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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 14.1903

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517

Nekrologe — Personalien

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stück in S. Maria dell'Anima, das Martyrium des hl. Lambert,
das in der Tonschönheit seines Helldunkels mit Rembrandt
wetteifert, entlockt ihm nur die trockene Bemerkung:
»Seiner Eigenheit, in seinen Bildern Glatzköpfe und Pelzwerk
anzubringen, folgt er auch hier.« Hat denn die Entführung
dieses Bildes nach Frankreich den allzusehr »denkenden«
Romfahrer nicht stutzig gemacht und hat er, der gut Be-
lesene, den schönen, geistvoll vorausdeutenden Essai
Herman Grimm's über Saraceni nicht zu Gesicht bekommen?
Aber diesUrteil, das geringschätzig einen Meister des I7jahr-
hunderts abthut, hat leider symptomatische Bedeutung als ein
leerer Nachhall modernen kunsthistorischen Wertens, das
drauf und dran ist zu verknöchern. In dem Masse, wie
die vom Marktwert getragene Begeisterung für die Quattro-
centisten niedrigsten Wuchses, für einen »Meister der
Marmormadonnen«, einen »Schüler des Botticelli«, einen
»Ghirlandaio-Nachfolger« abnehmen wird, kommt die Zeit
heran, »wo die Götter wiederkehren«, nicht alle, aber doch
jene Besten, die Goethe bewundert hat und die der ge-
läuterte Geschmack der Franzosen der einstigen Entführung
in das Weltmuseum des Louvre nicht unwert erachtete.

Der neue Band, auf den v. Graevenitz vertröstet und
in dem er sein Thema für das 19. Jahrhundert durchführen
soll, wird ihn vor eine ganz anders geartete Aufgabe
stellen. Er wird eine strenge Einheit bilden müssen
gegenüber den lose zusammengefügten Kapiteln des vor-
liegenden Bloches. Und sein leitender Gedanke wird die
Sehnsucht sein, eine echt romantische Sehnsucht, die alle
moderne Skepsis nicht zu unterdrücken vermocht hat. Er
möge nicht lang auf sich warten lassen. Er wird dankbar
angenommen werden und sein Gutes stiften, wie jede
ernste Arbeit, auch wenn er, wie der jetzt vorliegende, nur
die Luft um die grossen Dinge bietet — nicht die Einsicht
in die grossen Dinge selbst. Hans Mackowsky.

NEKROLOGE
James Abbott Mc Neill Whistler starb am 11. Juli d. J.
in London. Mit ihm ist einer der Grossen dahingegangen,
ein wirkliches Malergenie mit höchst gesteigertem Sinn
für Farbe, Licht und Luft, ein unermüdlicher schneidiger
Streiter für die koloristischen Prinzipien der modernen
Malerei gegenüber der Formgerechtigkeit der älteren
Richtung, dabei ein scharf satirischer, origineller und in
Äusserlichkeiten wunderlicher Mann Über den Ort und das
Jahr seiner Geburt liebte Whistler es, einen geheimnis-
vollen Schleier zu ziehen. Die einen sagen, er sei 1835
in Petersburg, die anderen behaupten, er sei in Lowell
(Massachusetts) geboren. Im Jahre 1851 finden wir den
jungen Mann in Westpoint, der bekannten Militärschule
in Amerika, um dort ausgebildet zu werden, aber schon
vier Jahre später entsagte er dieser Laufbahn endgültig,
siedelte nach Paris über und studierte daselbst bei Gleyrc
und zwar gleichzeitig mit Sir E. Poynter, Armstrong und
du Maurier.

1859 kam Whistler nach London und widmete sich
eifrigst der Radierkunst.

Sein Ruhm datiert von dem Jahre 1863, in welchem
sein Gemälde »Das weisse Mädchen« von dem Salon
zurückgewiesen wurde, aber im »Salon des Refuses« Auf-
nahme fand. Seine Eigenart und die persönliche Note
seiner Kunst errang von nun ab einen stetig wachsenden
Beifall bei einem grossen Teil des Publikums. In dieser
Beziehung soll nur an folgende Werke erinnert werden:
»Symphonie in Weiss«, »Der Balkon«, »Meine Mutten,
»Nocturnes«, »Mis Alexander«, »Lady Campbell«, »Sarasate«
und »Carlyle«, ein Porträt, in welchem er seinem Vorbilde
Yelasquez am nächsten kommt. Gelegentlich, wenn der

Künstler ausstellte, verfasste er den Katalog selbst und
setzte unter die betreffenden Gemälde die lobenden und
tadelnden Aussprüche der Kritiker gegenüber.

