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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — 4.1888

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Kleine Mitteilungen
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Kleine Mitteilungen.

Verständnis derselben zunächst in die Kreise der zur
Mitwirkung berufenen Künstler getragen, um sofort
auch weitern Kreisen mitgeteilt zu werden. Krefeld
war der Ort, in dem die crste „mittelaltcrliche Kunst-
ausstellung" im Jahre 1852 veranstaltet wnrde.
Dieses höchst verdienstvolle Beispiel hat mannigfache
Nachahmung gesunden; aber keine der nachfolgenden
Ausstellungen hat die erste erreicht, weder inbezug
aus die Anzahl der vorgeführten Paramente, welche
wcit übert Hundert hinausging, noch auch inbezug
auf deren Qualität, welche eine vollständige Geschichte
der liturgischen Gewänder vom 10. bis ins 16. Jahr-
hundert darstellte. Neben den alten Geweben und
Stickereien erschienen bereits neue, teilweise zu Para-
menten zusammengesetzt. Die Aufgabe, welche die
alten orientalischen, italienischen, flandrischen Muster
an die blühende Krefelder Seidenmanufaktur stellte,
war von einigen Vertretern derselben schnell aufge-
nommen und alsbald vortrefflich gelöst worden. Die
Segnungen dieser Lösnng zeigten sich bald in den
Kirchen weit über die Grenzen der Rheinprovinz
hinaus. Der Verzierung dieser Stoffe durch die Er-
zeugnisse der Nadel widmeten sich sehr bald geschickte
und kunstsinnige Damen. Gern, ja mit Begeisterung
schlossen sie sich den Mustern an, welche ihnen von
Archäologen und von den Künstlern in deren Ge-
solge unterbreitet wurden. Die Bewegung schlug
immer weitere Kreise, immer besser wurden ihre
Leistungen, zumal als Klosterfrauen in der berufs-
mäßigen Pflege der Nadelmalerei eine Art von Gottes-
dienst zu erblicken anfingen. Ein Bild der staunens-
werten Erfolge bot die Ausstellung von „neuern
Meisterwerken mittelalterlicher Kunst", welche bei Ge-
legenheit der Generalversammlung katholischer Ver-
eine zu Aachen im Jahre 1862 veranstaltet wurde.
Mehr als ein halbes Hundert von kirchlichen Ge-
wändern, zu deren Herstellung meistens Fabrik und
Handfertigkeit zusammengewirkt hatten, fesselte hier
die Aufmerksamkeit, alle mustergiiltig inbezug auf
Material und Technik, Zeichnung und Aussührung.

Die Bewegung, die auf kirchlichem Gebiete ihren
Ausgang genommen hatte, und längere Zeit aus
dieses sich beschränkte, fing endlich an, auf das welt-
liche Gebiet hinübergezogen zu werden, anfangs lang-
sam, dann aber unter staatlichem Einfluß im schnellsten
Tempo, fast zu schnell und gewaltsam. Jn dieser
Bewegung stehen wir noch mitten drin, obwohl sie
bereits mehrere Phasen durchlaufen hat. Groß und
segensreich ist der Umschwung, den sie auf dem
ganzen großen Gebiete des öffentlichen Geschmackes
herbeigeführt hat und noch beständig zu erweitern
die Absicht und die Macht hat. Mit der Profanen
Kunst hat aber leider die kirchliche, der sie ihre An-
regung verdankt, keineswegs gleichen Schritt gehalten.
Die Liebe uud Begeisterung, welche das erste und
allensalls auch noch das zweite Jahrzchnt ihrer Re-
generirung ausgezeichnet hat, ist längst, wenn auch
nicht allgemein und überall, einer gcwissen Gleich-
gültigkeit und Kälte gewichen. Für eine neue Blüte
der kirchlichen Kunst sind die Keime, sind die Be-
dingungen vorhanden, für eine Blüte, die nicht bloß

von dem Enthusiasmus, sondern auch von dem Ver-
ständnisse getragen sein muß, welches in den Jahr-
zehnten, die uns von der ersten Blüte trennen, dank
den auch außerhalb des geistlichen Kreises fortgesctzten
Studien, reiche Nahrung gefunden hat.

