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VEREINE UND GESELLSCHAFTEN.
Berlin. — Kunstgeschichtliche Oesellschaft. — In der
letzten Sitzung am 28. April sprach Herr Dr. Hans Mackowsky
über Cittä di Castello. Im Anschluss an die prachtvoll
ausgestattete Publikation des Ispettore degli scavi e monu-
menti .0. Margherini Qraziani, vorwiegend aber auf Grund
eigener Forschungen behandelte der Vortragende die
Kunstgeschichte der Stadt, in der die Malerei den vor-
nehmsten Platz einnimmt. Die Nähe von Gubbio, das
schon zu Dante's Zeit den berühmten Oderisi besass, und
die Einflüsse der Sienischen und Florentinischen Schule
haben die heimischen Künstler gefördert, von denen meist
nur Namen, nicht Werke überliefert sind. Von der früh-
peruginischen Richtung des Boccati und Bonfigli angeregt
scheint der Künstler der im benachbarten Montone befind-
lichen Madonna del soecorso, als Bonfigli bezeichnet, vom
VortragendenalsSinibaldoIbi bestimmt. DieklassischeMalerei
beginnt mit Piero della Francesca's Madonna del parto auf
dem Cimetero_ des nahen Monterchi, ihr folgen Werke Pin-
turicchio's im Dom und bei der Familie Bufalini, deren
Kapelle in Araceli er auch ausmalte, daran reihten sich
einst Arbeiten des Timoteo Viti, Ridolfo Ghirlandajo und
Parmeggianino; erhalten sind noch die Werke von Vasari,
Raffaello dal Colle und Rosso Fioretino. Weitaus die
meisten Bilder besass die Stadt von Signorelli, der Mehr-
zahl nach noch in den Kirchen oder der Galleria commu-
nale erhalten, zwei der wichtigsten freilich, beides An-
betungen des Kindes, sind in den Louvre und die National
Gallery gelangt. — Von Rafael rühmte sich Citta di
Castello einst vier Werke zu besitzen. Die Fahne mit der
Trinität und der Erschaffung Evas ist arg zerstört und muss
als Schulwerk des Pinturicchio gelten; von der verlorenen
Krönung des h. Nikolaus von Tolentino zeugen nur noch
die Liller Entwürfe zur Komposition von Pinturicchio's
Hand; das Kruzifix gelangte über die Sammlungen Fesch
und Lord Dudley in die Sammlung Mond zu London, und
das Sposalizio wurde 1798 entführt, 1853 auf Bossi's Betreiben
für die Brera erworben.— Danach berichtete Herr Dr..4. Hase-
loff über neuere Publikationen aus dem Gebiete der Miniatur-
malerei. Seinen Überblick über die Ergebnisse der jüngsten
Forschungen erläuterte der Vortragende durch Vorlegung
und eingehende Besprechung der kürzlich erschienenen Publi-
kationen wie Warner's „Illuminated manuscripts in the
British Museum", der von Swoboda eingeleiteten Publika-
tion des Psalteriums der h. Elisabeth und gab bei Gelegen-
heit der von D. H. Müller und J. von Schlosser herausge-
gebenen Haggadah von Sarajewo eine Würdigung der
jüdischen Handschriftenmalerei und ihrer allgemeinen kunst-
geschichtlichen Bedeutung.
VOM KUNSTMARKT.
Paris. — Die Versteigerung der Sammlung Mühlbacher,
die vom 15. bis 18. Mai in Paris stattfand, hat bewiesen, dass
die Preise für die Gemälde und Zeichnungen der Meister
des 18. Jahrhunderts keineswegs im Sinken begriffen sind.
Den höchsten Preis — 85000 Frks. — erzielte das Porträt
der Frau von Etioles, der Tochter der Pompadour. Zwei
Bilder von Fragonard, „Der Brief" und „Rinaldo im Zauber-
garten" wurden mit 44500 und 42000, zwei Bilder von
Boilly mit 33600 und 21000, „Die Erinnerung" von Lavreince
mit 30000, vier Frauenporträts von Nattier mit 35000,
19300, 11700 und 11200 Frks. bezahlt. Ganz ausserordent-
lich hoch im Preise standen auch die Gouachemalereien von
Lavreince; die vierzig, zum Teil nicht einmal authentischen
Nummern erzielten allein 279980 Frks., darunter „Die Land-
partie" und „Die Tanzschule" je 31500, „Die Versammlung
im Salon" und „Die Versammlung beim Konzert" je
] 30500 Frks. Von den Sepiazeichnungen Fragonard's erreichte
-Satyr und Bacchantinnen" 33000 Frks. Die Bleistiftzeich-
nung Augustin de Saint-Aubin's „Sei doch wenigstens ver-
schwiegen" wurde mit 32500, „Die Mutterfreuden" von
Moreau lejeune mit 31000, das Pastellbildnis der Gattin
des Malers Hubert Robert von Madame Roslin mit 26000 Frks.
bezahlt. Gesamtergebnis 1726700 Frks. o.
