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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 14.1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.5810#0238

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453

Wettbewerbe — Vom Kunstmarkt — Vermischtes

454

nur hiesige Privatsammlungen, sondern auch die Schlösser
der Umgebung werden zu diesem Zwecke ihren wert-
vollsten Besitz beisteuern.

Budapest. Im Kupferstichkabinett der Landesbilder-
galerie hat Dr. Gabriel von Terey eine internationale
moderne graphische Ausstellung arrangiert, es sind sämt-
liche Länder mit Ausnahme von England und Amerika
vertreten. In drei Sälen sind igi ausgewählte Stücke,
welche die Direktion der Landesbildergalerie in jüngster
Zeit erwarb, ausgestellt, besonders reich sind Deutschland,
Holland und Frankreich vertreten. Einen erfreulichen
Fortschritt hat in den letzten Jahren Ungarn gemacht, es
seien besonders die Werke von Victor Olgyai, Graf Stephan
Zichy, Professor Ludwig Rauscher, Ludwig Micbalek und
Franz Helbing genannt. Bemerkt sei, dass Professor
Ludwig Rauscher unlängst für seine neuesten graphischen
Blätter (Aquatinta) ein vom ungarischen Minister für
Kultus und Unterricht ausgesetzter Preis zuerkannt wurde.

— r

Auf der internationalen Kunstausstellung in Buda-
pest, welche am 15. Mai geschlossen wurde, erhielten
folgende ausländische Künstler staatliche Medaillen. Die
grosse goldene Medaille: Luden Simon (Im Cirkus) und
Th. Austen-Brown (Mutter mit Kind); die kleine goldene
Medaille Professor Karl Marr (Der Landschaftsmaler),
" Oliver Hall (Der Sumpf von Angerton) und Professor
Hermann Hahn (Adam). Ferner wurden vom ungarischen
Staat für das Museum für schöne Künste auf der gleichen
Ausstellung Bilder von folgenden ausländischen Künstlern
erworben: Henry Lerolle (Badende Frauen), R. E. Menard
(Landschaft aus Corsica), Professor G. Kuehl (Waisen-
kinder), W. Mac-Ewen (Grossmutter mit Enkelin), Pro-
fessor Karl Marr (Der Landschaftsmaler), D. J. Cameron
(Amboise-Square), Oliver Hall (Der Sumpf von Angerton),
Th. Austen-Brown (Mutter mit Kind), G. Kallstenius
(Waldpartie). -r

WETTBEWERBE
Architektonischer Wettbewerb. Für den Neubau
eines Justizgebäudes in Mainz wird vom hessischen Justiz-
minister soeben ein Wettbewerb unter den in Deutschland
ansässigen Architekten mit der Frist bis 1. Oktober aus-
geschrieben. Die Preise betragen 5000, 4000 und zwei-
mal 2500 Mark, ferner bleibt der Ankauf von Entwürfen
für je 1000 Mark vorbehalten.

VOM KUNSTMARKT
Versteigerung der Galerie Henneberg in Zürich.

Nachdem schon im Laufe des letzten Jahres eine Anzahl
von Hauptwerken der Galerie nach Stuttgart, Leipzig und
anderen Orten freihändig verkauft worden sind, soll nun
der immer noch sehr bedeutende Bestand, der z. B. noch
Werke von Böcklin, Knaus, Lenbach, Menzel, Piglheim,
Stuck, Uhde umfasst, Ende September bei Hugo Helbing
in München versteigert werden.

300000 Mark für einen Raeburn. Der bekannte
Sammler Martin Colnaghi bezahlte in einer Auktion bei
Robinson & Fischer in London am 21. Mai 300000 Mark
für ein Ganzfigurenporträt des Sir John Sinclair of Ulbster,
von Raeburn gemalt. Es ist ein feines Beispiel von des
Malers hervorragender Stoffbehandlung, besonders des
Samtes und der roten Töne. Es wird von W. Armstrong
in seinem Werke »Sir Henry Raeburn« sehr gelobt. Die
Bilder Raeburn's haben eine rapide Preissteigerung er-
fahren. Im Jahre 1877 brachten 4g seiner Arbeiten zu-
sammen nur 120000 Mark, ein Preis, der Anfang Mai für
ein einziges Porträt bezahlt wurde und jetzt um mehr als
das Doppelte für das obengenannte Bild übertroffen wird.