Die Anregung, welche in der weisen Beschränkung
auf das Gebiet der Paramentik von Krefeld aus
erging, fiel in eine günstige Zeit und auf einen dank-
baren Boden. Gern sähen wir dort bereits, in Be-
nutzung der großen Stoffsammlung, eine größere
Anzahl von neuen Erfolgen auf dem Gebiete der
kirchlichen Textilkunst vorliegen; aber wenn die An-
regung dazu gefehlt haben mag, an der Leistungs-
fähigkeit der Krefelder Webeschule besteht nicht der
geringstc Zweifel, und daß sie diese voll einzusetzen
gewillt ist, beweist ihr Vorschlag, eine Ausstellung zu
veranstaltcn, und ihre Bereitwilligkeit, dazu mächtig
mitzuwirken. Für das Gelingen des Unternehmens
sprachen von vornherein die Namen, welche an der
Spitze des Aufrufes stehen, in erster Linie des hoch-
würdigsten Hrn. Erzbischofs, welcher das Protektorat
zu übernehmen die große Güte gehabt hat. Die
Ausstellung bringt, wie wir der Köln. Zeitung und
privaten Mitteilungen entnehmen — aus rheinischcn,
bayrischen und österreichischen Kirchen, zu kleinerm
Teil ans Sammlungen Schätzc der vcrschiedensten
Zeitalter, vom l l. bis 18. Jahrhundert. Einzelne
Stücke freilich, und unter ihnen geschichtlich sehr wert-
volle, haben den Jahrhunderten nur unter schweren
Wunden getrotzt, andere wiederum sind sogar auf-
fallend schön erhalten. Jn erster Linie möchten wir
wegen des hohen Jnteresses, welches die stilistischen
Formen einflößen, die Stücke aus der Stiftskirche zu
Göß in Steiermark, Chormantel, Meßkleider und Dal-
matiken, nennen. Dieselben zeigen mit bunter Seide
in Plattstichstickerei auf Leinen ausgeführte sigürliche
Darstellungen, Tiere und Ornamente, welche in großer
Farbenfrische und mit reicher Phantasie in den For-
men den Stil des 13. Jahrhunderts wiedergeben.
Von hohem Werte sind die Stücke aus der alten
Kapelle zu Regensburg aus kunsttechnischen und ge-
schichtlichen Gründen. Es sind zwei gewebte Dalmatikcn
aus dem l 2. Jahrhundert, beide orientalischen (sara-
zenischen) Ursprungs, die eine für den Nonnannen-
könig Wilhelm II., die andere angeblich für Kaiser
Heinrich VI. gefertigt. Die erstere Bestimmung geht
deutlich aus einer arabischen Jnschrift hervor, deren
deutsche Übertragung lautet: „Berfertigt hat Meister
Abdul Aziz dieses Feierkleid in seiner Fabrik für
Wilhelm II." Ein anderes orientalisches Prachtstück
ist ein von Th. Graf in Wien ausgestellter persischer
Teppich, welcher den Namen Ali mit Nadelmalerei
unter reicher Ornamentik 77mal verwertet. Der
Katalog spricht die Mntmaßung aus, es handle sich
um ein Weihgeschenk eines Kalifen an die Kaaba
zu Mekka. Als geschichtliche Mcrkwürdigkeit sind noch
zu nennen Prachtgewänder, welche Kaiser Joseph I-
bei seiner Krönung dem Dome zu Aachen schcnktc,
dann die Gewänder des heiligen Heribert von Köln
und des heiligen Bernhard von Clairvaux, der in
Aachen den Kreuzzug gepredigt hat. Um ihres
 
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