Leipzig. — Am 27. Juni und den folgenden Tagen
findet bei C. G. Boerner eine Auktion von mehreren Samm-
, lungen von Handzeichnungen und Aquarellen alter und
neuer Meister darunter Ornamentzeichnungen aus verschie-
denem Besitze statt. Der mit einigen guten Illustrationen
ausgestattete Katalog zählt 947 Nummern. Den Haupt-
stamm der Blätter älterer Meister bilden Zeichnungen aus
K. E. v. Liphart's Besitz, die der Erbe bis jetzt als Privat-
sammlung zurückbehalten hatte. Hierzu gehören die Blätter
von / Cornelisz, Rembrandt, C. Visscher, M. Wohlgemuth,
A. Altdorfer, L. Cranach, Dürer, J. B. Grenze, V. Pisano,
Tizian u. s. w. — Die zweite Abteilung, neuere Meister, aus
verschiedenem Besitz enthält Zeichnungen von Calame,
Ludwig Richter, Schirmer, Schleich, Julius Schnorr v. Carols-
feld u. s. w.
Paris. — Bei der Versteigerung der Sammlung A. Hart-
mann, die vom 12. bis 15. April im Hotel Drouot stattge-
funden hat, wurden zum Teil sehr stattliche Preise erzielt.
Nr. 9. Bouguereau, Der Traum, 13200 Frks. — Nr. 12. Chaplin,
Schlafendes Mädchen, 6100 Frks. — Nr. 46. Harpignies, Erinne-
rung an Herisson, 7700 Frks.—Nr. 50. Isabay, Der Besuch in der
Kapelle, 6400 Frks. — Nr. 63—65. van Muyden, Die Ernte,
Die junge Mutter, Römisches Interieur, 6800, 5100, 3550 Frks.
— Nr. 66—67. de Neuville, Jäger, Führer aus dem 1. Kaiser-
reich, 5100 und 2900 Frks. — Nr. 81. Ziem, Hafeneinfahrt in
Venedig, 3300 Frks. Eine Serie von Aquarellen mit Motiven
aus dem Kriege von 1870 und der Kommune von Pilz
wurde für 5050 Frks. fürs Musee Carnavalet erworben. —
Weit interessanter noch gestaltete sich die Versteigerung der
Sammlung Desfosse's am 26. April. Der Gesamterlös aus
aus den 98 Gemälden, Aquarellen und Zeichnungen betrug
787 650 Frks. DieSchätzungspreise der Sachverständigen wurden
fast immer erreicht, zum Teil ganz wesentlich überboten.
Im Mittelpunkte des Interesses standen neun Bilder von
Corot. Nr. 11. Die Toilette, grosses Bild aus seiner besten
Zeit (H. 1,74, Br. 0,88 m) 185000 Frks. — Nr. 12. Die Frau
mit dem Sammethut, lebensgrosses Kniestück, 25500 Frks.—
Nr. 13. Das Atelier, kleines Bild von wundervoller Wärme
des Tones, 32000 Frks. (Graf Camondo). — Nr. 14. Der
Fischer, 20100 Frks. — Nr. 15. Ansicht von Soissons (1837),
10000 Frks. — Nr. 16. Die Brücke von Narni, Des Meisters
früheste Sendung zum Salon (1827), 10000 Frks. — Nr. 17.
Der heilige Sebastian, schönes grosses Bild aus dem Jahre
1853, 48000 Frks. — Nr. 18. Die Grille, kleines Porträt,
10100 Frks. — Nr. 19. Die Farm von Brunoy, 13100 Frks.
Den Schluss der Versteigerung bildete Courbet's wundervoll
erhaltenes Hauptwerk „Das Atelier", das Desfosses 1897 für
26500 Frks. erworben hatte, 60000 Frks. Im Übrigen waren
die bemerkenswertesten Preise: Nr. 9. Besnard, Fische-
rinnen, 6200 Frks. — Nr. 3. Derselbe, Das Mädchen mit
der schwarzen Katze, 6000 Frks. — Nr. 10. Cazin, Der alte
Hafen von Wimereux (H. 0,87, Br. 1,15 m) 18000 Frks. —
Nr. 21. Courbet, Die Ruhe, 6700 Frks. — Nr. 22. Derselbe,
Hirschkuh im Schnee, 4000 Frks. — Nr. 23. Daubigny, Weide
VEREINE UND GESELLSCHAFTEN.
