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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — 4.1888

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Rosenberg, Marc: Trinkgefäß von Horn in Silberfassung
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https://doi.org/10.11588/diglit.4161#0002

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Aunstgewerbeblatt. q. Jahrgang. No. t.

Von dcr Holzdcckc ill Jcvcr.

Trinkgefäß von Horn in Älberfassung.

von Marc Rosenberg.

INit einer Radirung von I. Geyer.

Unter den tausendfältigen Formen, welchc
das Trinkgeschirr in Dcutschland namentlich
vom 15. bis 17. Jahrhundert angenommen hat,
ist eine Gruppe besonders bemcrkenswert, weil
sich an ihr 5lunst und „Witz" des Gvldschmiedes
in hervorragender Weisc bethätigen konnten.
Es sind dns die Gesäßc, dere» Grundform dnrch
irgend ein dem Goldschmied sonst ferner liegen-
des Material gegebcn wird: da ein ausgehöhlter
Elefantenzahn oder das stnmpfe Horn des Nas-
horu, dort der lange Stoßzahn des Narwal, —
den man sür das Horn des fabelhaftcn Ein-
horns hielt — oder das Horn einer ausge-
storbenen Tierart, das man von der Klaue eines
Greisen herrührend dachte.

Bei all diesen Stücken ist der Goldschmied
gezwungen von den ihm geläufigen Typen in
der Gefäßbildung abzuweichen, jedes derselbcn
ersordcrt in Fassung und Montirung eine in-
dividuelle Lösung. Eine solche bietet in sehr
interessanter Weise das Trinkgefäß, welches
in einer gelungenen Radirung von I. Geyer
diesem Heft beilicgt; es befindet sich im Kunst-
gewerbemuseum zu Berlin und ist 0,36 em
hoch. Das Cvrpus dessclben bestcht aus eincm
jener schwarzen Hörner, welche man „Greisen-
klaueu" zu uennen pflegte. Jm 15. Jahrhun-
dert würde man das Stück mit eiuer Fassung
versehcn haben, wclche auf seine sagenhafte Her-
tnnst anspielt. Unser Meister hat den heiteren
Gcdankcn gchabt, das Hvrn als einen Fischlcib
ö» benutzen und ihm durch Anfügung von
Kopf und Schwanz aus teilweise vergvldetem
Silber gefällige Form uud Lebcndigkeit zu ver-
k^ihen. Er bleibt im Rahmcn des einmal gc-
KunstgewerbeblaN. iv.

wählten Bildes, wenn er den Fisch als das
Uugetüm kennzeichnet, dessen Rachen der Prophet
Jonas, nachdem er drei Tage in seinem Leibe
verweilt, entsteigt. Die Bänder, welche das Horn
umziehen und Kopf und Schwanz verbinden, sind
zierlich durchbrochen und vergoldet. Der Fisch
wird getrageu vou eiuem schlangeuleibigcn Tri-
ton, um dessen nach hinten gerichtete Arme
sich zwei Schlangen winden; der getriebene Fuß,
auf welchem der Triton kniet, ist mit Aus-
nahme der glatten Einziehung als Wasserfläche
gebildet, am unteren Rande mit spielenden Del-
phinen, aus der Platte oben mit besonders auf-
gesetzten gegossenen Fröschen, Krebsen nnd Ei-
dechsen. Auf dem Rücken des Tieres schwebt
über einer geflügelten Kugel eine Luftgöttin
mit wehendem Gewand. Der Kopf des Tieres,
welcher abnehmbar ist, dient als Deckel des zur
Benutzung als Trinkgefäß mit vergoldetem
Silberblech ausgefüttcrten Hornes.

Neben der Vergoldung. welche ini Verein
mit dem Weißsilber der Beschläge und dem
Schwarz des Hornes ein Streben nach farbiger
Wirkung erkennen läßt, hat der Künstler mehr-
sach Malerei in Lackfarben angebracht: so er-
scheinen der Rachen des Fisches rot, die Luft-
göttiu fleischfarben, die Tiere am Boden braun
und grün, das krause Blattwerk, welches sich wic
häufig bei Renaissancepokalen zwischen Fuß und
Corpus — hier Horn und Kopf des Triton —
findet, grün bemalt. Gewiß prangten auch die
getriebeuen Delphine und das Wasser am Fuß
ursprünglich im Schmuck bunter Farben, wie
wir das an den Arbeiten des Regensburger
Silberfundes deutlich sehen konnten; auch die

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