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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 24,3.1911

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Heft 14 (2. Aprilheft 1911)
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Rundschau
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Unsre Bilder und Noten
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https://doi.org/10.11588/diglit.9032#0181
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Lebende Worte

liche Einwirkungen an die Stelle
trcten, um so dringlicher macht sich
das Bedürfnis geltend, durch die
Fortbildungsschule die Erziehung
des heranwachsenden Geschlechts zu
tüchtigen Menschen und Staatsbür-
gern zu fördern." Der Landesver-
ein preußischer Volksschullehrerin-
nen fordert in einer Eingabe an
den Handelsminister auch für die
weibliche Iugend unter s8 Iah-
ren die Fortbildungsschulpflicht.
Man wird sich auf die Dauer dieser
Forderung kaum entziehen können.

haben. Wird sie aber, so allgemein
gehalten, auch noch blühen, wenn
sich's nm Laten handelt? Schmerz-
lich vermißte ich jegliche Andeutung
über die gegenwärtige soziale Lage
und das heißt: über handgreiflich
»praktische« Aufgaben. Kein Wort,
das die unendlichen Schäden, an
deren Heilung wir doch alle nach
Kräften mitarbeiten sollen und wol-
len, auch nur gestreift hätte! Was
soll eine patriotische Vegeisterung
nützen, der nicht greifbarerer Nähr-
stoff geboten wird, an dem sie sich
cntzünüen und ihre Kraft erweisen
kann? Gelegentlich fällt ein Wort
gegen den Alkoholmißbrauch und
geschlcchtliche Ausschreitnngen: aber
dabei gilt fast immer nur die Nück-
sicht auf die eigne Gesundheit, nie
wird der sozialen Not gedacht, der
wir durch unsre persönliche Lebens-
führung, jeder für sich, entgegen-
zuarbeiten haben. Ein achtzehn-
jähriger junger Mann hätte für
solche Gedanken gewiß Verständnis
genug — vielleicht mehr, als für
allein rückwärts gerichtete, allein
an der Vergangenheit erwärmte."

Entlaffungsreden

^vv^an schreibt uns:

<-^»-^Bei der Entlassung der dies-
jährigen Abiturienten in dem hu-
manistischen Ghmnasium, das ich
früher selbst durchgemacht habe,
hielt der Direktor eine Rede, in
der er von der immer mehr hervor-
tretenden Neigung seiner Abiturien-
ten, sich praktische Berufe zu wäh-
len, und vom Wert und der Be-
rechtigung der humanistischen Bil-
dung sprach. Der Zweck einer sol-
chen Abschiedsrede soll natürlich
sein, die jungen Leute auf die Auf-
gaben hinzuweisen, an deren Lösung
sie mitzuarbeiten haben. Der Red-
ner strebte offenbar etwas Ahnliches
an. Er ermahnte seine Schüler mit
flammenden Worten, ihre Dienste
dem Vaterlande zu weihen, zitierte
Fichte — und mag wohl auch eine
gewisse vaterländische Begeisterung
unter den jungen Leuten erweckt

Wahrheit und Vaterland

^«-»>»er dient seinem Vaterlande bes-
-L-vser: wer den Mut hat, die
Wahrheit zu sagen, oder wer die
auffälligsten Gebrechen mit patrio-
tischer Lüge überklebt?

(Aus Feuerbachs letzter Aufzeich-
nung.)

Unsre Bilder und Noten

><^>^ch».öge an der Spihe dieses unsres F e u e r b a ch°Heftes das Bild-
^^ ^» nis sciner Stiefmutter stchn! Ieder, der Feuerbachs Leben
^ kennt, weiß, daß das Verhältnis dieser Frau zu ihm nicht
seinesgleichen in der gesamten Kunstgeschichte hat, und je besser cr sein
Leben kennt, desto besser weiß er's. Ihre Liebe zu ihm war keine blinde,
nur muttertriebmäßige, sie war gepaart mit hellem Erkennen auch seiner
Schwächen und mit tiefem Leiden unter seinen Fehlern: diese Frau

^ ^2 Kunstwart XXIV,
 
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