Berlin. — Kunstgeschichtliche Oesellschaft. — In der
letzten Sitzung am 28. April sprach Herr Dr. Hans Mackowsky
über Cittä di Castello. Im Anschluss an die prachtvoll
ausgestattete Publikation des Ispettore degli scavi e monu-
menti .0. Margherini Qraziani, vorwiegend aber auf Grund
eigener Forschungen behandelte der Vortragende die
Kunstgeschichte der Stadt, in der die Malerei den vor-
nehmsten Platz einnimmt. Die Nähe von Gubbio, das
schon zu Dante's Zeit den berühmten Oderisi besass, und
die Einflüsse der Sienischen und Florentinischen Schule
haben die heimischen Künstler gefördert, von denen meist
nur Namen, nicht Werke überliefert sind. Von der früh-
peruginischen Richtung des Boccati und Bonfigli angeregt
scheint der Künstler der im benachbarten Montone befind-
lichen Madonna del soecorso, als Bonfigli bezeichnet, vom
VortragendenalsSinibaldoIbi bestimmt. DieklassischeMalerei
beginnt mit Piero della Francesca's Madonna del parto auf
dem Cimetero_ des nahen Monterchi, ihr folgen Werke Pin-
turicchio's im Dom und bei der Familie Bufalini, deren
Kapelle in Araceli er auch ausmalte, daran reihten sich
einst Arbeiten des Timoteo Viti, Ridolfo Ghirlandajo und
Parmeggianino; erhalten sind noch die Werke von Vasari,
Raffaello dal Colle und Rosso Fioretino. Weitaus die
meisten Bilder besass die Stadt von Signorelli, der Mehr-
zahl nach noch in den Kirchen oder der Galleria commu-
nale erhalten, zwei der wichtigsten freilich, beides An-
betungen des Kindes, sind in den Louvre und die National
Gallery gelangt. — Von Rafael rühmte sich Citta di
Castello einst vier Werke zu besitzen. Die Fahne mit der
Trinität und der Erschaffung Evas ist arg zerstört und muss
als Schulwerk des Pinturicchio gelten; von der verlorenen
Krönung des h. Nikolaus von Tolentino zeugen nur noch
die Liller Entwürfe zur Komposition von Pinturicchio's
Hand; das Kruzifix gelangte über die Sammlungen Fesch
und Lord Dudley in die Sammlung Mond zu London, und
das Sposalizio wurde 1798 entführt, 1853 auf Bossi's Betreiben
für die Brera erworben.— Danach berichtete Herr Dr..4. Hase-
loff über neuere Publikationen aus dem Gebiete der Miniatur-
malerei. Seinen Überblick über die Ergebnisse der jüngsten
Forschungen erläuterte der Vortragende durch Vorlegung
und eingehende Besprechung der kürzlich erschienenen Publi-
kationen wie Warner's „Illuminated manuscripts in the
British Museum", der von Swoboda eingeleiteten Publika-
tion des Psalteriums der h. Elisabeth und gab bei Gelegen-
heit der von D. H. Müller und J. von Schlosser herausge-
gebenen Haggadah von Sarajewo eine Würdigung der
jüdischen Handschriftenmalerei und ihrer allgemeinen kunst-
geschichtlichen Bedeutung.
VOM KUNSTMARKT.
Paris. — Die Versteigerung der Sammlung Mühlbacher,
die vom 15. bis 18. Mai in Paris stattfand, hat bewiesen, dass
die Preise für die Gemälde und Zeichnungen der Meister
des 18. Jahrhunderts keineswegs im Sinken begriffen sind.
Den höchsten Preis — 85000 Frks. — erzielte das Porträt
der Frau von Etioles, der Tochter der Pompadour. Zwei
Bilder von Fragonard, „Der Brief" und „Rinaldo im Zauber-
garten" wurden mit 44500 und 42000, zwei Bilder von
Boilly mit 33600 und 21000, „Die Erinnerung" von Lavreince
mit 30000, vier Frauenporträts von Nattier mit 35000,
19300, 11700 und 11200 Frks. bezahlt. Ganz ausserordent-
lich hoch im Preise standen auch die Gouachemalereien von
Lavreince; die vierzig, zum Teil nicht einmal authentischen
Nummern erzielten allein 279980 Frks., darunter „Die Land-
partie" und „Die Tanzschule" je 31500, „Die Versammlung
im Salon" und „Die Versammlung beim Konzert" je
] 30500 Frks. Von den Sepiazeichnungen Fragonard's erreichte
-Satyr und Bacchantinnen" 33000 Frks. Die Bleistiftzeich-
nung Augustin de Saint-Aubin's „Sei doch wenigstens ver-
schwiegen" wurde mit 32500, „Die Mutterfreuden" von
Moreau lejeune mit 31000, das Pastellbildnis der Gattin
des Malers Hubert Robert von Madame Roslin mit 26000 Frks.
bezahlt. Gesamtergebnis 1726700 Frks. o.
