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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 14.1903

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Nekrologe

■28

graphischen Tones, ausgeführt und machen in ihrem statt-
lichen Formate (etwa 33X45 cm Blattfläche) einen sehr
ansprechenden Eindruck. Bei der in Deutschland noch
viel zu wenig geschätzten und bekannten Schönheit
Prags, von der das Werk eine verlockende Vorstellung
giebt, verdient dies »Alt-Prag« weite Verbreitung. Weniger
befreunden — in künstlerischer Hinsicht — können wir
uns mit den Arbeiten Emil fiolarek's; seine »Nacht«, ein
Cyklus von 22 Folioreproduktionen nach Federzeichnungen,
weist zwar manches gute Blatt auf (zumal »Die Nacht der
Arbeit« und »Des Lebens satt«), ist doch aber als Ganzes
und in vielen Einzelheiten allzu tendenziös. Man fühlet
Absicht ... — Noch ein anderes Werk von Holarek legt
uns der Verlag Koci vor: »Reflexionen aus dem Kate-
chismus«, eine Mappe mit 50 in Heliogravüre wieder-
gegebenen Federzeichnungen, die oft wie Radierung wirken.
Der Freund religiöser Kunst wird sich an dem sittlichen
Ernst, mit dem der Künstler seine Schöpfungen prägt, er-
bauen und auch rein künstlerisch gewährt manches Blatt
Vergnügen. Jedenfalls ist die mit vielem Aufwände her-
gestellte Veröffentlichung den christlich gesinnten Kreisen
zu empfehlen.

Schliesslich wäre noch der künstlerisch bedeutungs-
vollsten Publikation von Koci zu gedenken, nämlich der
sechs Pestbilder von Felix Jenewein. Jenewein gehört
jedenfalls zu den bemerkenswertesten gegenwärtigen Künst-
lern Böhmens, wenn gleich seine dem Realen abgewandte
Linienkunst an vergangene Zeiten erinnert. Ein grau-
samer asketischer Zug geht durch die sechs Kompositionen;
jedenfalls sollte Jenewein nach dieser Probe auch in
Deutschland bekannt werden.

Die Handzeichnungen Giuliano's da Sangallo. Kriti-
sches Verzeichnis von Cornel von Fabriczy. Stuttgart 1902.
Kommissionsverlag von Oskar Gerschel.
Im Laufe von wenig Monaten ist unsere Kenntnis des
Lebens und der Werke des Giuliano da Sangallo um zwei
schätzenswerte Beiträge bereichert worden. Allerdings er-
weist sich der Kommentar, welchen R. Falb der Ausgabe
seines Sienesischen Skizzenbuches beigegeben hat, als
wenig ausreichend, aber wir schulden ihm Dank dafür,
dass er die unschätzbaren Blätter in neunundvierzig Faksimile-
Reproduktionen allgemein zugänglich gemacht hat. Fa-
briczy's Arbeit erscheint äusserlich unendlich viel beschei-
dener. Es ist eine 132 Seiten starke Broschüre auf ziem-
lich mittelmässigem Papier gedruckt, der man allerdings
nicht äusserlich ansieht wie hoch ihr wissenschaftlicher
Wert. In diesem unscheinbaren Gewände bietet uns der
Verfasser einen kritischen Katalog der architektonischen
Handzeichnungen eines der grössten Architekten der aus-
gehenden Frührenaissance. Die Sammlung ist eine durch-
aus vollständige zu nennen. Besprochen und beschrieben
werden der Barberini'sche Kodex, das Sieneser Skizzen-
buch, die Handzeichnungen in den Uffizien, in der Floren-
tiner Nationalbibliothek und im Besitz von H. von Gey-
müller. Art und Umfang eines jeden Kodex, seine Her-
kunft, seine Entstehungszeit u. s. w. werden ausführlichst
erörtert; in den Uffizien sind die echten von den falschen
Zeichnungen geschieden worden. Ein ausführliches be-
schreibendes Verzeichnis jeder einzelnen Zeichnung und
eine Darlegung ihres Zusammenhanges mit antiken Vor-
bildern oder Sangallo's eigenen Werken geben der Arbeit
Fabriczy's unschätzbaren Wert. Man möchte wünschen,
es wäre ihm vergönnt gewesen in einer besonderen Aus-
gabe den herrlichen Kodex der Barberina herauszugeben,
der uns wie kaum eine andere Reliquie der Renaissance
Einblick gewährt in die Art und Weise, wie die Architekten
des Quattrocento gezeichnet haben. Aber es wird noch
lange dauern, dass unter den Principi Romani die An-

