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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — 4.1888

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Falke, Otto von: Moderne persischen Faiencen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4161#0131

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Moderne persische Faiencen.

113

Keramik ist Natinz bekamit wegcn der dort er-
haltcncn Fliesen mit Metallrcflex ans dem 13.
odcr 14. Jahrhundert. Heute ist Natinz die
Hauptproduktionsstätte sür gewöhnliches Ge-
branchsgeschirr des ganzen Landcs. Bian macht
in Natinz zwci Arten von Gcschirrcn, solche
mit kobaltblauem Dekor aus der Glasur, mit wei-
sscin Grund nnd polychromc Faienecn, bei welchcn
"cht Farben zur Vcrwcndung kommen. Es sind
dies: Gvldrot, Nobaltblan, Kupfergrün, Ehrom-
gclb, Eisenschwarz, Manganviolctt, Türkisblau
lKupscroxyd) nnd Eiscnrot. Dic Masse ist wcnig
Widerstandsfähig nnd nnrein, die Glasur schlechtcr
als die in Nain und Mesched vcrwendcte und
wird ost nnrcgelmäßig ausgctragcn; an manchen
Stellen ist sie übermäßig dick, an anderen so
dünn, das; sic, obwohl vpak, die Farbe dcr
Masse dnrchscheincn läßt. Die Formen der
Geschirrc sind elcgant, dic Farbcn dagegen, be-
sviidcrs Rot und Gelb, ohne Krast und Glanz
und verschwommen in der unreinen Glasur.

Zwei verschiedene Arten von Faiencen lie-
scrt auch Kaschan: türkisblaue und polychrome.
Letztere sind ganz ähnlich dcnjenigen von Na-
liuz, anch künstlcrisch nicht von größerer Be-
deutung. Die türkisblaue Ware bildet noch
heute dcn gkuhm von Kaschan; meist langhalsige
Flaschcn und Teilc von Wasserpfcifcn. Bckannt-
lich hat schmi in ältestcr Zcit Kaschan sich durch
l>ie cinfarbigcn blancn Gcsäßc nnd Flicscn aus-
öezeichnct; an Tiesc nnd Schönhcit dcr Farbe
slehen aber die modernen Arbeiten den alten
uach. Das Türkisblan ist vvn grünlichcm Ton.
llnter den modcrnen Erzeugnissen dieses Genres
llehcn indcs dic Arbeiten von Kaschan noch
i'unicr obcuan. Während friiher dic Produktivn
dvu Kaschan eine so blühende und ansgedehnte
gcwescn, daß ihrc Warcn den gesanitcn Faicnccn
^^u Namen gegcben habcn (Kaschi), kann dic
heutige Fabrikation dcs blauen Gcschirrs, vb-
M'hl an dcn Pseiscngcsäßcn inimcr Bcdars ist,
wenig niehr als hnndcrt Arbciter bcschästigcn;
lwlychroine Faience aber arbeiten kanm ein

Dutzend.

Die Faiencen von Kum sind von gcring-
wertjger Aiasse, brüchig nnd porös, so daß nur
^ Email ihnen Haltbarkeit verlciht. Doch
' Fabrikativn cine lebhaste. Die Mchr-
äa.ll dcr Tvpfcr macht nur langhalsige Flaschen

ubgeplattetcm Banch, die mit grunlich-
aiiein Eniail überzogcn sind; die Formcn und
»arben dieser zu Tausendcn sabrizirten Flaschen

sind elcgant uud von gntcr Wirknng; ein lllach-
tcil liegt in der porösen Masse, welche an dcn
vvn der Glasnr nicht bcdeckten Teilen, wie dcm
Fuße, Flüssigkeiten durchläßt. Ferner liefert
Kum kleine Lampen von der Form dcr antikcn
römischen Lampen und tiefe Schalcn für Früchtc.
Glasur und Masse sind dieselben wie bci den
Flaschen; dic Farbe ist von mecrgrünem Ton.
Der Hanptilntcrschied ist dcr, daß dicsc Ecsäßc
nicht durchaus cinfarbig, wie die Flaschen,
sondcrn unter dcr Glasnr mit schwarzcr Zeich-
nnng versehcn siud.

Die Geschirre aus Teheran sind dic schlech-
testen in Persic», vbgleich die Arbeitcr aus den
anderen Städten dcs Neichcs hicr in der Hanpt-
stadt sich sammeln. Die Stadt ist aber srüher
nic industriell irgendwie bedeutcnd gewesen, nnd
auch jetzt kann von einer eigentlichen Faicnce
von Teheran nicht die Rede sein, da die dort
gemachten Arbeiten denjenigcn gleichcn, die die
Heimatsstädte dcr einzclncn Töpfer liefern.

Die nach der Stadt Hamadan benanntcn
Faiencen werden in cincm kleinen Dorfe in der
Nähe derselben gemacht. Sie sind türkisblau
glasirt, etwas dunkler als dic von Kaschan.
Die Jndustrie ist unbedeutend nnd die Erzeug-
nisse sind ohne künstlerischen Wert. Dasselbe gilt
von den Arbciten aus Kaswin, die nur dem
lokalcn Gebrauchc dicnen.

Die Fliesenfabri kation, cinst dcrRuhm
und Stolz persischer Keramik, hat den gleichen
Vcrsall wic die Töpfcrei dnrchniachen müssen.
Bereits untcr dem Vorgänger dcs jctzigen
Hcrrschcrs wnrdcn Vcrsnchc znr Wiedcrbclebnng
dcr Jndustrie gcmacht, ohne nennenswerte Re-
snltatc zn crzielcn. Vvn bcsscrcm Ersvlgc bc-
gleitet waren dic Bemühnngcn dcr jetzigen 8!c-
gicrnng, dic cs crreicht habcn, daß dic Flicscn-
kcramik heutc im Vergleichc znr Töpfcrei cinc
schr blühcnde ist. Es crscheint bcdauerlich,
daß nian von cincr Wiederanfnahmc der alten
Mustcr polychronier Fliesen aus der Zeit dcr
Sefidendynastie, 16. und 17. Jahrhundert, ab-
gesehcn hat nnd an Stelle jener farbenprächtigen
Pflanzenornamente mit den großcn Blüten nnd
reichcm Blatt- nnd Rankenwerk hcnte mchr dem
indischcn Gcschmack znneigt, dcr klcinlichere
Blütenmiister bcvorzngt. Es ist bekannt, daß
in anderen Zweigen dcs Kunstgewerbcs, der
Textilindustrie, den Metallarbeiten und dcr
Lackmalerei, dem indischen Dekorationsstil in
Persien schon seit dem 18. Jahrhnndert, viel-
 
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