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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 11.1900

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https://doi.org/10.11588/diglit.5771#0078

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139

Vereine. — Ausgrabungen und Funde. — Vermischtes.

140

-Verkündigung«, die in Ausdruck, Farbe und Koniposition ;
von tiefer starker Empfindung und grossem Können Zeugnis
giebt. — Macaulay Stevenson sandte ein äusserst stimmungs-
volles Werk, Abendlied « und ein anderes »Robinsfield«, das,
weich und fein in der Farbe, die gleichen Vorzüge auf-
weist; Alexander Rocke eine Schottische Stadt , bei der |
ebenfalls das Hauptgewicht auf die Stimmung gelegt ist.
Ungleich bedeutender erschienen James Patersons höchst
charakteristische Ansicht von Edinburgh, und des Russen Isaak \
Levitans »Stille«. Auch G. Thomsons Kathedrale« ist ein sehr
gutes Bild. Millie Dow, St. Jves, stellte eine Eva aus, ein
Triptychon, bei dem man sich wieder fragt: warum? — j
Das Mittelbild an und für sich ist ausgezeichnet, und die j
Gestalt der Eva reizvoll, aber weshalb die beiden Seiten- j
bildet? — Der vergnügte Teufel mit den Messingbecken und
den kindlichen Flammen zu seinen Füssen erscheint nicht naiv,
sondern bloss dumm, und ausserdem wird der Beschauer
durch diese beiden Anhängsel zum grossen Schaden des
Malers an grössere Vorbilder erinnert. Muss es denn
immer ein Triptychon sein? — Maxence-Paris zeigt in
seiner »Murmelnden Quelle Vorzüge in Zeichnung, Farbe
und Komposition, die ihm einen hohen Rang anweisen,
P. A. Besnards Aktstudie erhöht durch ihre treffliche Durch-
führung den Respekt vor diesem Meister. — V. Johansen-
Kopenhagen stellte ein sehr gutes, gemütlich wirkendes
Interieur, »Lesende Damen«, aus, und Rudolf Nissl-Miinchen
übertrumpft ihn beinahe noch durch seine Interieurs. Ganz
besonders anziehend ist seine »Näherin«, bei der übrigens
die Hand, welche den Faden hält, vortrefflich gemalt und
die gespannte Aufmerksamkeit beim Einfädeln unübertreff-
lich dargestellt ist. Peter Severin Kriiger's »Rast auf der
Jagd« ist ein Bild, das, voll sonniger Stimmung, guter I
Beobachtung und reizvoller Anordnung des Ganzen,
sehr erfreut. — Diese Empfindung hat man diesmal
weniger vor den Landschaften Mii/ler-Kurzwe/ly's, der
hier mit trockener Farbe ohne tieferes Gefühl gemalt
hat. Diese Bilder wirken kleinlich, ohne dass man aller-
dings sieht, woher gerade dieser Eindruck stammt.
Gotthard Kuehl-Dresden dagegen bewährt in seiner »Johan-
neskirche in München , seiner »Augustusbrücke im Winter«
und »Augustusbrücke am Abend« seine grosse Künstler-
schaft wiederum auf das beste, während sein »Dom in
Danzig nicht so sehr befriedigt. — Ein edles und schönes
Pfänderspiel« von H. Koch, das nicht bloss im Kostüm,
sondern auch in der Malweise etwas altfränkisch wirkt,
ist wohl, ebenso wie einige Porträts von Clara Fischer,
H. Höchstädt und Mathilde Block nur als Konzession an
einzelne überaus »konservative« Besucherindiese Ausstellung
gekommen. Solche Dingerchen werden nach und nach hier
verschwinden und können den guten Eindruck des sonst
Gebotenen nicht beeinträchtigen. Aber wo bleibt auch
dies Gute im Vergleich mit der neuesten Schulte'schen
Ausstellung?! Für heute soll sie nur erwähnt werden.
Sehenswert ist da schon die Sonderausstellung von Adolf
Obst, »Eine Weltreise«, ebenso die von Thaulow, einzelne
Bilder von Ledebur und vortreffliche Gemälde des Zeichners
A. Hengeler. Aber alles versinkt gegen den letzten Saal,
in den ein Fürstengeschlecht seinen Einzug gehalten hat.
die Worpswedes Was für Farben, was für einfache und
doch gewaltige Motive, welche Macht, die sich in ihrer
Uberwindung offenbart. In der Kunsthalle zu Bremen
hängt ein Bild, das vielleicht zu den herrlichsten Land-
schaftsbildern gehört, die je gemalt sind, die »Ruhe«
von Carl Vinnen, und ein anderes ebenfalls wunder-
bares, Der Säugling« von Fritz Mackensen. Von die-
sem Künstler besitzt das Kestner-Museum in Hannover
den »Gottesdienst im Freien«, der für jeden, der das Werk
kennt, ebenso wenig eines Epithetons bedarf, wie -Die I

