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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 24,3.1911

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Heft 13 (1. Aprilheft 1911)
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Lose Blätter
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.9032#0041
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Allgemeineres

Körper in brünstigem Tanz, jubelten in taumelnder Freude. Auch Niklas
hatte sich erhoben. Er staird neben dem Iüngling und fühlte, wie eisiges
Grauen ihn durchrieselte.

Er besah Brunhilds nnd des Zwergs Gebärden, sah, wie sie ein--
ander immer näher glitten, und fühlte, daß jeder Kampf nm diese Frau
vergebens war und immer vergebens bleiben würde.

Rings um ihn heulte der freudetrunkene Wahnwitz. Die Stube
war wie ein Hexenkessel, den der Irrsinn heizte.

Er stand und sah seine eigene Leidenschaft im Lichte dieses allge--
meinen Rasens.

Und wie alles sich umschlungen hielt, und auch der Iwerg und Brnn-
hild einander in die Arme sanken, erkannte Niklas voll tiefen Staunens,
daß jeder Groll, jeder Zorn in ihm erstorben war. Eine große nebel-
freie Klarheit breitete sich über seine Seele. Ein Singen tönte in ihr
wie ein leises Lied auf weiter Heide.

Benoni! sagte er und wandte sich zu dem Iüngling. Komm! Wir
gehen!

Er griff nach seinem kurzen Pelz und seiner Mütze.

In der Tür zögerte er und sah sich nach seiner Büchse um. Aber er
nahm sie nicht.

Draußen stand der Wald weiß von Schnee. Große schwere Klumpen
lösten sich hier und da und fielen mit dumpfem Laut von den Ästen.
Und die Zweige, die in die Höhe schnellten, schleuderten die feinen Schnee-
körner von den Nadeln, daß die Luft rieselnd erfüllt war von flimmern-
dem Schneestaub.

Rundschau

licher Herkunft handelte, bricht hier
endlich der religiöse Kampf aus, den
es uns gegeben sein möge, in
Wucht und Neinheit auskämpfen zu
sehen, damit sich ein Gewinn für
die Kulturbewegung ergebe. Denn
darum handelt es sich.

Wir können hier im Kunstwart
das Matericlle der Frage nicht ent-
scheiden, haben zu diesem Wate-
riellen hier laut dem Programm
dieser Blätter anch keine Stellung
zu nehmen. Es handelt sich für
uns allein darum, ein Bewußtsein
von den Kulturzusammenhängen
und der Kulturbedeutung der Sache
zu wecken.

Die Kulturfrage ist aber die: ob
die Religion Goethes heimatberech-
tigt im dentschen Protestantismus
ist oder nicht.

Der Fall Jatho und die
Ausdruckskultur

Worte nach rechts und nach links
>»»ber Nacht ist dem deutschen Pro-
^4-testantismus ein Streit beschert
worden, der von der weittragend-
sten Bedeutnng für seine weitere
Entwicklung werden kann, — und
werden müßte, wenn an der Nede
von einer religiösen Bewegung in
unsrer Zeit irgendeine Wahrheit
ist. Denn es handelt sich in diesem
neuen Irrlehrefall um die vielbe-
rufene „Geheimreligion aller Ge-
bildeten seit Goethe".

Nach den mehr oder weniger
widerwärtigen Streitereien der letz-
ten Zeit, in denen es sich nie nm
Religion, immer nur um religiös
maskierte Trivialitäten wissenschaft-

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Knnstwart XXIV,
 
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