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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 24,3.1911

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Heft 17 (1. Juniheft 1911)
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Nidden, Ezard: Arno Holz und seine "Sonnenfinsternis"
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.9032#0364
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lichkeit häufig, sind aber in Wirklichkeit selten genug; es leuchtet ja
ein, daß Persönlichkeit auch in hergebrachter Form und an bekannten
Vorwürfen sich offenbaren kann. Es steht denn auch von Holz zu
hoffen, daß er von dem Stoff und der Einseitigkeit des Inhalts los-
komme, nachdem er sich die freie Bahn geschaffen hat, die eingangs er°
wähnt wurde. Denn wenn es auch jeden Künstler treiben muß, einmal
seine „Dichtung vom Künstler" zu schreiben, so erreicht er doch den
letzten Gipfel erst, wenn er aus sich eine neue ganze Welt zu schaffen
vermag. Zwecklos erscheint die Prognose, wie hoch Holz etwa noch dringen
mag. Genugtuung genug für die Zeitgenossen, daß wieder einmal ein
Poet zu sehen ist, der im Anblick der entfernten höchsten Höhen am
Werke ist. EzardNidden

Aus der „Sonnenfinsternis" von Arno Holz

s^Wir geben im folgenden Proben aus Holzens neuem Drama, das in
dem vorstehenden größcrn Aufsatz besprochen ist. Das erste Stück (aus
dem ersten Akt) zeigt die erste Bekanntschaft zwischen Hollrieder und dcr
Varietekünstlerin. Diesc ist kurz vorher von Url auf der Straße vor Zu-
dringlichkeiten gercttet worden und Url hat sie in Hollriedcrs Atelier ge-
bracht, wo die Szene spielt. Url ist ein verarmter, früher sehr reicher
Frcund Hollrieders, dcr nun Beatrice eine neue Varietanummer (die
sieben Verwandlungen) vorgeschlagen hat und vielleicht ihr Impresario
werden wird. Das letzte Stück spielt im Ausstellsaale der Sezession
vor Hollrieders großem Bild „Sonnenfinsternis", wozu ihm Veatrice
inzwischen mit Modell gesessen hat.j

O

La bella Lenci (halb zurückgewandt): Ich muß mir doch mal end-
lich Ihrcn Herrn und Meister anschn.

Url: Er ist weder mein Herr, Gott sei Dank, noch . . . leider . . . mein
Meister.

La bella Lenci (bercits in der Tür; lächelnd): Weh Ihnen, wenn
ich nachher enttäuscht bin! . . .

Url (steht da und starrt auf die Tür, hinter der sie verschwunden
ist. Nach einer Weile; veränderte Stellung; sich mit der Rechten über
die Stirn fahrend; leise): „Beatrice!" . . . „Beatrice Lenci!" . . . (in
tiefstem Schreck zusammenschaudernd; sich wie fremd im Raum umblickend).

La bella Lenci (hinter der Lür, die sie halb geöffnet hat): Ach,
bitte, den Mantel. (Url ihn ihr reichend; sie hat das Kleid bereits abgelegt,
man sieht ihren nackten Arm.) Nur drei ganz kleine Minuten!

Url (Lür wieder zu; Arl von neuem in sich versunken. Schließlich
vor dem Regal, gegen das er sich mit der Rechten stützt; wie aus einem
inneren Grauen): Der eigne . . . Vater! . . . (sich langsam setzend;
vor sich hinbrütend; dcn Ellbogen auf dem Regal, den Kopf in die Hand
gestützt; von draußen rechts her schwere, müde Schritte, die er nicht hört).

Hollrieder (ohne daß Arl etwas gemerkt hat, eingetreten; die

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