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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 24,3.1911

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Heft 17 (1. Juniheft 1911)
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Rundschau
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Unsre Bilder und Noten
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https://doi.org/10.11588/diglit.9032#0433
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einige mit gutem Grunde ausge-
lasseue Iugendgedichte so ziemlich
vollständig uud enthält sogar die
Äbersetzungen Hölderlins aus dem
Griechischen (Sophokles und Pin-
dar), dazu eine Menge Fragmente
zn seinen Werken, so daß man sich
in deren Entstehung hineinarbeiten
kann. Freilich werden viele Leser
dieses ganze philologisch angeord-
nete Material nicht benützen; aber
es stört kaum. Der Herausgeber
versucht in einer mehr als hundert-
seitigen Einleitung Hölderlins Le°
ben und Schaffen zu charakterisie-
ren, philologisch und historisch auf-
zuklären. Er schreibt ein Deutsch,
dessen Gewundenheit und Abstrakt-
heit es mir häufig unmöglich ge-

macht hat, hinter seine Ansichten
und Absichten zu kommen, so daß
anzunehmen ist, es werde minder
lesegeübten KLufern ähnlich ergehen.
Doch — solche Einleitungen, die
nicht einführen und einstimmen,
sondern erklären und kritisch regi-
strieren, werden ja erfahrunggemäß
ohnehin überschlagen. Wer Höl-
derlins Wesen im tiefsten gefaßt
und dargestellt haben will, findet
das in Dilthehs „Erlebnis und
Dichtung" ja in unvergänglich
schöner Form. So soll denn auch
ihre Einleitung nicht abhalten, diese
schöne und reichhaltige Ausgabe
den Liebhaberu zur Gemütergötzung
zu empfehlen.

Ezard Nidden^j

Rnsre Mlder und Noten

^^as Selbstbildnis Anselm Feuerbachs, das wir den Lesern
^LHaus der Feuerbach-Mappe des Kuustwarts mitgeben, zeigt den
Meister des Iahres (873, da die Iphigenien und Medeen abge-
schlossen waren, die zweite Amazonenschlacht und das zweite Gastmahl
vollendet, der Titanensturz entworfen wurde — es zeigt Feuerbach auf
dem Gipfel des Meistertums und der schöpferischen Kraft. Was den
Mcnschen betrifft: den beruhigten und all seiner Werte gewissen, aber
auch den, der das Entsagen gelernt hat, das st o l z e Entsagen. Das
Bild ist unsres Erachtens bisher viel zu wenig beachtet worden, obgleich
es doch, allen zugänglich, in der Berliner Nationalgalerie hängt. Hen-
riette Feuerbach hat ein andres als noch ähnlicher bezeichnet, das lenkte
die Aufmerksamkeit vom unsrigen ab, dieses abcr gibt den Künstler so
charakteristisch wie kaum ein zweites, es gibt uns Kunstfreunden den
Feuerbach. Dabei zeigt auch sein Kolorit den edelsten Feuerbachischcn
Silberton.

Wir gcben weiter drei graphische Blätter.

Erich Kuithans „Feuersbrunst", aus einer Publikation von Fischer
L Franke, übersetzt den Natureindruck sehr glücklich mit den Mitteln
des Strichs. Das erstaunliche Lebcn des Vildcs wird aber nicht nur
durch den Kontrast von Hell und Dunkel, Vewegung und Starrheit
hervorgebracht, sondern vor allem auch durch die Linienführung. Man
beachte, wie die Rauchlinien mit denen des aufbäumenden Pferdes ver-
bunden sind. Die Komposition selber lodert gleichsam in der Mitte

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Kunstwart XXIV, (7
 
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