Kleine Mitleilungen.
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zoglichen Kunstgewerbeschule zu Karlsruhe gestellt
wvrden zu sein. Jn den drei vorliegenden Heften
werden je vier Blatt Säulen und hermenartige
Stützen sowie je zwei Blatt freie Endigungen, Kon-
solen, Pilaster, Kapitäle und Hauptgesimse geboten;
der Maßstab wird für Möbelverzierungen meist ohne
weiteres ausreichen, und wo er sür den Gebrauch
vergrößert werden soll, wird sich die Sorgfalt der
Zeichnung doppelt geltend machen. Es wäre zu
wünschen, daß der Herausgeber und der Berleger
ihre Absicht ausführten, die Arbeit noch auf weitere
Blätter auszudehnen; wir glauben, daß es an der
Teilnahme des Publikums nicht sehlen wird
VIII.
W. Bchrcns, Flachornamente für den Zeichenunter-
richt und das Kunstgewerbe. I. Abt. 4". ll. Abt.
1. Lfg. sol. Kassel, Th. Fischer.
T— Ein Zeichner von Geschmack giebt auf 30
kleinen Tafcln einzelne Blüten, Palmetten, Ranken
braun aus weiß als Zcichenvorlagen; in der zweiten
Abteilung acht weitere Folioblätter mit sauberen Or-
namenten größerer Flächen, Füllungen, Friese und
Ecken, in wenigen klaren Tönen nach Art von Holz-
intarsien. Die Elemente seiner Erfindungen sind die
verschiedenen Motive des Flachornaments der Re-
naissance, Blattranken, maurische Verschlingungen, hie
und da auch Rollwerk und Gewebemotive, alle mit
Feinheit verwertet und gefällig zusannnengefügt. Die
Blätter cmpsehlen sich durchaus für praktische Be-
nutzung, sür Einlegearbeitcn, Holzmalerei und dergl.,
und wir dürfen nach den vorliegenden Proben auch
auf die folgenden Lieferungen vertrauen.
Wie tveit die Blätter sich für den Unterricht
eignen, müssen die Fachleute entscheiden. Es wird
sich fragen, ob die Einzelstücke der ersten Abteilung
nicht sür den Anfänger zu schwierig sind, während
der Vorgeschrittene diese Formen mit größerem Nutzen
gleich an geschlossenen Kompositionen nachbilden wird,
die ihm zugleich Muster der Flächenfüllung bieten.
Und an den größeren Vorlagen, welche eben diesem
letzteren Zwecke dienen sollen, wünschen wir die ver-
schiedenen ornamentalen Motive weniger verquickt
und mehr auseinander gehalten; der Schüler würde
die italienische Laubranke schneller an einer rein ita-
lienischen Jntarsia verstehen lernen, die Maureske an
einer deutschen mauresken Füllung, das Rollwerk an
einem Muster im Kartuschenstil; danach erst wäre er
reif, die gewandte Verbindung all dieser Motive zu
würdigen. Ein Gewinn dagegen ist es auf alle Fälle,
dem Schüler das Flachornament gleich in mehreren
Tönen vorzuführen; er lernt damit nicht nur den
Bleistift, sondern auch den Pinsel frühzeitig führen.
Kleine Mitteilungen.
Mnscen nnd Au^stellungen.
Die Ausstcllung alter kirchlicher Gewebc »nd Sticke-
reicn in Crefeld, welche am l l. Oktober in Anwesen-
heit des Erzbischoss von Köln eröffnet wurde, erweist
sich als ein sehr zeitgemäßes Unternehmcn; denn die
Lehren, welche die alten Stoffe und Paramente inbezug
aus Gestaltung und Schnitt, Technik und Behandlung,
Musterung und Färbung, Verzierung und Ausstat-
tung der liturgischen Gewänder erteilen, haben lange
nicht mehr die verdiente Berücksichtigung gefunden.
Ein neuer, möglichst energischer und praktischer Hin-
weis auf jene Vorbilder ist hofsentlich ein erfolgreicher
Appell an alle, die es angeht, namcntlich an die
Gcistlichkeit und Künstlerschaft, im engen Anschlusse
an sie der Würde und Schönheit der kirchlichen Para-
mente wicder ihre volle Aufmerksamkeit zuzuwenden.
Der Weg der Abweichung von den bewährten Grund-
sätzen,— führt unser verehrter Mitarbeiter Domkapitu-
lar Schnütgen in der Köln. Volkszeitung aus — denen
das Mittelalter in dieser Hinsicht gefolgt ist, war ein
sehr verhängnisvoller, weil abschüssiger. Das 16.
