Aus den sächsischen Archiven.
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lehrend wie möglich zu machen. Da außerdem
die großen Kulturländer freundlichst eine Aus-
wahl ihrer besten Kunstindustrie geschickt haben,
— und da ferner das Terrain der Ausstellung
mit dem „Tivoli" in Verbindung steht, welches
Enropa längst als das erste Etablissement der
Welt in seiner Art anerkannt hat — werden
ohne Zweifel unsere Nachbarn gegen Süden
den Sommer und die Gelegenheit benutzen, unsere
schöne Stadt zu besuchen.
Aus den sächsischen Archiven.
von L. Gurlitt und R. Berling.
Mit Illustrationen.
V.
Drcsdener Goldschmiedc unter Ghristian I. ss586—s59s.)
Kurfürst Christians I. große Abneigung
gegen alle Regierungsgeschäfte, sein Hang zur
Tafel und zum kreisenden Becher sind bekannt.
Die Lust, sich und seinen Hofstaat mit den
prächtigsten Gebrauchsgegenständen zu versehen,
Gemahlin und Kinder, benachbarte und be-
sreundete Fürsten, die eigenen und der letzteren
Unterthanen aufs reichste mit Erzeugnissen der
kunstgewerblichen Thätigkeit zu beschenken, liegt
in den genannten Eigenschaften begründet. Wohl
war schon sein Vater, der Kurfürst August, der
Sitte der danialigeu Zeit entsprechend, hierin
mit gutem Beispiele vorangegangen, aber ab-
gesehen davon, daß unter Christian I. die Aus-
stattung aller Kunstgegenstände eine reichere und
prächtigere wurde, trat auch insofern eine wesent-
liche Änderung ein, daß nunmehr das inlän-
dische gegen das fremde Kunsthandwerk wesent-
lich bevorzngt wurde. Die große Anzahl von
Pokalen, Trinkbechern, Schmuckketten, Ringen
n. s. w., die man am Dresdener Hofe gebrauchte
und verschenkte, wurden von nun an zum größten
Teile — Ausnahmen kamen hier natürlich mehr-
fach vor — von sächsischen Goldschmieden ge-
fertigt. Die Thätigkeit derselben ein wenig
näher zu beleuchten, ist der Zweck der folgenden
Zeilen, wobei ein im königl. sächsischen Haupt-
staatsarchiv befindliches Aktenstück zu Grunde
gelegt ist. Letzteres führt den Titel'):
„Auszugk vnd Vorzeichnus was vor Ketten,
Kleinoden vnd Silber Geschirr von des Chur-
fursten Hertzog Christian rc. angehender Regie-
rung ahn^), bis auff den 8. Augst. ^.n. 90 aus
1) luvsutaria vber Schmuck und Silbergeschirr.
1541—1662. Loe. 8694.
2) Den I I. Februar 1586.
Kunstgewerieblatt iv.
Seiner Churf. G. Renth Cammer besage der
Renthrechnung bezahlt worden."
Neben der Preisangabe und einer kurzen
Beschreibung des betreffenden Gegenstandes ist
auch meistens der Zweck, zu welchem derselbe
bestellt wurde, angegeben, ein Umstand, deni
mehrfach recht interessante Aufschlüsse, besonders
über den damaligen Gebrauch des Schenkens
am sächsischen Hofe zu danken sind. Daß bei
Anlässen wie Hochzeiten, Tanfen, bei besonderen
Verdiensten, bei Besuchen, die der Kurfürst bei
anderen Fürstlichkeiten machte oder von diesen
erhielt, Geschenke, bei den mehrfach veranstalteten
Renneu Preise verteilt wurdeu, ist natürlich.
Aber auch bestimmte, sich jährlich wiederholende
Tage wurden zu diesem Zwecke festgesetzt, denn
nicht nur — wie es bei uns gebräuchlich ist
— am Weihnachts- und Geburtstag, sonderu
auch zum neuen Jahr, zum heiligen drei König,
znm grünen Donnerstag und zum Tag der heil.
Katharina machte man sich gegenseitig Ver-
ehrungen. Jndessen scheint auch dies der schenk-
lustigen Zeit noch nicht genügt zu haben, denn
hin und wieder findet man außerdem, daß einer
den anderen ohne besondere Veranlassung mit
einem Geschenke „anbindet", wofür sich dann
der Beschenkte revanchiren — wie der dama-
lige bessere Sprachgebrauch lautet — „lösen"
mußte.
