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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 14.1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.5810#0070

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H7

Ausgrabungen und Funde. — Wettbewerbe. — Vom Kunstmarkt

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achtenswert, welche das Germanische Museum bewahrt
(p. 494), dann die ansprechende Vermutung, dass die
Kirchenlehrer, welche von Fra Angelico in der Laurentius-
kapelle gemalt sind (p. 517J), sich auf den Inhalt der
Bibliothek Nikolaus' V. beziehen, endlich die Berichtigung
der oft wiederholten Legende, dass Nikolaus V. die Grab-
schrift Fra Angelico's verfasst haben soll (p. 5233). Überall
spürt man die unendliche Sorgfalt, mit welcher Pastor den
ganzen ungeheuren Stoff noch einmal durchgearbeitet hat,
überall das Bestreben seiner Papstgeschichte auch als Nach-
schlagewerk den denkbar grössten Wert zu verleihen.
Einige neue Dokumente (z. B. ein sehr wichtiges über
den Tod des Kardinals Vitelleschi, vgl. Anhang Nr. 21a)
sind auch dieser Auflage beigefügt, welcher im nächsten
Jahre auch der zweite Band in dritter Auflage folgen wird.

e. St.

AUSGRABUNGEN UND FUNDE
Eine neue und sehr überzeugende Erklärung von
Tizian's »Himmlischer und irdischer Liebe« giebt
J. M. Palmarini im Augustheft 1902 der »Nuova Antologia«.
Er führt den Inhalt der Darstellung auf Bojardo's Orlando
Innamorato und Ariost's Orlando Furioso zurück, die uns
beide den fahrenden Ritter beschreiben, wie er auf seinen
Abenteuern in den Wald von Ardenna gerät, wo er einen
Brunnen sieht, ganz aus herrlichstem Alabaster gearbeitet
und mit klarsten Wasserfluten angefüllt. Das ist der
Brunnen, der die Liebe löscht, und unweit fiiesst ein
anderes Wasser, wer davon trinkt, der ist der Liebe ver-
fallen. Im ersten Quell badet Cupido seine Pfeile von
Blei, will er die Liebe ertöten, im anderen aber wäscht
er seine goldenen Geschosse, will er die Liebe entflammen.
Palmarini meint nun, in Tizian's Bilde sei der Quell der
Liebe in Ardenna dargestellt, über welchen sich eben
Amor beugt, seine goldenen Pfeile mit dem Liebeszauber
zu tränken. Er führt im einzelnen aus, wie die Motive
der Landschaft, die Jagd- und Liebesscenen, der Wald und
das Wasser genau nach der Beschreibung Bojardo's ent-
worfen sind, und er geht dann zur Erklärung der Frauen-
gestalten über. Ganz neu ist es zunächst, dass er das
Gefäss, auf welchem die vornehm gekleidete Frau den
linken Arm stützt, nichts anderes ist als ein »Caldano«,
ein Kohlengefäss, wie man es damals brauchte, um sich
die Hände und Füsse zu wärmen. Eine von vielen geteilte
Vermutung dagegen ist es, dass beide Frauen dieselben
Züge tragen. Palmarini erkennt in ihr die Geliebte und
spätere Gemahlin des Alphonso d'Este von Ferrara, Laura
Dianti, die in der höfisch gekleideten, kalten und vor-
nehmen Dame dargestellt ist, wie ihre Lippen noch nicht
das gefährliche Wasser berührt haben, während sie gegen-
über noch einmal geschildert ist, fast völlig unbekleidet,
Liebe zu geben und Liebe zu empfangen bereit, nachdem
sie aus der Schale neben ihr an dem Quell getrunken hat.
Palmarini weist endlich auf einen Brief Tizian's an den
Herzog von Ferrara hin, in dem von einer »Informazione«
die Rede ist, so schön und gedankenvoll, dass man für
ein Gemälde nichts Schöneres erfinden könne. Dieser
Vorschlag des Herzogs aber habe sich auf die Darstellung
der »Fönte di Ardenna« bezogen und Ariost, der dem
Künstler und dem Herzog in gleicher Weise zugethan
war, habe aus seinen eigenen Versen und denen Bojardo's
seinem Herrn diesen Gegenstand zuerst nahe gelegt. Das
Bild sei endlich in den Jahren 1518 — 20 gemalt und später
aus dem Besitz der Este in den des Kardinals Borghese
gelangt. »Die Liebesquelle in denArdennen« würden wir also
nach Palmarini's sehr überzeugenden Ausführungen das
berühmte Bild der Galerie Borghese zu nennen haben und
in der Dargestellten sei Laura Dianti zu erkennen, erst

