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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 14.1903

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245

Wettbewerbe — Vom Kunstmarkt

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und dann wieder bloss moderne Arbeiten enthalten. Zu-
nächst ist mit einer Textilausstellung begonnen und es
sind da Gobelins, gewirkte Stuhlkissen, Hamburger Arbeit
des 17. Jahrhunderts, ferner norwegische und schwedische
Wirkereien in Wolle, moderne japanische Seidenarbeiten
und antike römisch-ägyptische Wollenwirkereien ausgestellt.

Das Leipziger Museum hat aus der gegenwärtig
im Kunstverein befindlichen Kollektivausstellung von Karl
Haider in Schliersee ein grosses Landschaftsbild »Mühl-
sturzspitzen« für den Preis von 4000 M. angekauft.

Karlsruhe. Auf die Hochflut des vergangenen Sommers
und seiner internationalen Kunstausstellung macht sich die
gewohnte Stille des Karlsruher Kunstlebens in diesem Jahre
doppelt fühlbar. Mehr als sonst in Malerstädten, und
vielleicht nicht zum Nachteil der Kunst selbst, pflegt sich
bei uns das Kunstleben vor der lauten Öffentlichkeit
zurückzuziehen. Freilich bekommt dabei der Karlsruher
von dem, was in den hiesigen Ateliers geschaffen wird,
verhältnismässig wenig zu sehen. Karlsruhe ist eben
Kunststadt, aber kein Kunstmarkt. Das, was hier allenfalls
Kunsthandel genannt zu werden verdient, beschränkt sich
ausschliesslich auf den Kunstverein. Und der hiesige
krankt trotz mancher Vorzüge an dem gleichen Übel wie
die meisten dieser Institute: vor allem an dem Mangel
einer prinzipiellen künstlerischen Jurierung. So anerkennens-
werte und zum Teil auch erfolgreiche Mühe sich der Kon-
servator giebt, die Ausstellungen auf einer erträglichen künst-
lerischen Höhe zu halten, namentlich das Prinzip der lokalen
Privilegien abzuwehren und der auswärtigen Kunst völlige
Oleichberechtigung zu wahren, so ist es doch nicht mög-
lich, die Spreu so weit von dem Weizen zu sondern, dass
ein durchaus vornehmes oder auch nur einwandfreies
Milieu zu stände käme. Das könnte nur durch eine Reform
der Organisation erreicht werden. So mag es kommen,
dass trotz des Interesses, welches das Publikum dem
Kunstverein entgegenbringt und trotz der mustergültigen
Ausstellungsräume, unter den Karlsruher Künstlern eine
gewisse Reserve herrscht. Oerade die ersten unter ihnen
sind meist recht seltene Gäste, man muss Hans Thoma
dankbar sein, dass er eine Ausnahme macht. Er hat zur
Zeit wieder eine grössere Kollektion ausgestellt, teils
neueren Datums (wie der > Feigenbaum« mit dem flöten-
blasenden Jüngling von 1901), teils ganz oder in der
Hauptsache der Entstehung Werke aus früherer Zeit: in
dieser Zusammenstellung um so charakteristischer für den
Umschwung der koloristischen Anschauung, der sich in
den letzten Jahren bei Thoma vollzogen hat. Auf die tiefen
und bei aller Klarheit gedämpften Töne, die runden,
vollen und geschlossenen Accorde einer dämmerigen, aus-
gleichenden Beleuchtung ist eine immer entschiedenere
Vorliebe für helle Farbe, klares Licht gefolgt, in dem die
Gegensätze der Farben stärker und unvermittelter gegen-
einander auftreten, zugleich auch die Wirkung des Linearen
sich verstärkt. Damit bewegt sich die Entwickelung der
Thoma'schen Kunstsprache immer mehr in der Richtung
einer flächenmässigen, konturalen Stilisierung von Form
und Farbe. Charakteristische Beispiele der älteren Periode,
die ihren Höhepunkt etwa seit dem Ende der siebziger
Jahre erreicht hatte, sind die trotz ihrer frühen Konzeptions-
zeit jetzt zu erstenmal ausgestellten Werke wie das
Frauenporträt (Frau Thoma mit offenem Haar und rotem
Kleid) von 1883, das »Meerwunder« mit seinem prickelnden,
auf Grün und Graubraun gestimmten Kolorismus, eine
»Abendglut« von ungewöhnlicher Leuchtkraft der Farbe,
ein ausserordentlich interessant und stilvoll gezeichneter
männlicher »Studienkopf« von 1880.

