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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 14.1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.5810#0061

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Sammlungen und Ausstellungen

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widmet ist. Hier hängt eins der Hauptstücke der Aus-
stellung, das lebensgrosse Vollporträt Friedrich's des Grossen
als elfjähriger Knabe, von Antoine Pesne 1724 gemalt
(wie eine lateinische Inschrift auf der Rückseite meldet).
Der Prinz trägt die Offiziersuniform der Leibgarde und hält
Sponton und Dreispitz in den Händen. Es ist interessant,
mit dieser sympathischen Leistung des preussischen Hof-
malers ein daneben hängendes, fein ausgeführtes Werk des
etwas jüngeren sächsischen Hofmalers Anton Graff zu ver-
gleichen, nämlich das lebensgrosse Brustbild des Ministers
Grafen H. von Brühl in leuchtend roter Staatskleidung.
Unter den übrigen Gemälden fällt ein Ecce homo auf, offen-
bar das Mittelstück einer Predella, florentinisch vom Ende
des 15. Jahrhunderts in Tempera, dessen Mittelgruppe
Christus in Halbfigur in einem antiken Sarkophage stehend
und von zwei Engeln flankiert, ganz die feine Formengebung
von Filippino Lippi trägt, während die beiden adorierenden
Bischöfe rechts und links überschmiert oder von geringerer
Hand hinzugemalt sind. Sehr beachtenswert erscheint auch
eine kleine Ölskizze zu oder nach dem Vollporträt Philipp's IV.
im Prado von Velazquez. Auf jeden Fall ist diese Skizze
alt und von meisterhafter Ausführung.

Unter den plastischen Werken befinden sich auch einige
antike, z. B. ein lebensgrosser Bronzekopf eines Jünglings,
angeblich in Ventimiglia ausgegraben. Es ist die fast ganz
getreue Wiederholung des Kopfes vom Polykletischen Dory-
phoros in der römischen Nachbildung im Museum zu
Neapel und allem Anschein nach Bruchstück einer eben-
solchen römischen Arbeit.

Zum Schluss möchte ich noch auf das Schränkchen
mit auserlesenen Proben von Porzellan aus den nam-
haftesten Manufakturen des 18. Jahrhunderts und auf einen
schönen Limogesteller mit der Darstellung einer Schafschur
in farbenprächtiger Malerei hinweisen. Ein ausführlicher,
mit 65 Abbildungen illustrierter Katalog orientiert im
einzelnen über diese interessante Ausstellung. b.

Eine Ausstellung von Kunstwerken aus Elberfelder
Privatbesitz ist gegenwärtig im Elberfelder Museum
veranstaltet und findet sehr starken Zuspruch. — Das
hauptsächlichste künstlerische Ereignis für Elberfeld bildet
das Museum selbst, welches vor wenigen Wochen er-
öffnet worden ist. Bei dem werkthätigen Interesse der
dortigen Bürger steht zu erwarten, dass diese Schöpfung
sich in wenigen Jahren zu einem stattlichen Museum aus-
gewachsen haben wird.

Der Verein für Deutsches Kunstgewerbe in Berlin
feiert sein fünfundzwanzigjähriges Bestehen durch eine
Ausstellung in den Räumen der alten Kunstakademie,
die einen wirklich interessanten Überblick über die gegen-
wärtige Leistung des Berliner Kunstgewerbes gewährt.
Auf die Darbietungen einzugehen, ist nicht in dieser Zeit-
schrift der Ort: das »Kunstgewerbeblatt« wird sich aus-
führlich damit befassen. Aber der günstige Gesamteindruck
sei konstatiert. Es zeigt sich überall viel Tüchtigkeit, wenn
auch gerade führende und für ganz Deutschland mass-
gebende Begabungen sich unter den Ausstellern nicht
finden lassen. Der moderne Dekorationsstil herrscht in
allen Zweigen des repräsentativen Berliner Kunstgewerbes
vor und tritt — vielleicht dank einer sorgfältigen Jury? —
ruhig und ohne jede unkünstlerische Übertreibung auf.
Denkt man an die Möbelkojen der grossen Berliner Kunst-
ausstellungen, so empfindet man hier einen starken Fort-
schritt. Der »Clou« der Veranstaltung sind die Schmuck-
sachen der Firma Gebrüder Friedländer, die von Lukas
von Cranach, einem Nachfahren des Altmeisters, entworfen
sind. Lustige Sächelchen, ganz und gar nicht pariserisch,
naturwüchsig (besonders das famose Kohlblatt), hin und

