Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 11.1900

DOI Artikel:
Valentin, Veit: Eduard von Steinle's Briefwechsel mit seinen Freunden, [1]: ein Beitrag zur Charakteristik Steinle's
DOI Artikel:
Verschiedenes / Inserate
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5771#0099

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Bücherschau.

1S2

müsste, um an dieser Zeichnung Anstoss zu nehmen.«
Steinle jedoch erklärt, »dass, streng genommen, Over-
beck recht hat. Die liebe herrliche Seele war ver-
führt von der hinreissenden Schönheit Raffaels, Raffael
von der erwachten Antike. Beide, besonders Overbeck,
kamen ganz unschuldig wie Kinder, die mit dem
Feuer spielen, dazu.« Aber auch Steinle kann sich
nicht enthalten, hinzuzufügen: > Das Mass des Fehlers
erscheint mir aber so gering und wird so sehr durch
die Reinheit des ganzen Eindruckes überboten, dass
wir wohl annehmen dürfen, Overbeck sei darin zu
strenge.« Nun hatte aber Fräulein Linder die Zeich-
nung dem Baseler Museum geschenkt. Dieses hätte
sich natürlich die Zeichnung durch einen Engelshosen-
maler nicht verderben lassen: Overbeck wollte schliess-
lich selbst nicht, dass die schöne Zeichnung dadurch
verpfuscht würde. Und Steinle sieht sehr wohl ein,
dass eine Anrührung der Sache in Basel zu einem
Skandal führen würde. So rät denn der weltkluge
fromme Künstler, Overbeck lieber den Sachverhalt, dass
die Zeichnung ausserhalb des Einflusses des Fräulein
Linder steht, nicht mitzuteilen, zumal er ihm, streng
genommen, recht geben müsste«, wie er wiederholt.
Dies hat freilich den geraden offenen Charakter des
Fräulein Linder nicht abgehalten zu thun, was das
Richtige war: sie teilte die Sachlage Overbeck offen
mit, und dieser — schwieg (II, 246/47).

Ein Urteil über Steinle's Verhalten in dieser Sache
zu fällen ist unerfreulich — erklärlich wird es durch
seine andauernde Freundschaft mit den Jesuiten und
seine Begeisterung für diese frommen, weltklugen
Väter. Es steht darum auch nicht vereinzelt da: es
ist vielmehr der Grundton seines Wesens nach einer
ganz bestimmten Seite hin. Man könnte es fast als
ein tragisches Geschick betrachten, dass dieser erz-
römische Maler seine ersten bedeutenden kirch-
lichen Werke für protestantische Auftraggeber und
protestantische Kirchen zu machen hatte. Und
es lassen sich sehr wohl seine Klagen verstehen,
dass er protestantische Altarbilder, aber keine katho-
lischen zu malen bekomme. Aber was sich weniger
verstehen und noch weniger billigen lässt, das ist sein
Verhalten dabei und die Art, wie er sich in vollster
Übereinstimmung mit seinen Korrespondenten römi-
schen Bekenntnisses vor sich selbst und vor ihnen zu
rechtfertigen weiss — denn in der That bedarf es für
ihn bei seiner kirchlichen Überzeugung erst einer
Rechtfertigung, wenn er für protestantische Kirchen
malt! Und wenn man dabei bedenkt, dass gerade
diese Aufträge ihm es überhaupt erst ermöglichten,
in der monumentalen Kunst thätig zu sein, so kann
man keine Freude an dem seltsamen Bild haben, das
sich da vor uns entrollt. Am wichtigsten und für
seine ganze künstlerische Laufbahn entscheidend ist der
Auftrag des Professors Freiherrn von Bethmann-Holl-
weg, die Kapelle seines Schlosses Rheineck auszu-
malen: sie hat Steinle die künstlerische Thätigkeit im
Rheinland eröffnet, die recht eigentlich die Grundlage
seines Lebens geworden ist und der zu Liebe er auch
von seiner Vaterstadt Wien nach Frankfurt überge-
siedelt ist, trotzdem ihm die herrschende protestantische

