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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 10.1899

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Zimmermann, Ernst: Die japanische Abteilung der kgl. Porzellan- und Gefässsammlung zu Dresden
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https://doi.org/10.11588/diglit.5773#0267

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Die japanische Abteilung der Kgl. Porzellan- und Gefäss-Sammlung zu Dresden.

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schimmert nur sporadisch, aber desto kräftiger durch
ein vielfarbiges Kleid, dessen Komposition ebenso
originell wie prächtig, der chinesischen Kunst viel
selbständiger gegenüber steht als die der ebengenannten
Gruppe. Einzelfelder mit Ranken, Landschaften und
dergl. verbunden durch lineare Grundmuster, stilisierte
Blumen und Ranken bilden die Grundmotive. Charakte-
ristisch ist für alle ein sehr kräftig leuchtendes lack-
artiges Rot von der Farbe des Eisenrot, das aber in
keiner Weise stumpf auf der Glasur sitzt, mit Vorliebe
zur Deckung des Grundes für ausgesparte Ornamente
verwendet ist. Wegen seines stark dominierenden
Charakters möchte man auch hier wieder von einer
„famille rose" sprechen. Daneben findet sich ein Unter-
glasurblau, von einer Tiefe, wie es bisher Japan kaum
zugetraut wurde. Die Gegenstände sind ausschliesslich
Schalen und Deckeltassen, doch scheint in dieser
Gruppe das Exportporzellan einzusetzen. Die Unter-
tasse taucht auf, und einigemal findet sich grosser
Reichtum der Ornamentik bei stark verminderter
Qualität im einzelnen, dessen Verbindung im allge-
meinen ja als Kennzeichen desselben gelten kann.
Hier erhebt sich aber doch die Frage, ob man es
bei allen in der japanischen Abteilung befindlichen
Porzellanen wirklich allein mit Imari-Erzeugnissen zu
thun hat. Vielleicht sind die Erzeugnisse japanischer
Kunst damals doch mehr von Ort zu Ort gewandert,
als man heute anzunehmen geneigt ist. Jedenfalls
enthält die Sammlung aus altem Bestände eine Sake-
Flasche, die jeder Kenner japanischer Keramik sicher
für ein Erzeugnis Kagas ansprechen wird, ferner
einige flüchtig mit Emailfarbe dekorierte olivbraun
glasierte Schalen, die wie Bauerntöpferei aussehen
und dergl. mehr.

Wichtig ist auch die dritte Gruppe, die der Blau-
porzellane, da diese Gattung von den Forschern und
Sammlern Unverdientermassen etwas stiefmütterlich
behandelt worden ist, die Erzeugnisse derselben über-
haupt selten zu sein scheinen. Da das alte Inventar
sie nur zu blauem Porzellan gestempelt hatte, waren
sie rettungslos der chinesischen Abteilung verfallen.
Kein einziges Stück Blauporzellan war bisher unter
Japan ausgestellt. Das hier gewonnene Resultat darf
als ein geradezu glänzendes bezeichnet werden.
Mehrere Stücke gehören zu dem Schönsten, was die
japanische Keramik überhaupt geschaffen. Der Pro-
zentsatz des Minderwertigen ist hier auffallend gering.
Ganz schlechte flüchtige Sachen finden sich über-
haupt nicht. Ein Massenexportartikel, wie in China,
kann dies Produkt überhaupt nicht gewesen sein.
An erster Stelle sind hier eine kleine Stangenvase
mit der eines grossen Meisters würdigen Zeichnung
eines Heiligen, ein kleine cylindrische Deckeldose mit
zwei vor einem Gemache kauernden Figuren, sowie
ejne ganze Reihe von Schalen mit Darstellungen von

Kranichen, Wachteln und dergl. Würdig schliessen
sich ihnen die 13 grossen Fischschüsseln an in Form
übereinander gelegter Blätter, jede mit anderen Pflanzen-
darstellungen oder geometrischen Mustern bedeckt.
Ganz ungewöhnlich ist ein tiefes Becken, dessen Felder
u. a. die durchaus impressionistisch aufgefasste Dar-
stellung der hinter Wolken hervorbrechenden Sonne
zeigt, während die Randeinfassung fast wie eine Imi-
tation geflossener Glasuren erscheint. Für vorbildlich
können zwei Schalen in Blumenkelchform gelten, bei
denen nur die die Wandung bildenden Blumenblätter
eine leicht abschattierte blaue Tönung erhalten haben.
Erstaunlich ist an allen diesen Erzeugnissen die Ge-
wandheit der Japaner in der dekorativen Verwendung
der einen Farbe. Das Kobaltblau erreicht zwar nie
die Kraft und Tiefe, wie in den besten Leistungen
der chinesischen Kunst, übertrifft dieselbe aber bei
weitem durch das Raffinement seiner künstlerischen
Verwendung.

Das Gros dieser Sammlung jedoch bleibt natür-
lich das jetzt möglichst in den Hintergrund gedrängte
Exportporzellan, mit seinem Hauptdreiklang von Blau,
Rot, Gold. Doch fanden sich auch hier einige Stücke,
deren Form und Verzierung sie als Gebrauchs-Kunst-
objekte der Japaner selber kennzeichnete, und die als
hervorragende keramische Leistungen der Keramik
zu gelten haben. Letzteres kann man indessen auch
mit ruhigem Gewissen von manchen der eigentlichen
Exportporzellane sagen. Eins der schönsten Stücke
dieser Abteilung ist ein Babierbecken. Und hier
mag auch zum Schluss ein Wort über die grossen
japanischen Vasen gesagt werden, an denen die Dres-
dener Sammlung ja so reich ist, wie keine andere,
von denen jedoch der Kenner japanischer Kunst
heute ja überhaupt nichts wissen will. Es ist wahr,
vom kulturgeschichtlichen und ethnographischen Stand-
punkt, der heute dem Kunstgewerbe gegenüber der
massgebende wird, nachdem der technische über-
wunden, bieten diese lediglich für Europa angefertigten
Gegenstände nicht allzuviel Interesse. Hier ist ihr
Inhalt in den beiden nicht gerade unbekannten That-
sachen erschöpft, dass Europa im vergangenen Jahr-
hundert sehr prachtliebend war, und dass die Japaner
und Ostasiaten, winkt ein materieller Vorteil, zu jeder
Dienstleistung, und sei es auch auf dem Gebiete der
Kunst, nur zu bereit sind. Doch dürfte in einem
Kunstmuseum auch der rein ästhetische Gesichtspunkt
noch seine Berechtigung haben. Da stellt sich mancher
Satz der jetzt so verachteten Vasen doch als eine er-
staunliche künstlerische und technische Leistung heraus,
vor der eine abfällige Kritik von Seiten Europas und
seiner keramischen Vertreter kaum am Platze sein
dürfte. Man hat bei dem Exportporzellane Chinas,
sowohl Chinas wie Japans, eben grosse Unterschiede
hinsichtlich der Qualität zu machen, die sich wohl
 
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