Wenn man diese vielen Gelegenheiten zum
Schenken ins Auge faßt und gleichzeitig bedenkt,
daß der Kurfürst seinen ganzen Haushalt dem-
entsprechend glanzvoll einrichtete, so wird man
sich nicht wundern, daß das in den betreffenden
vier Jahren für Goldschmiedearbeiten veraus-
gabte Geld die für die damalige Zeit unver-
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lehrend wie möglich zu machen. Da außerdem
die großen Kulturländer freundlichst eine Aus-
wahl ihrer besten Kunstindustrie geschickt haben,
— und da ferner das Terrain der Ausstellung
mit dem „Tivoli" in Verbindung steht, welches
Enropa längst als das erste Etablissement der
Welt in seiner Art anerkannt hat — werden
ohne Zweifel unsere Nachbarn gegen Süden
den Sommer und die Gelegenheit benutzen, unsere
schöne Stadt zu besuchen.
Aus den sächsischen Archiven.
von L. Gurlitt und R. Berling.
Mit Illustrationen.
V.
Drcsdener Goldschmiedc unter Ghristian I. ss586—s59s.)
Kurfürst Christians I. große Abneigung
gegen alle Regierungsgeschäfte, sein Hang zur
Tafel und zum kreisenden Becher sind bekannt.
Die Lust, sich und seinen Hofstaat mit den
prächtigsten Gebrauchsgegenständen zu versehen,
Gemahlin und Kinder, benachbarte und be-
sreundete Fürsten, die eigenen und der letzteren
Unterthanen aufs reichste mit Erzeugnissen der
kunstgewerblichen Thätigkeit zu beschenken, liegt
in den genannten Eigenschaften begründet. Wohl
war schon sein Vater, der Kurfürst August, der
Sitte der danialigeu Zeit entsprechend, hierin
mit gutem Beispiele vorangegangen, aber ab-
gesehen davon, daß unter Christian I. die Aus-
stattung aller Kunstgegenstände eine reichere und
prächtigere wurde, trat auch insofern eine wesent-
liche Änderung ein, daß nunmehr das inlän-
dische gegen das fremde Kunsthandwerk wesent-
lich bevorzngt wurde. Die große Anzahl von
Pokalen, Trinkbechern, Schmuckketten, Ringen
n. s. w., die man am Dresdener Hofe gebrauchte
und verschenkte, wurden von nun an zum größten
Teile — Ausnahmen kamen hier natürlich mehr-
fach vor — von sächsischen Goldschmieden ge-
fertigt. Die Thätigkeit derselben ein wenig
näher zu beleuchten, ist der Zweck der folgenden
Zeilen, wobei ein im königl. sächsischen Haupt-
staatsarchiv befindliches Aktenstück zu Grunde
gelegt ist. Letzteres führt den Titel'):
„Auszugk vnd Vorzeichnus was vor Ketten,
Kleinoden vnd Silber Geschirr von des Chur-
fursten Hertzog Christian rc. angehender Regie-
rung ahn^), bis auff den 8. Augst. ^.n. 90 aus
1) luvsutaria vber Schmuck und Silbergeschirr.
1541—1662. Loe. 8694.
2) Den I I. Februar 1586.
Kunstgewerieblatt iv.
Seiner Churf. G. Renth Cammer besage der
Renthrechnung bezahlt worden."
Neben der Preisangabe und einer kurzen
Beschreibung des betreffenden Gegenstandes ist
auch meistens der Zweck, zu welchem derselbe
bestellt wurde, angegeben, ein Umstand, deni
mehrfach recht interessante Aufschlüsse, besonders
über den damaligen Gebrauch des Schenkens
am sächsischen Hofe zu danken sind. Daß bei
Anlässen wie Hochzeiten, Tanfen, bei besonderen
Verdiensten, bei Besuchen, die der Kurfürst bei
anderen Fürstlichkeiten machte oder von diesen
erhielt, Geschenke, bei den mehrfach veranstalteten
Renneu Preise verteilt wurdeu, ist natürlich.
Aber auch bestimmte, sich jährlich wiederholende
Tage wurden zu diesem Zwecke festgesetzt, denn
nicht nur — wie es bei uns gebräuchlich ist
— am Weihnachts- und Geburtstag, sonderu
auch zum neuen Jahr, zum heiligen drei König,
znm grünen Donnerstag und zum Tag der heil.
Katharina machte man sich gegenseitig Ver-
ehrungen. Jndessen scheint auch dies der schenk-
lustigen Zeit noch nicht genügt zu haben, denn
hin und wieder findet man außerdem, daß einer
den anderen ohne besondere Veranlassung mit
einem Geschenke „anbindet", wofür sich dann
der Beschenkte revanchiren — wie der dama-
lige bessere Sprachgebrauch lautet — „lösen"
mußte.
Wenn man diese vielen Gelegenheiten zum
Schenken ins Auge faßt und gleichzeitig bedenkt,
daß der Kurfürst seinen ganzen Haushalt dem-
entsprechend glanzvoll einrichtete, so wird man
sich nicht wundern, daß das in den betreffenden
vier Jahren für Goldschmiedearbeiten veraus-
gabte Geld die für die damalige Zeit unver-
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