Leipzig. — Am 27. Juni und den folgenden Tagen
findet bei C. G. Boerner eine Auktion von mehreren Samm-
, lungen von Handzeichnungen und Aquarellen alter und
neuer Meister darunter Ornamentzeichnungen aus verschie-
denem Besitze statt. Der mit einigen guten Illustrationen
ausgestattete Katalog zählt 947 Nummern. Den Haupt-
stamm der Blätter älterer Meister bilden Zeichnungen aus
K. E. v. Liphart's Besitz, die der Erbe bis jetzt als Privat-
sammlung zurückbehalten hatte. Hierzu gehören die Blätter
von / Cornelisz, Rembrandt, C. Visscher, M. Wohlgemuth,
A. Altdorfer, L. Cranach, Dürer, J. B. Grenze, V. Pisano,
Tizian u. s. w. — Die zweite Abteilung, neuere Meister, aus
verschiedenem Besitz enthält Zeichnungen von Calame,
Ludwig Richter, Schirmer, Schleich, Julius Schnorr v. Carols-
feld u. s. w.
Paris. — Bei der Versteigerung der Sammlung A. Hart-
mann, die vom 12. bis 15. April im Hotel Drouot stattge-
funden hat, wurden zum Teil sehr stattliche Preise erzielt.
Nr. 9. Bouguereau, Der Traum, 13200 Frks. — Nr. 12. Chaplin,
Schlafendes Mädchen, 6100 Frks. — Nr. 46. Harpignies, Erinne-
rung an Herisson, 7700 Frks.—Nr. 50. Isabay, Der Besuch in der
Kapelle, 6400 Frks. — Nr. 63—65. van Muyden, Die Ernte,
Die junge Mutter, Römisches Interieur, 6800, 5100, 3550 Frks.
— Nr. 66—67. de Neuville, Jäger, Führer aus dem 1. Kaiser-
reich, 5100 und 2900 Frks. — Nr. 81. Ziem, Hafeneinfahrt in
Venedig, 3300 Frks. Eine Serie von Aquarellen mit Motiven
aus dem Kriege von 1870 und der Kommune von Pilz
wurde für 5050 Frks. fürs Musee Carnavalet erworben. —
Weit interessanter noch gestaltete sich die Versteigerung der
Sammlung Desfosse's am 26. April. Der Gesamterlös aus
aus den 98 Gemälden, Aquarellen und Zeichnungen betrug
787 650 Frks. DieSchätzungspreise der Sachverständigen wurden
fast immer erreicht, zum Teil ganz wesentlich überboten.
Im Mittelpunkte des Interesses standen neun Bilder von
Corot. Nr. 11. Die Toilette, grosses Bild aus seiner besten
Zeit (H. 1,74, Br. 0,88 m) 185000 Frks. — Nr. 12. Die Frau
mit dem Sammethut, lebensgrosses Kniestück, 25500 Frks.—
Nr. 13. Das Atelier, kleines Bild von wundervoller Wärme
des Tones, 32000 Frks. (Graf Camondo). — Nr. 14. Der
Fischer, 20100 Frks. — Nr. 15. Ansicht von Soissons (1837),
10000 Frks. — Nr. 16. Die Brücke von Narni, Des Meisters
früheste Sendung zum Salon (1827), 10000 Frks. — Nr. 17.
Der heilige Sebastian, schönes grosses Bild aus dem Jahre
1853, 48000 Frks. — Nr. 18. Die Grille, kleines Porträt,
10100 Frks. — Nr. 19. Die Farm von Brunoy, 13100 Frks.
Den Schluss der Versteigerung bildete Courbet's wundervoll
erhaltenes Hauptwerk „Das Atelier", das Desfosses 1897 für
26500 Frks. erworben hatte, 60000 Frks. Im Übrigen waren
die bemerkenswertesten Preise: Nr. 9. Besnard, Fische-
rinnen, 6200 Frks. — Nr. 3. Derselbe, Das Mädchen mit
der schwarzen Katze, 6000 Frks. — Nr. 10. Cazin, Der alte
Hafen von Wimereux (H. 0,87, Br. 1,15 m) 18000 Frks. —
Nr. 21. Courbet, Die Ruhe, 6700 Frks. — Nr. 22. Derselbe,
Hirschkuh im Schnee, 4000 Frks. — Nr. 23. Daubigny, Weide