In den nächsten Tagen kommen bei Christie Bilder von
Veronese, Tizian und Boucher zum Verkauf und man
macht sich wieder auf Phantasiepreise gefasst.

Am 23. Mai fand bei Christie, Manson & Woods in
London eine sehr bedeutende Auktion französischer
und englischer Gemälde des 18. Jahrhunderts statt und
brachte binnen drei Stunden für go Nummern die Summe
von 2'/i Millionen Mark. Den Hauptteil der versteigerten
Gemälde bildete die Sammlung Reginald Vaile's mit 62
Nummern, die alle durch frühere Ausstellungen wohl be-
kannt waren. Die wichtigsten Stücke darunter waren vier
grosse dekorative Paneele von F. Boucher mit den Titeln:
die Wahrsagerin, der Liebesbote, das Liebesopfer und
Abend, das letztere bezeichnet und 1757 datiert. Sie wur-
den zusammen verkauft und erreichten den enormen Preis
von 470000 Mark. Es stritten um diese Gemälde Sedel-
meyer, Agnew und Tooth, und der letztere blieb Sieger.
Ein anderes Gemälde von Boucher, die Ruhe der Diana,
bezeichnet und 1748 datiert, brachte 63000 Mark. Das
Porträt des Mr. de Noirmont von Largilliere erreichte
52500 M., während das Pendant dazu, Madame de Noir-
mont, nur genau die Hälfte brachte, also wieder eine Be-
stätigung der Regel, dass französische Damenporträts des
18. Jahrhunderts geringer als die Herrenporträts bezahlt
werden, während bei englischen Porträts derselben Zeit
genau die entgegengesetzte Bewertung stattfindet. Ein
drittes Porträt von Largilliere, das die Marquise de
Vandernesse, einer Hofdame unter Louis XIV. darstellte,
kam auf 12600 Mark. Das Doppelporträt der Comtesse
de Neubourg mit ihrer Tochter, von J. M. Nattier, eines
der berühmtesten Bilder der Vaile-Sammlung, bezeichnet
und 174g datiert, kam auf 94500 Mark. Ferner ein Porträt
der Mad. du Barry von F. H. Drouais 42000 Mark, ein
Figurenbild von N. Lancret, wandernde Musikanten,
52500 Mark, zwei andere von demselben, Kindergruppe
18000 Mark, Schäfergruppe 17000 Mark, ein ländliches
Interieur, genannt die unglückliche Familie, von J. B. Greuze
6300 Mark; die Freuden des Landlebens von J. B. Pater
42000 Mark, ein kleines Damenporträt von A. Watteau
4700 Mark. Eine Überraschung bot ein schmutzig aus-
sehendes und durchlöchertes Damenporträt von T. Gains-
borough, das noch kürzlich einem Händler in der Bond-
street vergeblich für 100 Mark angeboten worden war und
jetzt von Charles Wertheimer für 27000 Mark versteigert
wurde. Ein zweites Bild von Gainsborough, das Porträt
des Mr. Ozier, brachte 46000 Mark, ein schönes Damen-
porträt von Romney 30000 Mark, ein solches vonj. Hoppner
38000 Mark, zwei Herrenporträts von J. Reynolds, für die
der Künstler 1761 und 1764 80 und 100 Guineas erhalten
hatte, brachten jetzt 46000 Mark und 27000 Mark. Von
den alten Gemälden kam Venus und Mars von P. Veronese
(bezeichnet) auf 130000 Mark, das ebenfalls bezeichnete und
von Crowe & Cavalcaselle sehr gerühmte Porträt des
Giorgio Cornaro von Tizian auf rund 100000 Mark.

VERMISCHTES
Zu der in der letzten Zeit zu einem wahren Feld-
geschrei gewordenen Frage der Bedeutung Münchens
als Kunststadt hat H. E. von Berlepsch kürzlich in der
Zeitschrift »Werkstatt der Kunst« ein gründliches Wort ge-
sprochen. Berlepsch, dessen Ausführungen sich nur mit
dem Münchner Kunstgewerbe befassen, gesteht ohne alle
falsche Scheu offen ein, dass der in München herrschende
Geist nicht die Erwartung hegen lasse, dass München
seine führende Stellung noch lange inne haben werde.
Es sei denn, und das hofft der Verfasser zuversichtlich,
dass neue zielbewusste Thatkraft in den offiziellen Hand-
lungen des Münchner Kunstgewerbes zum Ausdruck käme.
 
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