schauung Raum gewinnt, dass die grossen Denkmäler der
Vergangenheit Gemeingut der Menschheit sind. Fabriczy's
Arbeit ist die reife Frucht jahrelanger Forschungen in
Italien, und wir begrüssen es mit Freuden, dass er uns
für die Zukunft neue Arbeiten über Giuliano da Sangallo
in Aussicht stellt. Durch ein besonders umfangreiches
Register wird die Benutzung der verdienstvollen Publikation
wesentlich erleichtert. E. St.

Eins der wichtigsten Denkmäler römischer Weltherr-
herrschaft, die Ära Pacis des Augustus, ist soeben in
einer vornehmen Publikation von Professor Eugen Petersen
herausgegeben und rekonstruiert worden. Die Fragmente
dieses Friedensheiligtums sind in Rom, Florenz, Wien und
England zerstreut. Sie sind zum Teil sogar noch hoch oben in
der Fassade der Villa Medici auf dem Pincio eingemauert.
Diese Rekonstruktion gehört zu den bedeutendsten Lei-
stungen der modernen Altertumswissenschaft, sie ist ein
glänzendes Zeugnis dessen, was menschlicher Scharfsinn
zu leisten vermag, seit uns durch die Photographie die
Mittel zu vergleichender Stilkritik an die Hand gegeben
sind. Jedes der Fragmeute hat in der Rekonstruktion
seinen Platz erhalten und der Grundriss des Altarbaues,
welcher unter dem Palazzo Fiano am Corso begraben liegt,
konnte mit vollständiger Sicherheit bestimmt werden. Was
diese Publikation vor den meisten ähnlichen Rekonstruktions-
versuchen auszeichnet, ist der Umstand, dass keine Hypo-
thesen, sondern Forschungsresultate, mit mathematischer
Genauigkeit berechnet, dargeboten werden. Ein besonderer
Tafelband ist dem Texte beigegeben, welcher auch die
Reliefs der Villa Medici enthält, die wir bis dahin über-
haupt noch nicht in zuverlässigen Nachbildungen besassen.
Die Stadt Rom darf dein Verfasser dankbar sein für dies
Geschenk, welches wie kein anderes Denkmal jener Zeit
geeignet ist, unsere Vorstellungen und Begriffe von
Augustaeischer Kunst zu erweitern und zu klären.

E. st.

NEKROLOGE

Emile Zola's Tod bedeutet auch den Verlust eines
der grössten und wirkungsvollsten Kunstkritiker unseres
Jahrhunderts. Wenn man heute liest, was Zola in den
sechziger Jahren über Manet und dessen Kunstrichtung
geschrieben hat, so kommt man aus dem Staunen über
diesen wahrhaft prophetischen Geist nicht heraus. Eine
seiner ersten kunstkritischen Studien befasste sich mit
Courbet und hier hat er die später weltberühmten Worte
gesprochen: »II faut avant tout que je retrouve un homme
dans chaque oeuvre, ou l'ceuvre me laisse froid. Ma de-
finition d'une oeuvre d'art serait, si je la formulais: Une
oeuvre d'art est un coin de la creation vu ä travers un
temperament«. Übrigens war Zola auch Kunstsammler
und wer zum ersten Male die Schwelle seines Hauses
in Paris überschritt, war geradezu verblüfft durch das
Sammelsurium von Kurositäten, den kleinen und grossen
Kunstwerken aus aller Herren Länder. Vorflur, Treppen-
haus und die Zimmer waren derart mit Kunstgegenständen
überladen, dass das Ganze beinahe beängstigend wirkte.

Patriz Huber, der erst vierundzwanzigjährige Darm-
städter Künstler, dessen Arbeiten sich unter den übrigen
»Dokumenten deutscher Kunst« durch praktische Brauch-
barkeit und Solidität vorteilhaft hervorgethan hatten, hat
sich Ende September in Berlin das Leben genommen. Die
Gründe sind privater Natur.

Der bekannte Glasmaler Professor Linnemann in
Frankfurt ist am 22. September dort im Alter von 63 Jahren
gestorben. Das Kunstgewerbeblatt hat erst vor einigen
Monaten einige seiner trefflichen Arbeiten veröffentlicht.
 
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