Jahrhundert erlaubte sich nur minder bedenkliche Ab-
weichungen, die sich namentlich aus dic Form der
Gcwänder bezogcn. Vicl bedenklicher gcstalteten dicse
sich schon im solgenden Jahrhundert, in dem zur
Knappheit der Form das Schwulstige und Überladene
in der Ausstattung hinzukam. Beide Mängel ent-
KuiistgcwcrbcblaU. »I.
wickelten sich im vorigen Jahrhundert unter vor-
wiegendem französischen Einflusse zur vollendete»
Unwürdigkeit; die Form wurde immer rcduzirter, die
Musterung immer naturalistischer, die Verzierung
immer ausgelassener. Wahrhaft trostlos war des-
wegen der Zustand, in dem sich während der ersten
Jahrzehnte unseres Jahrhunderts die Paramentik be-
fand, die in Material und Form wie in deren Aus-
stattung zum geist- und geschmacklosesten Flitterwerk
heruntergekommen war, aller höhern Empfindungen
bar, wie aller Solidität. Der frische romantische
Zug, den die Freiheitskriege in Deutschland herbei-
geführt hatten und der sich namentlich in den Rhein-
landen im Anschlusse an den Kölner Dom und an
die Jdee seiner Wiederherstellung und seines Aus-
baues entfaltete, die Begeisterung sür das Mittelalter
und seine Kunstformen, die Erstarkung des kirchliche»
Geistes und Lebens sührten endlich auch auf dem
kirchlichen Kunstgebiete einen radikalen Umschwung
herbei in der Rückkehr zu den bis dahin verkannten
und verhaßten alten Formen. Zunächst kam er der
Architektur zu gute, sehr bald aber auch der Para-
mentik, und gerade die Rheinprovinz ist die Stätte,
in der diese zuerst wieder zu Ehren gelangte. Hier,
auf ihrem dankbaren Boden, wurde den Überresten
kirchlicher Gewebe und Stickereien mit besonderm
Eiser nachgespürt; hier wurde das Studium derselben
mit außerordentlichem Ersolge gepsiegt, hier das
S
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zoglichen Kunstgewerbeschule zu Karlsruhe gestellt
wvrden zu sein. Jn den drei vorliegenden Heften
werden je vier Blatt Säulen und hermenartige
Stützen sowie je zwei Blatt freie Endigungen, Kon-
solen, Pilaster, Kapitäle und Hauptgesimse geboten;
der Maßstab wird für Möbelverzierungen meist ohne
weiteres ausreichen, und wo er sür den Gebrauch
vergrößert werden soll, wird sich die Sorgfalt der
Zeichnung doppelt geltend machen. Es wäre zu
wünschen, daß der Herausgeber und der Berleger
ihre Absicht ausführten, die Arbeit noch auf weitere
Blätter auszudehnen; wir glauben, daß es an der
Teilnahme des Publikums nicht sehlen wird
VIII.
W. Bchrcns, Flachornamente für den Zeichenunter-
richt und das Kunstgewerbe. I. Abt. 4". ll. Abt.
1. Lfg. sol. Kassel, Th. Fischer.
T— Ein Zeichner von Geschmack giebt auf 30
kleinen Tafcln einzelne Blüten, Palmetten, Ranken
braun aus weiß als Zcichenvorlagen; in der zweiten
Abteilung acht weitere Folioblätter mit sauberen Or-
namenten größerer Flächen, Füllungen, Friese und
Ecken, in wenigen klaren Tönen nach Art von Holz-
intarsien. Die Elemente seiner Erfindungen sind die
verschiedenen Motive des Flachornaments der Re-
naissance, Blattranken, maurische Verschlingungen, hie
und da auch Rollwerk und Gewebemotive, alle mit
Feinheit verwertet und gefällig zusannnengefügt. Die
Blätter cmpsehlen sich durchaus für praktische Be-
nutzung, sür Einlegearbeitcn, Holzmalerei und dergl.,
und wir dürfen nach den vorliegenden Proben auch
auf die folgenden Lieferungen vertrauen.
Wie tveit die Blätter sich für den Unterricht
eignen, müssen die Fachleute entscheiden. Es wird
sich fragen, ob die Einzelstücke der ersten Abteilung
nicht sür den Anfänger zu schwierig sind, während
der Vorgeschrittene diese Formen mit größerem Nutzen
gleich an geschlossenen Kompositionen nachbilden wird,
die ihm zugleich Muster der Flächenfüllung bieten.