kalt und abwehrend, dann von Liebe erfüllt. Besonders
zutreffend ist Palmarini's Erklärung auch für den Cupido,
der so vollständig von der Aufgabe hingenommen er-
scheint, seine Pfeile mit dem Liebesquell zu tränken. Hier
und dort wird man die Ausführungen Palmarini's vielleicht
einschränken können; in der Hauptsache erscheinen sie
unanfechtbar. Und somit scheint endlich die viel gesuchte
Erklärung eines der herrlichsten Bilder Tizian's gefunden
zu sein. e. st.

Subiaco. Ein Tafelbild des Antoniazzo Romano hat
F. Hermanin in San Francesco in Subiaco auf dem Hoch-
altar entdeckt. Das Triptychon zeigt in der Mitte die
Madonna mit dem Kinde, auf den Seitenflügeln den hl. Franz
und den hl. Antonius. Das Gemälde ist bezeichnet auf
der Predella: A. D. M. CCCCLXVII. ANTONIVS DE
ROMA ME PINXIT • DIE • II • OCTOBRIS. Es ist aufs
beste erhalten und zeigt den römischen Meister stark unter
dem Einflüsse des Melozzo da Forli. Hermanin hat seine
schöne Entdeckung, leider noch ohne Abbildung, im neu-
erschienenen Bullettino della Societä Filologica Romana
Nr. 3 publiziert. f.. St.

WETTBEWERBE
Der Schweizerische Bundesrat erlässt ein inter-
nationales Preisausschreiben für ein Denkmal zur Erinne-
rung an die Gründung des Weltpostvereins in Bern. Die
Preise betragen 15000 Franken. Die Entscheidung fällt
September 1903.

VOM KUNSTMARKT
London. Die seit etwas mehr als Jahresfrist in Lon-
don monatlich erscheinende Kunstzeitschrift »The Con-
noisseur« bringt unter anderem auch regelmässige und

1 eingehende Berichte über die daselbst stattfindenden Ver-
steigerungen von Erzeugnissen der Kunst und des Kunst-
gewerbes. Diese früher nur sehr vereinzelt und unvoll-
ständig nach Deutschland gelangten Berichte lassen in
ihrem Zusammenhange erkennen, in wie grossem Umfange
auch in England sich ein Besitzwechsel von wertvollen
Kunstgegenständen vollzieht, und zeigen weiter, dass Lon-
don in Bezug auf die ganz ausserordentliche, man könnte
beinahe sagen schwindelnde Höhe der gezahlten Preise
für ältere kunstgewerbliche Arbeiten, die ja hier allein in
Betracht kommen können, jetzt an erster Stelle steht und
Paris den Rang abgelaufen hat.

Eine bemerkenswerte Erscheinung ist es auch, dass
in England der Sammeleifer sich mehrfach auf ganz eng
umgrenzten Gebieten bethätigt, auf denen dann aber sehr

i vollständige Reihen zusammengebracht werden. So ist
beispielsweise vor einigen Monaten eine grössere, aus-
schliesslich aus Arbeiten des berühmten englischen Kera-
mikers Josiah Wedgwood bestehende Sammlung unter
den Hammer gekommen und ihre 140 Lose haben einen
Erlös von 4700 Pfund Sterling gebracht. Ein typisches
Beispiel für die sehr grossen Schwankungen in der Wert-
schätzung künstlerischer Arbeiten bietet ein in dieser
Sammlung befindlich gewesenes Exemplar der seltenen
ersten Nachbildungen Wedgwood's von der berühmten
Portland-Vase des Britischen Museums. Auf diese, in
jahrelanger Arbeit und mit ganz ausnehmender Sorgfalt
von ihm hergestellten Nachbildungen, von denen schwer-
lich jemals mehr als dreissig Exemplare vorhanden gewesen
sind, hatte Wedgwood im Jahre 1790, damaligem Ge-
brauche gemäss, eine Subskription zum Preise von 50
Guineer, für das Stück eröffnet. Im Jahre 1849 brachte
eine solche Vase in einer Versteigerung nicht mehr als
20 Pf. St., im Jahre 1856 eine andere 50 Pf. St., 1873 wur-
 
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