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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — 4.1888

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Zwei goldemaillirte Anhänger
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https://doi.org/10.11588/diglit.4161#0043

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Zwei goldemaillirte 2inhänaer.

Zu der Farbentafcl.

Scheint auch dic — lcider nur kurze —
Zeit schon wieder vorübcr, während welcher man
Gefallen fand an großcn Anhängern aus Gold
mit Email und Edelsteinen gezicrt, so dnrfcn
und wollen wir nicht vergessen, daß der Auf-
schwung unserer deutschen Goldschmiedekunst
zum nicht geringsten Teil von der Nach-
ahmnng oder freien Nachbildung jener köst-
lichen Geschmeide herznleiten ist, wclche uns
die Zeit der Spätrenaissance trotz aller
Verluste in reicher Fülle hintcrlassen hat. So-
lange man beim Frauenschmuck nicht bloß auf
die Edclsteine, — gegen deren materiellen Wert
ja jede Fassung. mag sie noch so schön sein.zurück-
treten wird nnd muß — Gewicht legt, sondern
die künstlerische Ausgestaltung mit allen den mehr
dcr Goldschmiedekunst in so reichcm Maße zn
Gcbot stehendcn Mitteln bctont, so lange wird
wan immer wieder auf jene unvergleichlichen
Grzeugnisse der Augsbnrgcr, Münchner, Wiener
u»d Prager Wcrkstätten als anregende Vorbildcr
zurückgehen. Lehnten sich jene alten Meister
hinsichtlich der Komposition an die Erfindungen
gewisser Stecher an, so haben sie deren Entwürfe
durch Verwendung farbiger Edelsteine und bunter
Emails erst lebendig gemacht; und hier liegt
die große Bedeutung und der bleibende Wert
dieser Arbeiten, auch wenn die moderne „Stil"-
bewegung längst vorüber sein wird.

Auf beiliegender Tasel geben wir zwei
svlcher Anhänger fast in der Größe dcr Origi-
uale wieder. Das mittlere Schmuckstück be-
sindet sjch im königl. Kunstgewerbemuseum zu
Verlin, wohin es mit dem großen Legat des Prin-
zen Karl von Preußen gclangt ist. Ein hängendes
dreicckiges Glied aus Rollwcrk gebildet und mit
Edelstcincn beseht wird von zwci Kcttchcn ge-
haltcn. Zwischen letztcren bcfindct sich, auf dem
^reicck stehcnd, eine völlig frei gearbeitete
Griippc nns cmaillirtcmGold: einLöwe einPferd
"usallend. Auch die lliückseite ist reich cmaillirt.

Das zweite Schmnckstiick, srüher im Besitz
der Familie von Gemmingen, befindet sich jetzt
in der Rothschildschen Sammlung zu Frank-
furt am Main. Es ist bereits von Luthmer
(Ter Schatz des Freiherrn von Nothschild II,
Taf. 36, ^.) veröffentlicht, jedoch ohne Farben.
Tie eigenartige Schönheit des Stückes ließ eine
Publikation in Farben gerechtfertigt erscheinen.
Die beiden Teile, aus denen das Stück besteht,
sind dabei, um sie deutlicher wiedergeben zu
können, getrennt worden: die große durchbrochene
Platte ist in Ansicht der Rückseite, die klei-
nere davon abgelöst, gegeben, ohne die auf
der erwähnten Lichtdruckreproduktion sichtbaren
Teile der Nnterlage. Das eigentliche Zierstück
zeigt zwischen zwei aus Edelsteinen nnd Perlcn
gebildetcn obeliskenförmigen Gliedern eincn
Jäger in antikem Kostüm, welcher einen von
der Meute angefallenen Hirsch mit dem — am
Original ergänzten, anf unsrer Abbildung weg-
gelassenen — Speer niederstößt. Der Wald,
>n dem sich die Scene abspielt, wird durch einen
Baum angedeutet, dessen grüner Ast in ge-
schickter Weise das Gleichgewicht gegcn das Ge-
weih des Hirsches bildet.

Die Verwendung figürlicher Dnrstellungen
auf Schmuckstücken dieser Art ist nicht selten!
man hat vielleicht nicht ganz mit Unrecht ver-
mutet, daß diese Darstellungen gewisse Beziehun-
gen haben, daß dicse Kleinodien Abzeichcn gewisscr
Gesellschaften oder Stistungen seien. Oft wird
man aber nicht fehlgehen, wenn man in ihnen
einfach eine Laune des Kiinstlers sieht, einen
mehr oder minder geistreich durchgeführten oft
lustigen Einfall erblickt.

Die Herkunft beider Anhänger läßt sich
nicht genauer feststellen: sicherlich haben wir in
ihnen Erzeugnisse einer siiddeutschen Werkstätte
zn sehen. Man wird an Augsburg odcr München
dcnken. A. P.

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