trauernde Familie« desselben Meisters. Die Nationalgalerie
in Berlin weist bisher keine einzige Schöpfung dieser
grossen Künstler auf — vielleicht wird man sich, wenn
man den »März« oder den »Abend im Moor« von Vinnen,
und »Die Scholle« oder den Herbstwind oder »Früh-
lingssonne im Dorf« von Mackensen, wenn man Modersohn's
Moorhütte« oder »Unwetter«, Overbecks »Sommerwolken
und Vogeler's Sehnsucht« hier nunmehr sieht, veranlasst
fühlen, einiges davon zu erwerben. Den »März« und Die
Scholle sollte man sich jedenfalls nicht entgehen lassen.
Es wäre dringend zu wünschen, dass auch in Berlin, der
deutschen Hauptstadt, einiges von diesen Worpswedern,
diesen grossen deutschen Malern eine bleibende Stätte
finde! — Im höchsten Grade ist es zu bedauern, dass
diese Leute, die dem Vaterlande in der Fremde höchste
Ehre machen würden, auf der Weltausstellung in Paris
nicht vertreten sein werden. p- w-

VEREINE

Berlin. Eine 'Freie Vereinigung der Graphiker^, der
Vertreter der graphischen Kunst, ist in Berlin begründet
worden. Die Vereinigung, deren Vorstand aus dem Kupfer-
stecher Professor Hans Meyer als Vorsitzenden und dem
Kupferstecher Johannes Plato als Schriftführer besteht,
zählt bereits 25 Mitglieder. -u-

AUSGRABUNGEN UND FUNDE

Baden bei Wien. Hier, im alten Aquae der Römer,
wurde zu Beginn des Herbstes 1899 ein kleiner Tempel-
bau in seinen Grundmauern entdeckt, der sich bei näherer
Untersuchung als römisches Mithraeum erwies. Er liegt
idyllisch am Abhänge des jetzigen Calvarienberges in die
Putschanerlucke, eine ziemlich tiefe Schlucht. — Der Kopf-
teil des aufgefundenen araförmigen Altarsteines ist mit
einem Dreieck und zwei seitlichen Rollen geschmückt und
enthält eine elliptisch-schüsseiförmige Opfermulde. Das
Gebäude bestand aus zwei Kammern. Unter den zahl-
reichen Fundstücken fanden sich römische Opfergefässe aus
Thon, Lampen, Münzen, Deckenreste, Plattenziegel, Ein-
fasssteine der Thüröffnungen, eingeritzte bildliche Dar-
stellungen und ein auf den Mithraskult bezügliches Figuren-
relief mit dem bekannten Stieropfer. Es ist aus weichem
Sandstein gemeisselt und noch deutlich erkennbar. Das
Tempelchen erhob sich vor einer schon in prähistorischer
Zeit bewohnten Höhle, wie Gefässreste und Feuerstein-
geräte beweisen, darunter ein Stück schönster vorgeschicht-
licher Kunstübung, die Darstellung eines laufenden hasen-
ähnlichen Tieres, in einen Knochen eingeschnitten. Die
Funde werden im Badener Museum seinerzeit Aufstellung

finden_ RUDOLF BOCK.

VERMISCHTES

Wien. Technische Hochschule. In seiner Antrittsrede
gedachte der aus Prag nach Wien berufene Professor der
Kunstgeschichte, Dr. Joseph Neuwirth, vor seinen zahl-
reichen Zuhörern zunächst in warmen Worten Carl von
Liitzow's, der sich als Lehrer an der technischen Hoch-
schule, sowie als Kunstschriftsteller bleibende Verdienste
erworben. — Hierauf betonte er — zu seinem eigentlichen
Vortrag übergehend — die Notwendigkeit des Anschauungs-
unterrichtes an den Mittelschulen, der, besonders in Ver-
bindung mit dem Zeichnen, die Grundlage für das Lehr-
gebäude der Kunstgeschichte an Hochschulen schaffen
könne. Dann sprach er über diese Disziplin als allgemein
bildendes Fach an Polytechniken sowohl als auch an Univer-
sitäten. Zur Kunst und durch Kunst zu erziehen, zu künst-
 
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