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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 11.1900

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Die öffentlichen Preisbewerbungen für Bildhauer
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https://doi.org/10.11588/diglit.5771#0073

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE

HERAUSGEBER:

Professor Dr. Max Go. Zimmermann

Verlag von E. A. SEEMANN in Leipzig, Gartenstrasse 15

Neue -Folge. XI. Jahrgang.

1899/1900.

Nr. 9. 21. Dezember.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur »Zeitschrift für bildende Kunst« und zum »Kumtgewerbeblatt« monatlich dreimal, in den Sommer-
monaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und unifasst 33 Nummern. Die Abonnenten der Zeitschrift für bildende
Kunst erhalten die Kunstchronik gratis. — Für Zeichnungen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden, leisten Redaktion und Verlags-
handlung keine Gewähr. Inserate, ä 30 Pf. für die dreispaltige Petitzeile, nehmen ausser der Verlagshandlung die Annoncenexpeditionen von H aasen -
stein & Vogler, Rud. Mosse u. s. w. an.

DIE ÖFFENTLICHEN PREISBEWERBUNGEN
FÜR BILDHAUER

Von einem der Juroren bei der Preisbewerbung
für das Liszt-Denkmal in Weimar wurde der Redaktion
folgende Notiz eingesandt:

F. In Weimar sind zur Zeit die für die Liszt-
Denkmal-Konkurrenz eingelieferten 68 Modelle öffent-
lich ausgestellt worden. Mit sehr gemischten Ge-
fühlen durchwandert man diese Ausstellung, in der
anerkennenswerte Arbeiten mit dem Mittelmässigen
wechseln, und selbst das Laienhafte vertreten ist. Hat
Liszt für unsere ersten Meister in der Bildhauerkunst
so wenig Interesse, dass sie auf dem Kampfplatze nur
in der Minorität erschienen sind? Wir hatten -
trotz der geringen Mittel, die zur Verfügung stehen

gehofft, dass die hervorragende Bedeutung und
interessante Persönlichkeit des Darzustellenden einen
aussergewöhnlichen Wettstreit hervorrufen werde. Darin
sind wir jedoch einigermassen getäuscht worden.

Den ersten Preis von 2000 M. erhielt Hermann
Hahn in München, den zweiten von 1000 M. Hans
Everding in Kassel und endlich den dritten Preis von
500 M. Prof. Fuss in Innsbruck. Hätten die Preis-
richter auch ehrenvolle Erwähnungen verteilen wollen,
so würden wir den obigen Namen noch mehrere
haben hinzufügen können. Die Ausführung des Denk-
mals ist Hermann Hahn in München übertragen; doch
hat derselbe zuvor noch einen neuen Entwurf ein-
zusenden, da einige Änderungen gewünscht werden.«

Der Grund für den ungenügenden Ausfall bei
dieser und bei ähnlichen Preisbewerbungen liegt wohl
hauptsächlich darin, dass man bei dem Ausschreiben
der Preise dem herrschenden System gefolgt ist. • Es
standen, genau genommen, nur zwei Preise, einer
von 1000 M. und einer von 500 M., zur Verfügung,
denn der Hauptpreis von 2000 M. fällt mit der Aus-
führung zusammen und bildet mit der an und für
sich schon geringen Honorarsumme ein Ganzes. Da
ausserdem bei der künstlerischen Bedeutsamkeit der
Aufgabe vorauszusehen war, dass die Beteiligung eine
sehr grosse sein werde, ist es nicht verwunderlich,

dass so wenige unter unsern ersten Meistern ihre
Arbeit an eine so zweifelhafte Aussicht wagen wollten.

Der Herausgeber dieser Zeitschrift hat schon vor
einiger Zeit in einem Aufsatz der »National-Zeitung«
die bestehenden Missstände bei den öffentlichen Preis-
bewerbungen für Bildhauer im Zusammenhang be-
sprochen und Abänderungsvorschläge gemacht. Ob-
gleich nur der letzte Teil jenes am 19. Februar 1897
erschienenen Aufsatzes unmittelbar auf die Weimarer
Liszt - Denkmal - Konkurrenz bezogen werden kann,
glaubt der Herausgeber den wesentlichen Teil des
Ganzen hier noch einmal abdrucken zu sollen, da die
Angelegenheit in einer spezifischen Kunstzeitschrift
vor ein enger daran interessiertes Forum kommt als
damals in einem Tagesblatt. Der Abdruck des Ar-
tikels im Zusammenhang mit der obigen Notiz aus
Weimar erfolgt im Einverständnis mit dem Einsender
jener.

Der Aufsatz besagte:

»Von Bildhauern wird man häufige Klagen darüber
vernehmen, dass sie sich bei den öffentlichen Preis-
bewerbungen in ungünstiger Lage befinden. Wenn
ein Denkmal errichtet werden soll, tritt in den meisten
Fällen ein Komitee zusammen, das einen Aufruf zur
Leistung von Beiträgen erlässt. Ist die genügende
Summe beisammen, so wird ein Programm aufgestellt
und eine öffentliche Preisbewerbung ausgeschrieben.
Schon hierbei zeigt es sich häufig, wie wenig die
Auftraggeber mit den Verhältnissen vertraut sind, unter
welchen die Künstler schaffen. Die Mitglieder des
Komitees gehören in ihrer Mehrzahl fast immer Berufs-
arten an, die mit der Kunst nichts zu thun haben,
und wenn auch der eine oder der andere Kunstfreund
oder Kenner sein sollte, so ist er doch nur selten
in praktische Berührung mit der Kunst getreten. So
kommt das Komitee nur zu leicht dazu, in seinem
Programm Unmögliches von den Künstlern zu ver-
langen in künstlerischer wie in rein praktischer Be-
ziehung. Schon zur Aufstellung des Programms sollte
sich das Komitee stets, wie es zuweilen geschieht,
einen künstlerischen Beirat wählen und mit ihm die
 
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