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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 24,3.1911

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Heft 16 (2. Maiheft 1911)
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Rundschau
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Unsre Bilder und Noten
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https://doi.org/10.11588/diglit.9032#0340
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hier zu weit. Deshalb kann allge-
mein nur festgestellt werden, was
in meinem Buche „Steins politisch-
pädagogisches Testament (Verlag:
Mathilde Zimmcrhaus, Zehlendorf)
im cinzelnen dargelegt worden ist,
daß nämlich ohngefähr das gerade
Gegenteil von dem geschah, was die
Neubegründer des preußischen und
deutschen Staates forderten. Weiter
aber noch, daß es nachgcrade die
allerhöchste Zeit ist, diesen Fehler
zu beseitigen. Das fühlt man allent-
halben: ein günstiges Zeichen. Denn
wäre diese Reaktion ausgeblieben,
so könnte das nur als Symptom da-
für geltcn, daß unser Volkskörper
bereits reaktionsunfähig geworden,
also abgestorben wäre.

In diesem Sinne sind alle prak-
tischen Versuche beachtenswert, dic

heute schon in dieser Richtung ge-
macht werden, zu denen auch der
meine gehört, dessen Darstellung
Professor Zimmer mit dem etwas
zu anspruchsvollen Namen „Er-
ziehungsstaat" bezeichncte; in Wirk-
lichkeit war dieses kleine Gebilde doch
nur erst eine sich hoffnungsfreudig
entwickelnde sozial-organische Er-
ziehungszelle. Freilich lebcnsfähig
war sie zweifellos. Soviel steht
wenigstens fest: sie darf in ihren
Grenzen als eine durchaus ge-
lungene Probe auf die Stcin-Fichte-
schen Gedanken gelten, die nur zu
weiteren Versuchen anspornen kann.
Denn auch hier geht probieren über
studieren, wenn wir weiter kommen
und nicht bei schönen Wortcn
stehenbleiben wollen.

Iohannes Langermann

Unsre Bilder und Noten

«»»HU unsern Bildern ist heut an dicser Stelle nichts zu sagen. Die
^^Blätter nach Ludwig tzofelich werden in der Rundschau des
e ^tzeftes besprochen, die Bilder zum Thema „Das Schloß" gehören
zu dem kleinen Aufsatze von S ch n l tz e - N a u m b u r g, sie sollen auf
den neuesten Band der von diesem geschriebenen und vom Kunstwart her-
ausgegebenen „Kulturarbeiten" aufmerksam machen. A

>,»nsre Notenbcilage cröffnet der erste Satz der E-moll-Sonatc von
'^Francesco Veracini ((685—(750), welche den (7U in London
erschienenen „Akademischen Sonaten" dcs alten Meisters entlehnt ist. Seinc
Musik zeichnet sich besonders durch eine für seine Zeit ungewöhnliche
Frciheit der melodischen und thematischen Gestaltung, nicht minder durch
kühne, modern anmutende harmonische Wendungen aus und ebenso durch
die eigentümliche Anwendung der Lhromatik. Er sclbst war sich seiner
Sonderstellung wohl bewußt und pflegte sie mit einem Stolz zu betonen
(„Ein Gott und ein Veracini"), der ihm überall Feinde machte. Diese
bcschuldigten ihn einer grillenhaften und kapriziösen Bizarrie. Wir
urteilen heutc anders darüber nnd finden sie vielmehr originell, geist-
reich, voll Feuer, Noblesse und Tiefe der Empfindung. Von der objek-
tiven Gestaltungsweise des (7. und (8. Iahrhunderts sondert er sich durch
seine starke Subjektivität und Leidenschaftlichkeit ab, so daß man ihn den
Beethoven seiner Ieit genannt hat. — Den Beschlnß macht Klemens Bren-
tanos „Wiegenlied" in der Kompositioii von Alfred Iulius Bornt-
tau, die den zarten Stimmungszauber des Gedichtes durch eine fein
differenzierte und abgeschattete Harmonik wiedergibt. B

Herausgeber: vr. k. e. F erd. Avenari u s tn Dresden-Blasewitzj vcrantwortla der tzcrausgebcr —
Vcrlag von Gcorg D. W. Lallwev. Druck von Kastncr « Lallwctz, t. kofbuckibruckerci in Wüncbcn
— In Vstcrreich-Ungarnfür Herausgabe u. Schristleitung vcrantwortl.: vr.Rich.Batka inWienXIII/S

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Kunstwart XXIV, (6
 
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