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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 14.1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.5810#0060

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Sammlungen und Ausstellungen

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Gutes gestiftet haben, für die Abendbeleuchtung Propaganda.
Diesem Drängen hat jetzt die Museumsverwaltung durch
Veranstaltung einer Probe nachgegeben. Indem wir sagen
»nachgegeben«, ist schon die Stellung der Verwaltung an-
gedeutet. Sie sträubt sich gegen solche Einrichtung —
mehr sogar, als die Vorkämpfer, nach ihren jetzigen Sieges-
berichten zu schliessen, glauben. Man hat den Versuch
gemacht, weil er vom Kaiser gewünscht wurde. Warum
aber das hartnäckige Zaudern der Museumsleute? — Aus
Geldrücksichten? Der Griff in den Staatssäckel wäre zu
verschmerzen, wenn eine entsprechende Bereicherung der
Volksbildung zu erreichen wäre. Aber dann müsste aller-
dings diese Bereicherung sehr gross sein; denn um z. B.
alle Berliner Museen täglich von 7—10 Uhr abends zu
beleuchten, wäre nach fachmännischer Berechnung ein
jährlicher Aufwand von etwa einer Million Mark erforder-
lich. Gut, sagen die anderen, beleuchtet nur einen Teil,
ein paar besondere Säle, in die eine Auswahl des Schönsten
nnd Leichtverdaulichen zusammengetragen und quartals-
weise gewechselt wird. Ein einleuchtender Gedanke;
wenn sich nur nicht gleich wieder ein paar fatale »aber«
einstellen würden: beleuchtet man einige Säle und lässt
das andere im Dunkel, so wächst die Diebesgefahr ins
Ausserordentliche. Und zur raschen Zerstörung der Kunst-
werke führt mit erfahrungsgemässer Sicherheit das Hin-
und Herbewegen der Objekte (wie sehr sträuben sich
deshalb die Galerien, Bilder zum Photographieren von
der Wand zu nehmen!). Dann aber die beiden allge-
meinen Gefahren des elektrischen Lichtes: Feuersbrunst
durch Kurzschluss und Zerstörung der Gemälde durch
die pralle Beleuchtung. In den letzten Tagen sind ja
wieder erst in Budapest kostbare Gemälde in einer
elektrisch beleuchteten Ausstellung verbrannt. Gerade
gegen diese Gefahr kennt die Technik noch keine sichere
Abwehr. Solchen Möglichkeiten unersetzliche Schätze
preiszugeben, wäre sträflich.

Aber ehe solche und noch manche andere Bedenklich-
keiten ins Treffen geführt werden, muss doch erst einmal
die Grundfrage erörtert werden: ist ein Bedürfnis für das
Abendmuseum da? Die Antwort kann zum Teil aus dem
Londoner Vorbild gefolgert werden. Dort hat das British
Museum seit vielen Jahren Abendbeleuchtung. Aber der
Besuch ist so geringfügig (jeder Besucher kostet 45 Mark
Beleuchtung!) und seiner Qualität nach so ganz und gar
nicht der Menschenschlag, den man mit der Einrichtung
zu beschenken gedachte, dass man jüngst die ganze Sache
als zwecklos aufgegeben hat. Im South-Kensington liegen
die Verhältnisse ebenso, aber man hält aus alter Tradition
an dem hier von Anfang an geübten Brauche fest. Jeden-
falls: Arbeiter findet man höchst spärlich in den er-
leuchteten Sälen. Das ist auch nicht verwunderlich; man
kann eben abends nicht mehr die geistige Spannkraft
haben, um die subtile Verarbeitung des Eindruckes von
Werken der bildenden Kunst zu verrichten. Jedenfalls
ermutigend ist das englische Beispiel wahrlich nicht.

Trotz all dieser Schwierigkeiten finden wir es doch
nur recht und billig, dass man der guten Idee zuliebe
mal einen Versuch gemacht hat. Der Lichthof des Ber-
liner Kunstgewerbemuseums ist mit allerlei Prachtstücken
deutscher und italienischer Renaissance geschmückt, die
einen reizvollen, prächtigen Accord geben. Die Beleuchtung
(Bogenlampen ausserhalb des Glasdaches) ist reichlich
und angenehm. Es lustwandelt sich sehr behaglich in
dem schönen Räume — aber, der Wahrheit die Ehre:
trotz allen Zeitungslärmes sahen wir am dritten Abend
nur weniger Besucher, als man an jedem Vormittage zu
treffen pflegt und es waren samt und sonders obere Zehn-
tausend. Den Blousenmann haben wir vergeblich gesucht.