Im Kampfe mit Kritikern und Gegnern gelangte auch
das schriftstellerische Talent Whistier's zum Ausdruck.
Sein »Ten o'clock« ist nicht nur witzig und geistreich,
sondern auch einer der anregendsten Essais, der zu
jener Zeit über Kunst herauskam.

Wir gedenken, demnächst Leben und Schaffen des
grossen Künstlers ausführlich darzustellen.

Eugene Verdyen f. Am 17. Juni starb zu Brüssel
siebenundsechzigjährig der Landschaftsmaler Eugene Ver-
dyen. Gerade hatte die moderne Galerie in Brüssel eine
schöne Maaslandschaft von ihm erworben.

Am 18. Juli starb in Darmstadt der Grossherzogliche
Hoftheatermaler Karl Beyer im Alter von 77 Jahren.

Der Maler Ludwig Wagner ist zu Lindau am 1. Juli,
der Bildhauer Albert Jungermann zu Berlin am 4. Juli und
der Bildhauer Jos. Eberle kürzlich zu Überlingen gestorben.

Phil. May, einer der feinsten humoristischen Zeichner
Englands, ist anfangs August in St. Johns-wood, neunund-
dreissig Jahre alt, gestorben. Er stammte aus Leeds und
musste sich, arm und früh verwaist, mühsam emporarbeiten,
bis es ihm gelang als Zeichner für die St. Stephans Review
angestellt und durch sie bekannt zu werden. Später ar-
beitete er für das Sidney Bulletin und gehörte dann mehrere
Jahre zu den Zeichnern des Punch.

Aus Paris kommt die Nachricht vom Tode des Historien-
j und Porträtmalers Amand Laroche. Er wurde am
24. Oktober 1826 in St. Cyr l'Ecole geboren, war Schüler
von Drolling und Wachsmuth und debütierte schon 1847
mit einem Damenporträt, dem 1848 die Ruhe der Schnitter
folgte. Seine Blütezeit fällt in die sechziger, siebziger und
achtziger Jahre des 19. Jahrhunderts, wo er vorwiegend
mit Porträts beschäftigt war. Oft wurde er im Salon und
noch 1889 auf der Pariser Weltausstellung ausgezeichnet.

Der Maler Paul Joseph Jamin starb Mitte Juli in
Paris fünfzig Jahre alt. Er war Schüler von J. Lefebvre,
G. Boulanger und Bouguereau. Seine Stoffe entnahm er
prähistorischen Zeiten und offenbarte in Bildern derart ein
umfassendes Wissen und tüchtige malerische Kraft. Noch
dieses Jahr wurde im Salon sein Bild: Maler in der Stein-
zeit viel beachtet.

Robert Mols, der auch auf deutschen Kunstausstel-
lungen oft vertretene, renommierte belgische Landschafts-
und Marinemaler, ist vor wenigen Tagen in Antwerpen
im Alter von 58 Jahren gestorben.

Jakob Hoffmann, ein durch seine Landschaftsbilder
aus der Rhön, dem Hunsrück und der Eifel bekannter
Frankfurter Maler, ist kürzlich daselbst gestorben. Er
wurde am 4. Juni 1851 in Frankfurt a. M. geboren und
war Schüler seines Vaters, des Landschaftsmalers H. A.
Valentin Hoffmann.

In Paris starb am 29. Juli der Bildhauer Fr£d.-Eugene
I Piat, geboren in Montfey am 2. Juni 1827, ein sehr ge-
schickter Künstler auf dem Gebiete der dekorativen Plastik.
Er hat sich ausser durch seine zahlreichen Arbeiten auch
durch die Gründung eines Museums für dekorative Kunst
in Troyes, des ersten derartigen Museums in der Provinz,
einen bleibenden Namen gemacht.

Der Maler Fritz Steub, langjähriger Mitarbeiter der
»Fliegenden Blätter«, ist am 4. August in Partenkirchen
verschieden.

PERSONALIEN
Ernennungen. Der ausgezeichnete Forscher Dr.
Adolf Goldschmidt ist zum a. o. Professor an der Berliner
Universität ernannt worden; Dr. Ludwig Justi, dessen
 
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