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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — 4.1888

DOI Artikel:
Heiden, Max: Aus der Spitzensammlung des Kunstgewerbemuseums zu Berlin, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4161#0100

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Uunstgewerbeblatt. Iahrgang.

No. s.

Fig. 14. Genähte Spitze. Aleneon. Anfnng des 18. JahrhundertS.

^lus der ^pitzensammlung des kunstgewerbemusemns zu Verlin.

Von Max Lreiden.

Mit Illustrationen im Text und einer Tasel.

Die beiden ältesten Arten der Nadelspitze
des 16. Jahrhunderts, welche sich auch gewöhnlich
in alten Musterbüchern abgebildet finden, sind
point oonpä, italienisch xnnto tagliato und
xnnto rstioolla. Diese Spitzen, nach der
Technik so benannt, kommen angeblich zuerst in
Jtalien und später in Frankreich, Deutschland
u. s. w. vor, überall unter derselben Bezeichnung.

Von ihnen ist point oonpö die älteste Art;
sie entsteht dadurch, daß man das auf Lein-
wand gezeichnete Muster ausschneidet — wie
der Name sagt — auch durch Ausziehen der
Kett- und Schußfäden durchbricht und im Knopf-
lochstich nmnäht: xoint röborä nennt der Fran-
zose dies leichte Relief, wie es durch den xoint
äo bontonniäro entsteht. Das Netz, die Grund-
lage des Musters, wird in vielen Fällen anch
von neuem mit der Nadel in den Ausschnitt
hineingearbeitet. Die einfachste Art von point
ooupö kommt, zum Sternmuster ausgenäht, in
kleinen quadratischen Feldern auf Decken, zwischen
Filetborten und gestickten Füllungen vor. Als
Besatz ist sie anfangs noch unmittelbar mit der
Stickerei vereinigt. Sobald diese zurücktritt,
bauen sich die durchbrochenen Sterne, in Um-
rahmung von rechteckigen und lambrequinartigen
Feldern in Borten und zackigen Abschlüssen
neben einander auf. Die Muster der xoints
oonpös sind jedoch nicht, wie man hieraus
sthließen könnte, immer geomctrisch; die be-
treffenden Felder enthalten vielmehr oft andere

Kunstgewerbcblatt IV.

Figuren, z. B. Bänder, welche zu schräg ge-
stellten Voluten geordnet sind, oder einseitig
gebildete Ornamente aus Blatt- und Blumen-
werk. Jedoch treten diese immer nur als strenge
Formen auf, welche fich eher der Gotik als der
Renaissance anznpassen scheinen.

Unter Fig. 8 geben wir einen der ältesten
point oonpo in natürlicher Größe wieder.
Obgleich nicht der feinsten Art angehörig, ist
diese Spitze insofern interessant, als an ihr die
Technik klar ersichtlich ist: die Leinwand ist
nicht, wie in den meisten Fällen, völlig ausge-
schnitten oder ausgenäht, sondern an manchen
Stellen als Muster stehen geblieben. Unser
Beispiel, als Deckenborte gearbeitet, wie die
nicht ganz erhaltene Ecke zeigt, setzt sich aus
zwei Rändern mit drei schmalen Begleitbörtchen
zusammen. Jm oberen Rande und in den
Zacken sind die Netzfäden einfach in Kreuzform,
z. T. mit kleinen Zähnchen (pioots) ansgenäht;
die dadurch entstandenen Winkel werden mit
Kreislinien gefüllt. An den Jnnenrändern der
Zacken ist das stufenweis ausgeschnittene Leinen
mit kleinen Löchern durchbrochen, die Außen-
ränder find mit größeren pioots, in Form
kleiner Schleifen, besetzt. Der Rand über den
Zacken ist durch umnähte Fäden, welche eine
Wellenlinie mit Kreisen bilden, geniustert nnd
die Begleitbörtchen treten als breite durchbrochene
Ziernähte auf.

Der obere Rand dieser Spitze, überhaupt

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