Auch die Grossherzogliche Gemäldegalerie ist neuestens
durch einen Thoma'schen Kinderreigen« aus dem Jahre

1878'), ein Geschenk des Künstlers bereichert worden.
Bei dieser Gelegenheit sei übrigens auf einen Missstand
hingewiesen, der sich in der hiesigen Kunsthalle trotz des
vor wenigen Jahren ausgeführten Ausbau wieder aufs
neue geltend macht: die Überfüllung. So mussten z. B.
die in einem Raum untergebrachten Erwerbungen aus der
Jubiläumsausstellung so dicht zusammengehängt werden,
dass die einzelnen Stücke dieser auserlesenen Sammlung
sich gegenseitig in bedauernswerter Weise beeinträchtigen.
Wäre da nicht Abhilfe möglich, entweder durch Aus-
schaltung unzweifelhaften Ballastes (wozu ja schon ein
Anlauf genommen ist) oder durch abermalige Erweiterung
der Räume oder noch besser durch beides zugleich!

K. Widmer.

WETTBEWERBE

Bei dem Wettbewerb um eine Plakette aus dem

Österreichischen Hoftitel-Taxfond erhielt der Bildhauer
Wilhelm Hejda den ersten Preis.

VOM KUNSTMARKT

Über die erstaunliche Steigerung, die die Preise der
Gemälde Segantini's in den letzten Jahren erfahren
haben, haben wir uns an dieser Stelle schon des öfteren
ausgelassen. Ein bekannter Dresdner Sammler z. B., den
wir neulich besuchten, zeigte uns einen vortrefflichen
Segantini mit der Frage, wie hoch wir ihn wohl schätzen;
wir antworteten 50000 M., er sagte, man hätte ihm schon
75000 M. dafür geboten, er selbst habe aber das Bild vor
zehn Jahren um etwa 2000 M. erstanden. — Hierzu bietet
eine weitere Illustration eine Mitteilung der Frankfurter
Zeitung, in der der Berichterstatter mit einem Kataloge
der Arnold'schen Kunsthandlung aus dem Jahre 1896 über
eine Segantiniausstellung in die jetzt ebenfalls in Dresden
stattfindende Segantiniausstellung sich begeben hat. In
diesen Katalog sind die Preise eingetragen, die der Kunst-
händler damals für die Bilder verlangte und hiermit ver-
gleicht der Referent die heutigen Forderungen. Das Ge-
mälde »Alpen im Mai« wurde damals für 3000 M. aus-
geboten und kostet heute 40000 M., eine Zeichnung »Die
Mutter« ist von 250 M. auf 3000 M. emporgeschnellt, eine
andere »Die Schafschur« von 400 M. sogar auf 8000 M.
Hierbei ist noch in Betracht zu ziehen, dass die damaligen
Katalogpreisse noch nicht einmal die im Ernstfalle Ȋusser-
sten« waren. Der Meinung, die der Referent an seine Betrach-
tung schliesst, kann nur beigestimmt werden: Wieviel können
Staat und Gemeinden sparen, wenn sie zu rechter Zeit
Kunstwerke einzukaufen verstünden. Die Preise, die einige
Sammlungen in letzter Zeit für Gemälde von Böcklin
zahlen mussten, um wenigstens ein Werk des Meisters
in ihrem Kataloge aufweisen zu können, haben dies aufs
neue bestätigt.

Bei Rudolf Lepke, Berlin, findet am 11. Februar und
folgende Tage eine Auktion moderner Gemälde und Aqua-
relle statt. Es befinden sich darunter Arbeiten aus dem
Nachlasse des Tiermalers Alb. Brendel, Weimar, und des
Landschafters Christ. Wilberg, Berlin, und eine Kollektion
Aquarelle von Fritz Perlberg. Der illustrierte Katalog
reproduziert eine Reihe der feinen Tier- und Landschafts-
bilder Brendel's und unter anderen auch ein zierliches
Rokokointerieur von V. Capobianchi, einen langbärtigen
Greis in blauer Jacke in Halbfigur von Hubert Herkomer
und eine italienische Hafenansicht von Oswald Achenbach.

1) Der soeben in Seemann's Sammlung »Hundert
Meister der Gegenwart« getreu in Farben reproduziert ist.
 
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