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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 16.1905

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Berlepsch-Valendas, Hans E. von: Bauernhaus und Arbeiterheim
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https://doi.org/10.11588/diglit.4872#0079

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BAUERNHAUS UND ARBEITERHEIM

WELTAUSSTELLUNO ST. LOUIS 1904, AUSSTELLUNGSRAUM DER OROSSH.
MAJOLIKAMANUFAKTUR KARLSRUHE

kulanten anheimgegebenen Preise von Grund und
Boden veranlassen indes schon heute die Verlegung
mancher Fabrikniederlassungen vor die Peripherie der
Städte. Damit ist, vorausgesetzt daß nicht alles Land
schlechtweg dem Terrainwucher überantwortet wird,
sondern Gemeinden und Staat große Komplexe mit
Beschlag belegen, eventuell sogar expropriieren, auch
die Möglichkeit von Arbeiteransiedelungen gegeben,
die eine wesentlich andere Lösung zulassen als sie
bisher im Schwange war. Ist für Verkehrswege ein
Zwangs -Enteignungsverfahren zulässig, so dürfte
gleiches für die mindestens ebenso wichtige Anlage
gesunder Wohnungen der Arbeiterbevölkerung am
Platze sein.

Ein großer Teil der Zentralwerkstätten der baye-
rischen Staatsbahnen ist weit, weit vor München
hinaus verlegt worden in eine Gegend, wo große
Waldungen und leicht bewegtes Terrain geradezu
den Wunsch herausforderten, die daselbt entstehen-
den Arbeiterkolonien nicht im gewohnten Kasernen-
stile erstehen zu sehen. Dennoch ist es so ge-

worden. Man fragt nicht mit Unrecht, wo eigent-
lich der Einfluß der Kunstmetropole sich geltend
macht, wenn es möglich ist, solch naheliegenden
Dingen, wie der baulich würdigen Ausbildung
des Arbeiterheims, nicht die geringste Beachtung
zu schenken. Zur Genüge erhellt daraus, daß die
einseitige Pflege der' Kunst, wie sie sich durch
stets wiederholte Bilderausstellungen zu erkennen
gibt, nicht den mindesten Einfluß ausübt wichtigen
Fragen gegenüber, die an Gewicht sicherlich nicht
zu unterschätzen sind. Almhütten mit steinbeschwerten
Dächern, mit Holzgalerien und Glockentürmchen
konnten in Anlehnung an das oberbayerische Bauern-
haus da nicht hingebaut werden. Aber es ließ sich
von diesem manches herübernehmen. Nachdem man
sich entschlossen hatte, bei der neuen Linie München-
Hersching mit dem herkömmlichen trostlosen Bahn-
stationsstil zu brechen und einfache, zum Teil wirklich
reizvolle Stationsgebäude herzustellen, lag es ziemlich
nahe,auch den an dieser Linie liegenden großen Arbeiter-
ansiedelungen einen anderen Charakter zu verleihen,
 
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