wieder auch von einer — wie man unwillkürlich sagen
möchte — cranachischen Trockenheit und Derbheit. Doch
der Löwenanteil am Lobe der ganzen Ausstellung gebührt
dem Professor Alfred Granander. Er hat die Raum-
einteilung und Dekoration mit ausgezeichnetem Geschmack
gelöst; man erkennt die wohlbekannten Räume des Uhr-
saales u. s. w. gar nicht mehr wieder. Es ist auch gar
zu lustig, dass sich die alte Akademie solche moderne
Invasion an Decken und Wänden gefallen lassen musste.
Selbst ein secessionistisches Eingangsportal hat man dem
grauen Kasten vorgehängt! Oh, oh!

Die bekannte Leipziger Kunsthandlung Pietro del
Vecchio hat gegenwärtig wieder einige interessante Aus-
stellungen gemacht. In Sonderheit ist eine Kollektion
neuerer Arbeiten des Leipziger Pastellisten Anton Klam-
roth zu erwähnen, darunter ein Bildnis des Königs Georg,
sowie eine Reihe nach neuer Methode hergestellter Stoff-
kompositionen und Applikationen des Fräulein Else Gröber,
welche in technischer, wie künstlerischer Beziehung sehr
interessant sind.

In Dresden plant man aus Anlass der Sächsischen
Kunstausstellung 1903 eine Ludwig Richter-Ausstellung,
deren Idee sich wohl der wärmsten Sympathie aller deut-
schen Kunstfreunde zu erfreuen haben wird. Wir geben
deshalb hier dem Aufruf, des Komitees, an dessen Spitze
Karl Woermann steht, wörtlich Raum:

Die Dresdner Kunstgenossenschaft betrachtet es als
eine Ehren- und Herzenspflicht, den hundertsten Ge-
burtstag Ludwig Richter's (28. September 1903), des
deutschesten der deutschen Meister des 19. Jahrhun-
derts, durch eine Zusammenstellung und Ausstellung der
Schöpfungen, die sein Lebenswerk ausmachen, zu feiern.
Sie richtet daher die herzliche Bitte an alle Vorstände
deutscher Kunstsammlungen und an alle Kunstfreunde,
die sich im Besitze von Ölgemälden, Wasserfarbenbildern
und Zeichnungen Ludwig Richter's befinden, die der
Ehrung des Meisters gewidmete Ausstellung durch die
Zusendung und leihweise Überlassung der besten Werke
seiner Hand für die Dauer der Ausstellung gütigst zu
unterstützen. Handelt es sich doch um den deutschen
Meister des 19. Jahrhunderts, dessen Kunst ein so treues
Spiegelbild aller gemütvollsten und heiligsten Empfindungen
des deutschen Volksherzens ist, wie die Kunst keines
zweiten Meisters. Ist doch kein Dresdner Künstler dem
ganzen deutschen Volke, Alt und Jung, in Schloss und
Hütte, in gleichem Masse ans Herz gewachsen, wie unser
Ludwig Richter! und fällt Dresden, der Vaterstadt des
Meisters, daher doch von selbst die Aufgabe zu, sein
Andenken zu ehren und zu unterhalten Die Ludwig
Richter-Ausstellung, die Gemälde, Wasserfarbenblätter
und Zeichnungen des Meisters umfassen soll, während
das Königliche Kupferstichkabinett zu Dresden gleich-
zeitig eine Ausstellung seiner Druckwerke veranstaltet,
wird eine besondere Abteilung der »Sächsischen Kunst-
ausstellung Dresden 1903« bilden, die die Dresdner Kunst-
genossenschaft in den Räumen des massiven akademischen
Ausstellungsgebäudes auf der Brühl'schen Terrasse unter
dem Schutze Seiner Majestät des Königs Georg vom
Mai bis September 1903 veranstaltet. Selbstverständlich
trägt das Ausstellungsunternehmen in üblicher Weise die
Versand- und Versicherungskosten.

Die Leitung der Abteilung Ludwig Richter-Ausstellung
hat der Direktor der Königlichen Gemäldegalerie, Ge-
heimer Hofrat Professor Dr. Karl Woermann, übernommen,
an dessen Adresse in der Königlichen Gemäldegalerie die
Zuschriften und Zusendungen für die Ludwig Richter-
Ausstellung erbeten werden.
 
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