Und an den größeren Vorlagen, welche eben diesem
letzteren Zwecke dienen sollen, wünschen wir die ver-
schiedenen ornamentalen Motive weniger verquickt
und mehr auseinander gehalten; der Schüler würde
die italienische Laubranke schneller an einer rein ita-
lienischen Jntarsia verstehen lernen, die Maureske an
einer deutschen mauresken Füllung, das Rollwerk an
einem Muster im Kartuschenstil; danach erst wäre er
reif, die gewandte Verbindung all dieser Motive zu
würdigen. Ein Gewinn dagegen ist es auf alle Fälle,
dem Schüler das Flachornament gleich in mehreren
Tönen vorzuführen; er lernt damit nicht nur den
Bleistift, sondern auch den Pinsel frühzeitig führen.
Kleine Mitteilungen.
Mnscen nnd Au^stellungen.
Die Ausstcllung alter kirchlicher Gewebc »nd Sticke-
reicn in Crefeld, welche am l l. Oktober in Anwesen-
heit des Erzbischoss von Köln eröffnet wurde, erweist
sich als ein sehr zeitgemäßes Unternehmcn; denn die
Lehren, welche die alten Stoffe und Paramente inbezug
aus Gestaltung und Schnitt, Technik und Behandlung,
Musterung und Färbung, Verzierung und Ausstat-
tung der liturgischen Gewänder erteilen, haben lange
nicht mehr die verdiente Berücksichtigung gefunden.
Ein neuer, möglichst energischer und praktischer Hin-
weis auf jene Vorbilder ist hofsentlich ein erfolgreicher
Appell an alle, die es angeht, namcntlich an die
Gcistlichkeit und Künstlerschaft, im engen Anschlusse
an sie der Würde und Schönheit der kirchlichen Para-
mente wicder ihre volle Aufmerksamkeit zuzuwenden.
Der Weg der Abweichung von den bewährten Grund-
sätzen,— führt unser verehrter Mitarbeiter Domkapitu-
lar Schnütgen in der Köln. Volkszeitung aus — denen
das Mittelalter in dieser Hinsicht gefolgt ist, war ein
sehr verhängnisvoller, weil abschüssiger. Das 16.
Jahrhundert erlaubte sich nur minder bedenkliche Ab-
weichungen, die sich namentlich aus dic Form der
Gcwänder bezogcn. Vicl bedenklicher gcstalteten dicse
sich schon im solgenden Jahrhundert, in dem zur
Knappheit der Form das Schwulstige und Überladene
in der Ausstattung hinzukam. Beide Mängel ent-
KuiistgcwcrbcblaU. »I.
wickelten sich im vorigen Jahrhundert unter vor-
wiegendem französischen Einflusse zur vollendete»
Unwürdigkeit; die Form wurde immer rcduzirter, die
Musterung immer naturalistischer, die Verzierung
immer ausgelassener. Wahrhaft trostlos war des-
wegen der Zustand, in dem sich während der ersten
Jahrzehnte unseres Jahrhunderts die Paramentik be-
fand, die in Material und Form wie in deren Aus-
stattung zum geist- und geschmacklosesten Flitterwerk
heruntergekommen war, aller höhern Empfindungen
bar, wie aller Solidität. Der frische romantische
Zug, den die Freiheitskriege in Deutschland herbei-
geführt hatten und der sich namentlich in den Rhein-
landen im Anschlusse an den Kölner Dom und an
die Jdee seiner Wiederherstellung und seines Aus-
baues entfaltete, die Begeisterung sür das Mittelalter
und seine Kunstformen, die Erstarkung des kirchliche»
Geistes und Lebens sührten endlich auch auf dem
kirchlichen Kunstgebiete einen radikalen Umschwung
herbei in der Rückkehr zu den bis dahin verkannten
und verhaßten alten Formen. Zunächst kam er der
Architektur zu gute, sehr bald aber auch der Para-
mentik, und gerade die Rheinprovinz ist die Stätte,
in der diese zuerst wieder zu Ehren gelangte. Hier,
auf ihrem dankbaren Boden, wurde den Überresten
kirchlicher Gewebe und Stickereien mit besonderm
Eiser nachgespürt; hier wurde das Studium derselben
mit außerordentlichem Ersolge gepsiegt, hier das
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