Atmosphäre dieser Stadt innerlich widerstrebte: wenn
er sie am 15. November 1863 (II, S. 383) nach dem
verfehlten Fürstentag im Ärger über die Politik so
charakterisiert: »Frankfurt wird immer mehr die Pfütze
sein für alles Schlechte«, so mag ihm der derbe Aus-
druck, der nur im vertrauten Verkehr gebraucht worden
und dessen Veröffentlichung nicht ihm zuzuweisen ist,
zu Gute gehalten werden. Die Gesinnung, die ihm
zu Grunde liegt und die die bleibende Auffassung
giebt, steht jedoch in seltsamem Widerspruch zu dem,
was Steinle dieser Stadt Frankfurt zu verdanken hat.
So ist es freilich nicht zu verwundern, wenn man sieht,
wie er sich Bethmann-Hollweg gegenüber verhält.
(Schluss folgt.)

BÜCHERSCHAU

Der Westfälische Friede. Ein Gedenkbuch zur 25ojähr.

Wiederkehr des Tages seines Abschlusses am 24. Okt.

1648 unter Mitwirkung der Prof. Dr. A. Pieper, Dr. E.

Spannagel und des Oberlehrers F. Runge herausgeg.

von Archivrat Dr. F. Philippi. Münster 1898 bei Theissing.

Kleinfolio, reich illustriert.

Dass bei einer würdigen Festschrift über den west-
fälischen Frieden neben den politischen Urkunden auch
die künstlerischen die gebührende Beachtungfinden mussten,
war eine naheliegende Forderung, der die Herausgeber,
insbesondere Prof. Dr. Pieper, in höchst dankenswerter
Weise entsprochen haben. Indem wir die rein historischen
Abschnitte hier übergehen, möchten wir nur kurz auf den
Inhalt der übrigen, für die Kunstgeschichte wertvollen
Kapitel hinweisen. Zu dem Artikel: die Städte des Friedens
sind gute Reproduktion der seltenen Stadtpläne von
Münster vom Jahre 1636, gestochen von Evert Alerdirik,
und von Osnabrück vom Jahre 1633 in Originalgrösse bei-
gegeben, und eine besonders liebevolle Behandlung in
Wort und Bild haben die beiden in allem Reiz ihrer ur-
sprünglichen Renaissanceeinrichtung wohlerhaltenen
Friedenssäle in beiden Städten erfahren. In dem Ab-
schnitte: Leben und Treiben in Münster am Friedens-
kongress interessiert besonders die authentische Schilde-
rung der durch den plötzlichen Zuzug einer so illustren
und absichtlich prunkvoll auftretenden Versammlung fremder
Gäste geschaffenen eigenartigen Verhältnisse. Natürlich
wurde der Mangel an geeigneten Wohnungen schmerzlich
empfunden, aber die Not machte erfinderisch und die an
sich wenig komfortable Einrichtung des westfälischen
Hauses mit der Tenne in der Mitte und den Ställen zu
den Seiten wurde durch Einbauten und reichliche Ver-
wendung von Teppichen wohnlich, ja luxuriös gemacht.
Wahrhaft fürstlich ausgestattet war die Residenz des
Bischofs von Osnabrück, wovon uns das pag. 138 u. 139
mitgeteilte Inventar eine Vorstellung giebt. Das in diesem
Inventar erwähnte Ecce homo von A. Dürer auf Kupfer
gemalt in Birnbaumrahmen dürfte aber gerade dieses Mal-
grundes wegen nur eine Kopie gewesen sein. In dem
Abschnitt: die Maler des westfälischen Friedenskongresses
wird dann ausführlich auf die Thätigkeit der drei Nieder-
ländischen Maler Janbaptist Floris (de Vriendt), Anselm
van Hülle und Gerh. Terborch eingegangen. Seite 184
wird die Quittung des Jan Floris über 340 Th. für die 34
jetzt in der Münsterschen Ratskammer aufgehängten Ge-
sandtenporträts mitgeteilt und der Nachweis versucht, dass
die beiden übrigen Porträts nicht von Terborch, sondern
von W. van Hülle herrühren. Das berühmte Porträtswerk
in Kupferstichen, das van Hülle 1648 zum erstenmal
 
Annotationen