Doch das ist zunächst belanglos. Denn die Propagatoren
der Abendbeleuchtung haben bewiesen, dass sie die Ar-
beiter für die Kunst zu interessieren und empfänglich zu
machen verstehen. Sie würden wohl auch hier stark be-
' suchte und nützliche Führungen zu stände bringen.

Erwägt man alles Für und Wider, so tritt die Feuers-
gefahr als eines der wichtigsten Momente immer stärker
hervor. Einer sympathischen volkstümlichen Idee zuliebe un-
wiederbringliche Kunstwerke aufs Spiel setzen, schiene uns
leichtsinnig.

Das Berliner Kupferstichkabinett ist dem Besuch
des Publikums wieder wie gewöhnlich geöffnet, nachdem
der daselbst vorgenommene Umbau nunmehr beendigt ist.
Gleichzeitig wird eine Ausstellung von Zeichnungen
italienischer Meister vornehmlich des 15. und 16. Jahr-
hunderts eröffnet. Diese Zeichnungen bilden einen Teil
der vom Kupferstichkabinett vor kurzem erworbenen grossen,
an 4000 Blätter zählenden Sammlung des Herrn Adolf von
Beckerath in Berlin. Die mit seltener Sachkenntnis in langen
Jahren zusammengebrachte Sammlung hat ihre Hauptstärke
in den Zeichnungen italienischer Meister des 15. und 16.
und niederländischer Maler des 18. Jahrhunderts. In Fach-
kreisen überall wohlbekannt, ist sie als Privatsammlung
nicht nur in Deutschland, sondern überhaupt eine der her-
vorragendsten gewesen. Weitgehendes patriotisches Ent-
gegenkommen ihres früheren Besitzers hat dem Museum
die Erwerbung ermöglicht. Die Berliner Sammlung alter
Zeichnungen wird hinter den grossen ausländischen Insti-
tuten nun nicht mehr so erheblich wie früher zurückstehen.
Die Ausstellung bleibt den Winter über geöffnet. Andere
Partien der Beckerath'schen Sammlung werden späterhin
zur Ausstellung gelangen.

Die Ausstellung von Kunstwerken aus Hallischem
Privatbesitz. Der Kunstverein und Kunstgewerbeverein
in Halle haben es vereint unternommen, eine Revue über
die privaten Kunstschätze in der Stadt zu veranstalten und
dieselben in einer intimen Ausstellung zu vereinigen. In
sieben Zimmern eines Privathauses in der Karlstrasse 33
sind vom 25. Oktober bis zum 10. November insgesamt
809 Nummern: Gemälde, antike und moderne Skulpturen
und kunstgewerbliche Arbeiten so zur Aufstellung ge-
kommen, dass man bei der Besichtigung nicht in einer
Ausstellung, sondern in den Räumen eines etwas universell
sammelnden Liebhabers zu sein meint. Zuerst betritt man
im Untergeschoss die Gemäldesammlung, die über hundert
Ölgemälde, vorwiegend der zweiten Hälfte des 19. Jahr-
hunderts und meist kleinen Formates, umfasst. Man sieht
da unter vielen wenig importanten Bildern auch einige
interessante Stücke, z. B. eine norwegische Landschaft von
Andr. Achenbach, einen Kinderkopf von Fr. von Defregger,
Tierbilder von Gebler, Kröner und Meyerheim, zwei
Mädchenköpfe und eine Affengruppe von Gabriel Max,
die Kopfstudie eines Bauern von A. von Menzel, ein Herrn-
porträtvon Fr. vonLenbach, eine Landschaft von HansThoma
und ein sehr dunkles Waldinterieur mit der Flucht nach
Ägypten von Fr. von Uhde. Von den jüngeren nenne ich
noch Eug. Bracht, Jul. und Wilh. Diez, W. Leistikow,
M. Liebermann, Schultze-Naumburg und Hans von Volk-
mann, der ein Sohn dieser Stadt ist. Auch unter den Aqua-
rellen und Skizzen, für die ein kleines Kabinett eingerichtet
ist, befinden sich einige interessante Blätter, wie die von
Ludw. Richter, Schnorr von Carolsfeld, Dreber-Franz, Menzel
und Lenbach.

Im Obergeschoss lockt zuerst beim Eintritt die grelle
Farbenpracht eines mit japanischen und chinesischen Stoffen,
Möbeln und Ziergeräten etwas gehäuft drapierten Zimmers;
daran schliesst sich ein grösserer Raum, der mit seinen
Möbeln und Bildern vorwiegend dem 18. Jahrhundert ge-
 
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