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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — 4.1888

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Schnütgen, Alexander: Die Konkurrenz für die Bronzethüren des Kölner Domes
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https://doi.org/10.11588/diglit.4161#0033

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Die Konkurrenz für die Bronzethüren des Kölner Donies.

zumal sie inmitten gnt stilisierten Blattwerkes
mit trefslich modellirten Chimaren ausgestattet
sind. Sie sind dem Chorgestühle des Domes
in selbständiger Gestaltung entlehnt, nicht als
definitive Vorschläge, sondern nur als vorläu-
fige Anhaltspunkte. Denn es sehlt ihnen der
Jnhalt, anf den ja auch hier nicht verzichtet
werden darf, die symbolische Gedankenfolge,
wie die alten Bestiarien sie mannigfach bieten,
sei es im Anschluß an die Elemente, den Tier-
kreis oder die Jahreszeiten, an die Lebensalter,
Stände, Tugenden und Laster u. s. w. Die
Hohlkehle, welche jedes Rechteck einfaßt, wahrt
in ihrer spärlichen Ausstattung mit vereinzelten
Blumen der Thüre den Charakter der Tiefe,
deu sie trotz ihrer Flächenbestimmuug nicht ent-
behren kann, und die breite Leiste, die sie um-
giebt, erträgt wiederum nur, zumal im Gegen-
satze zu den schlußsteinartig geformten schweren
Niet- und Zierrosetten, das ganz flache Ranken-
motiv, welches ihr zu teil geworden. Jn diese
ebenso vornehme als einfache Anordnung paßt
vortrefflich die schmale und flache Schlagleiste
und der mächtige Löwenkopf wie die schlichte
Schloßkrücke. Jene stark zu betonen, was ua-
mentlich Linnemann durch weit vortretende
wuchtige Krabben erstrebt hat, einigermaßen auch
Otzen und Essenwein durch ornameutale Wulste,
dürfte eine Gefahr für die einheitliche Wirkung
bezeichnen, die bei ihrer geringen Breite wohl
am besten gewahrt ist, wenn die Zweiheit der
Flügel weniger accentuirt erscheint, als die Einheit
des Ganzen. Mit ihr mag auch die Anlage
eines Sockels nicht recht vereinbar sein, auf den
Schneider ganz verzichtet hat im Unterschiede
von seinen Kollegen, die ihn bald minder betont
haben, wie Mengelberg und allenfalls auch
Essenwein (bei dem freilich auch das Teppich-
muster der unteren Felder zu sehr an ihn
erinnert), bald stärker und offenbar allzustark,
wie Otzen, der die untere Partie frei läßt, um
darüber eine Jnschrift anzubringen, und wie
Linnemann, der dem Reichtum der Vierpässe
oben, die Armut von Stiften unten entgegen-
setzt. — Tierkopf und Schloßkrücke, die von
dem „Programm" als Ausstattuugs- und Zier-
mittel besonders genannt waren, haben gleichfalls
eine sehr verschiedene Ausfassung erfahren. Essen-
wein hat ihn, wohl um zwei Arme als Ring-
halter anbringen zu können, zum Menschenkopfe
entwickelt, den er, wie Linnemann und im ge-
wissen Sinne auch Otzen ihren Löwenkopf, zur

Ausfüllung eines Feldes benntzte, während Men-
gelberg ihn zwischen zwei Felder ohne eigue
Fassung und daher wohl nicht markirt genug
einlegt, Schneider ihm eine eigene Fülluug wid-
met, die er mit einem Teppichmuster belegt.
Einfach uud ernst wie sein Löwenkopf (dem
eine etwas strengere Stilisirung uur genützt
haben würde), ist seine Krücke, die in einen
Hundekopf ausläuft, während Otzen sie zu eineu
Drachen, Linuemann zu eineni von zwei sitzeu-
den Figürchen gehaltenen Bügel ausgebildet hat.

Die plastische Wirkung der im Vorher-
gehenden beschriebenen Zeichnungen ist durch
das beigefügte Gipsmodell in natürlicher Größe
veranschaulicht. Es erleichtert nicht nur ganz
erheblich die Beurteilung des Effektes, sondern
auch der Korrektheit in Bezug auf die stilistische
Durchführung, die erst in dem Modelle ihre
eigentliche Probe zu bestehen hat. Jn dieser
Hinsicht waren freilich diejenigen Künstler, die
mit dem so charakteristischen und edlen Orna-
mentenschatze des Domes, des Bauwerkes wie
des gleich uach der Vollendung des Chores be-
schafften Chorgestühles durch langjährigen Ver-
kehr ganz vertraut sind, den anderen gegenüber,
die keine Zeit und Gelegenheit gehabt haben,
sich ihm so intensiv zu widmen, in einer be-
vorzngteu Lage. Schneider, der vor mehr als
zwei Jahrzehnten vier volle Jahre beim Dom-
bau beschäftigt war in amtlicher Eigenschaft,
aber auch in beharrlichem privatem Studium,
hat sich diesen Vorzug, für den kein Bild und
kein Abguß Ersatz zu bieten vermögen, vor-
nehmlich zu Nutzen gemacht. Den Nachteil,
kein Bildhauer zu sein, hat eine tüchtig uud
ernst geschulte Kraft ihm sehr glücklich überwin-
den helfen, die osfeubar unter seiuer beständi-
gen Leitung gearbeitet hat. Sämtliches Orna-
ment ist im Stile des 14. Jahrhunderts und
des Domes mit nur geringen Abschwächungen
gut modellirt zugleich unter Berücksichtigung
all dcr Umstände, welchc dcn Brouzeguß er-
möglichen uud erleichteru. Einfache und klare
Disposition, flache Behandlung ohne Verzicht
auf die Abstusuug in derselben, scharfe Betonung
der maßgeblichen Gliederungen, Maßhalten in
der Anwendnng des Blattschmuckes, aber auch,
worauf es hier so wesentlich ankam, harmo-
nische Durchbilduug im Geiste des Bauwerkes
zeichuen dieses anspruchslosc Modell iu hohem
Grade aus (siehe Abbildung). An Eiusach-
heit uud stilistischer Korrektheit steht ihm das
 
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