch älteren Grotta Cam-
pana in Veji ist dieser Sarkophag wohl das früheste und
beste Beispiel altertümlicher Malerei in südetrurischen und
den benachbarten Gebieten, den stilistisch ganz verschie-
denen Vejenter Bildern durch die schöne Erhaltung weit
überlegen. — Interessante Zuweisungen hat auch die Ab-
teilung für Bildwerke der christlichen Epoche erhalten. Ein

Gönner schenkte ein Hochrelief in Holz von Tilman Riemen-
schneider, die Beweinung Christi mit Magdalena, Maria und
Johannes. Die Komposition ist nahe verwandt derjenigen
in der Kirche zu Heidingsfeld. Von Herrn Geheimrat Bode
wurde der Sammlung ein Marmorrelief aus der Schule
Donatello's überwiesen. Die Madonna ist in Halbfigur vor
einer Marmorarchitektur in ziemlich flachem Relief darge-
stellt. Der Meister dieses aus Pisa stammenden Werkes ist
Buggiano (eigentlich: Andrea di Lazzaro Cavalcanti), mit
dessen beglaubigten Schöpfungen in Florenz und Pisa das
Relief stilistisch genau übereinstimmt. Als Geschenk ist
ferner zu nennen ein in Kupfer getriebenes und vergoldetes
Madonnenrelief byzantinischen Stils, wohl in Venedig im
12. oder 13. Jahrhundert gearbeitet, und eine kleine Bronze,
eine badende Venus, anscheinend florentinische Arbeit vom
Ausgange des 16. Jahrhunderts. Das Figürchen ist mit dem
interessant profilierten Sockel aus einem Stück gegossen. —
Als Haupterwerbung des Antiquariums sind die Vasen,
Bronzen und Miscellaneen zu bezeichnen, welche den voll-
ständigen Inhalt von sechs Gräbern von Pitigliano in Etrurien
bilden. Von diesen sechs Gräbern gehören fünf einer sehr
altertümlichen Nekropole an. An ihnen lässt sich in an-
schaulicher Weise darlegen, wie in die einheimische Vasen-
fabrikation fremder Import eindringt und wie dieser Import
altertümlich geometrischer Art durch einen Import ent-
wickelteren Stils abgelöst wird, der sich an protokorinthische
Vorbilder anschliesst. Die einheimischen monochromen Ge-
fässe sind durch ihre tadellose Erhaltung und durch die
Seltsamkeit ihrer Formen bemerkenswert. Sie sind für die
Sammlung des Antiquariums als Vorstufe der sogenannten
Buccherogefässe von grösster Wichtigkeit. Das sechste Grab
ist ein römisches und zu ihm gehört u. a. ein römischer
Teller aus terra sigillata von 47 cm Durchmesser, das grösste
nachweisbare Exemplar dieser Monumentengattung, in der

Mitte ist viermal der Stempel j^g^?, wiederholt. Von

Einzelerwerbungen sind zu erwähnen ein glasiertes Thon-
gefäss aus dem Faijoüm in Form eines kleinen Skyphos mit
Ringhenkeln, mit einer Epheuranke in Relief umgeben, zwei
silberne Haarpfeile aus Olympia, ein fragmentierter griechi-
scher Klappspiegel mit der Darstellung des Herakles im
Hesperidengarten und ein Glasfragment mit dem Kopf der
Parthenos in Relief. Die Vasensammlung wurde durch drei
rotfigurige böotische Skyphoi mit Darstellungen aus der
griechischen Heldensage vennehrt. — In der Ägyptischen
Abteilung ist die älteste der Grabkammern, die des soge-
nannten Amten (richtiger Meten), die in völligem Zerfall be-
griffen war, im Frühjahr 1889 einer Behandhing unterzogen
worden, die jetzt zum Abschluss gekommen ist. Das Salz,
mit dem die Blöcke der Kammer durchsetzt waren, ist durch
Auslaugen entfernt, und die zerfallenden Oberflächen sind
durch eine Tränkung wieder gefestigt worden. Die Kammer
ist nun in dem bisherigen Gipssaal wieder aufgestellt. Die
Sammlung hat sich dadurch eines ihrer wertvollsten Besitz-
tümer gesichert; denn diese Kammer ist noch älter als die
Zeit des sogenannten alten Reiches, der die grossen Pyramiden
und die Gräber von Gizeh entstammen. Von diesen letzteren
unterscheidet sie sowohl das Altertümliche ihres Stiles als
auch der ungewöhnliche Inhalt der Inschriften, die uns mit
der amtlichen Laufbahn des Verstorbenen bekannt machen
und von den Bauten und Gärten erzählen, die er sich an-
gelegt hat. Amten lebte gegen Ende der dritten Dynastie
(um 3000 v. Chr.) und bekleidete am Hof das Amt des
Oberjägermeisters. _ -u-
 
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