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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — 4.1888

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Italienisches Messer des 17. Jahrhunderts
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Bücherschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.4161#0062

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Bücherschau.

55

die Klinge allein 30 ew, davon 10 em zwei-
schncidig. Die Klingenwnrzel nnd das Zwischen-
glied sind reich profilirt, erstere achtkantig, letz-
tercs rund. Der Griff gleichfalls achtkantig
bcsteht aus schwarzcm Horn. Die Haube wird
durch ein unsymmetrisches Glied in ciselirtem
unvergoldctcu Bronzeguß gebildet, welches in
Seiten- und Vorder- bezügl. Rückansicht ge-

geben ist. Die Verbindung des weiblichen Ge-
sichtes und der Löwenmaske durch ein muschel-,
bezw. diademartiges Ornament ist vorzüglich
gelöst, überhaupt die Komposition von uugc-
wöhnlicher Schönheit. So dürste diese Be-
krönung für Arbeiteu verschiedener Art Motive
darbieten: für Stockknöpfe, Beschläge, Grisse rc.

Bücherschau.

m.

Gerlach, Martin, Die Pflanze in Kunst
und Gewerbe. Darstellung der schönsten
und formeureichsten Pflanzen in Natur und
Stil zur praktischen Verwertung sür das
gesamte Gebiet der Kunst und des Kunst-
gewerbes in reichem Farben-, Gold- und
Silberdruck nach Originalentwürfen von deu
hervorrageudsten Künstlern. Serie I. Gr.
Folio. Wien, Gerlach L Schenk.

1i. 6. — Es scheint, als ob sich unsere de-
korative Vorbilderpublikation anschickte, in eine
neue Ära einzutreteu. Jst es nicht, als sei man
der ewigen Wiederholung längst vorhandener
Vorbilder müde geworden? Macht sich nicht in
nuffallender Wcise das Bestreben geltend, kehrt
zu machen vor dem ehrwürdigen Formenschatz
vergangener Zeiten? Kunstgewerbetreibende
raunten uns seit langem in die Ohren, daß
ihnen unser vervielfältigender Eifer nur Alt-
nnd Allbekanntes brächte, ja daß das Neue bei
den Alten anfingc auch alt zu werden. Mit
welcher Anteilnahme blickten wir nicht vor kaum
zehn Jahren noch auf das Erscheineu des Hirth-
schen Formenschatzes, auf Owen Jones', Ra-
cinets Ornamentsammlungen oder auf Dupont-
Äuberville's trefflichen Recueil! Praktisches
Vedürfnis hatte diese Werke hervorgerufen
u»d ausgenutzt; praktische Einsicht legt sie jetzt
gleichgjltig beiseite. Ilabent sua lata liballi!

erwachten auch archäologische Triebe, man
grub nach selteneren Probeu alten und ältesten
Kunstfleißes, pries sie als kräftige Nahrung
zeitgenössischer Phantasie. Heute genügt die
"rchäologische Würze kunstgewerblicher Vor-
l'ilderkost nicht mehr. Wir lächeln über uns
^lbst, wenn wir auf die Erzeugnisse zuriick-
dlicken, welche unser stilvoller Eiser entstehen

ließ, auf die „altdeutsche" Gewöhnuug unseres
Heims, auf die stilistische Mode in unseren
textilen Gewerben z. B. Eine andere Sprache
ist in vieler Munde. Was helfcn die zahllosen
Vorbilder einer gebenedeiten Vorzeit, so rufen
kunstgewerbliche Heißsporne, wenn sie unsere
Eigenart in Fesseln schlagen? Seht die Ja-
paner, wie sie der Natur als einziger Leiteriu
folgen und ganz sie selbst bleiben, originell in
hohem Grade; blickt jenseits des Oceans auf
den findigen Aankee, wie er sich müht das Alte
im Neuen zu baden, fremdartig ohne Zweifel!
Und wollt es uur gestehen, ihr selbst beginnt
ja wieder mit dem Naturalismus zu liebäugeln,
gebt euch Mühe es den Leuten im Westen und
ferneren Osten gleichzuthun. Jst es nicht osien-
bar, daß ihr mehr Wert legt auf das, was euch
trennt von überkommener Konventiou, als auf
das, was eure Art mit der eurer Altvordern ge-
mein hat?

Doch wir wollen anläßlich der Gerlachschen
Pflanze nicht das alte Lied anstimmen von
der Mode, die stilwandelnd herrscht, und von
der Zeit, die einen Zukunftsstil zu versprechen
meint. Thäten wir es, man schölte uns
eitle Theoretisirer, man brächte autokratisches
Wissen in bedenklichen Gegensatz zu praktischem
K'önnen. Und letzteres gilt uns doch als das
einzig wichtige. Wir möchten sehen, was unsere
schasfenden Küustler jedweden Gewerbes Neues zu
sagen haben, da sie das Alte nur insoweit gelten
lassen, als es eigeuem Empfinden zum Träger
dient. Bisher ward uns in Deutschland nur
selten das Schauspiel geboten, daß die berusenen
Meister unseres mächtig aufblühenden Haud-
werks sich herbeiließen, zu Nutz und Frommen
mit- und nachstrebenden Genossen originale
Entwürfe zu veröffentlichen. Der deutsche kunst-
 
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