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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 16.1905

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Pabst, Arthur: Beobachtungen über gewerbliche Erziehung und praktischen Unterricht in den Schulen der Vereinigten Staaten von Nordamerika: Nach einem Vortrage, gehalten im Kunstgewerbeverein zu Leipzig am 31. Januar 1905
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https://doi.org/10.11588/diglit.4872#0200

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IN DEN SCHULEN DER VEREINIGTEN STAATEN VON NORDAMERIKA

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ALBIN MULLER, MAGDEBURG, KLEIDERABLAGE UND SAALTÜR

liches Mittel zur Ausbildung geistiger Fähigkeiten,
und zum anderen bietet sie die Möglichkeit, die in
ihrer Bildungs- und späteren Erwerbsfähigkeit be-
schränkten Zöglinge dieser Anstalten wenigstens einiger-
maßen in den Stand zu setzen, daß sie im späteren
Leben auf irgend eine Weise tätig sein und sich ihren
Unterhalt erwerben können. Daß die Handarbeit in
diesen Erziehungsanstalten unentbehrlich ist, hat man
auch bei uns erkannt und sie dementsprechend im
Lehrprogramm derselben berücksich-
tigt. Den viel wichtigeren Schritt aber,
in ihr ein allgemeines Erziehungsmittel
zu erblicken, hat man bis jetzt in
Deutschland noch nicht getan. Die
amerikanische Schule ist uns in dieser
Erkenntnis weit voraus!

Eine besonders schwierige Aufgabe
erwächst der amerikanischen Schule in
der Erziehung der Farbigen, der Neger
und Indianer. Die Zahl der letzteren
ist gering im Vergleich zu den ersteren,
aber beiden wird die gleiche Sorgfalt
zugewendet. Eine größere Anzahl von
Schulen sind ausschließlich für die Er-
ziehung der Farbigen bestimmt. In
diesen Schulen spielt die Unterweisung
in allen hauswirtschaftlichen, landwirt-
schaftlichen und gewerblichen Arbeiten
eine große Rolle, und nach allen Be-
richten sind die Erfolge dieser gewerb-
lichen Erziehung namentlich bei den
nicht leicht zu behandelnden Negern
sehr günstig. Der Leiter der größten
Negerschule, der als geistiger Führer

der Neger bekannte Booker Washington,
hat hierüber unter dem Titel: »The
Fruits of Industrial Training« eine wert-
volle kleine Schrift veröffentlicht.

Die im Überblick gegebene Schilde-
rung der allgemeinen Erziehungsanstalten
hat gezeigt, daß in diesen sehr vieles
betrieben wird, was bei uns dem eigent-
lichen Fachunterricht überlassen bleibt
Im Gegensatz dazu war in Amerika bis
vor kurzem für die eigentliche Fachschule
kein günstiges Feld; erst ganz neuerdings
fängt man an, sie im wesentlichen nach
deutschem Muster zu organisieren, und
deshalb ist auch das Interesse der ame-
rikanischen Schulmänner für unser deut-
sches Fach- und Gewerbeschulwesen sehr
groß. Viele von ihnen haben in den
letzten Jahren Studien hierüber gemacht,
und man ist eifrig dabei, Fach- und
Gewerbeschulen zu begründen und aus-
zubauen. Daß man dabei ganz wesent-
liches Gewicht auf die praktische Seite
der Ausbildung legt, darf, dem ganzen
Charakter des Amerikaners entsprechend,
von vornherein angenommen werden.
Der Amerikaner geht eben immer von
dem Grundsatze aus, daß es nicht genug sei, etwas
zu wissen, man muß auch etwas machen können.

Wenn eingangs gesagt wurde, daß der Amerikaner
durch die geschickte Ausnutzung seines Wissens und
Könnens und durch seine rasche Energie oft mehr
erreicht, als der mit einem reicheren Fonds von Wissen
ausgestattete Deutsche, so hat er doch auch schon
längst erkannt, daß der scharfe Wettbewerb der
Gegenwart eine gründlichere Ausbildung erfordert,
 
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