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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 24,3.1911

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Heft 17 (1. Juniheft 1911)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.9032#0406
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den Massenbetrieb doch soviel So-
lidität und Wert enthält, daß auch
ein in kultureller Beziehung an--
spruchsvollerer Besncher sich dort
wohlfühlcn kann. Dacht ich.

O du naives Gemüt! Aks der
Bauzaun fiel, fiel auch ich, auf den
Rücken. Nehmt alles nur in allem:
eine Schießbude. Man kann sich
die weitere Kritik ersparen. Eine
Schießbude mitten in der Friedrich--
straße. Die zwischen klobige dorische
Säulen gespannten, plakatwand-
artig ganz mit gräzisierenden Re-
liefs, Köpfen, Vasen, Faunen und
Nhmphen bedeckten Wände schreien
jedem Vorübergehenden in die
Ohren: Hier ist das neueste, elegan-
teste, stilvollmodernste, fcenhafteste
Prunk-, Pracht- und Allerwelts-
tingeltangel! „Messels Einfluß ist
nicht zu verkennen", stand denn
auch in den Zeitungen . . . Diese
herrlichen imitiert gricchischcn Re-
liefs; auf den sogenannten Rummel-
plätzen, diesen für Berlin so charak-
teristischen (für die hhgiene der
Volksinstinkte allerdings nicht ganz
unbedcnklichen) Volksvergnügungs-
stätten findet man auch bisweilen
eine Bnde mit schöngemalten, grie-
chischen Flötenspielern und Länze-
rinnen über dem Eingang, „Klassisch
griechisches Theatcr« lautet die Auf-
schrift, und der Ausrufer erläutert
das durch den Zusatz: Wanderun-
gen durch das Pariser Nachtleben.
Nehmt alles nur in allem: ein
mondäner Rummelplatz. Daß der
bescheidene Name „Admiralsgarten-
bad" in „Admiralspalast" umge-
wandelt wurde, versteht sich dabei
am Rande.

Eine Bemerkung bleibt noch
übrig. Die Presse betreffend. Zu
den festlichen Einweihungen solcher
Sehenswürdigkeiten pflegen die
Bratenreportcr dcr Zeitungen ge-
laden zu werden. Herr Schmock aber
ist ein höflicher und dankbarcr

Mann, der weiß, was er schuldig
ist. Und so sehen wir ihn dcnn beim
Lob nachher das Maul genau so
voll nehmen, wie er's bei der Tafel
getan. Das ist natürlich ganz in
der Ordnung. Wünschenswert aber
wär es, wenn sich der schwungvolle
Paneghriker dabei in den Grenzen
seines Ressorts hielte, das sich doch
auf Personalien, Braten und Da-
mcntoiletten beschränkt, und die Ex°
kursionen in das ästhetische un-
kunstkritische Gebiet unterließe. Es
wirkt doch etwas komisch, wenn dann
in den Berichten sämtlicher Zeitun-
gen das Ergebnis der ästhetischen
Analyse, die der kritische Verstand
der Herrn Reportcr vorgenommen,
so Wort für Wort übereinstimmt,
daß man gleich erkennt, wie es ihnen
fix und fertig mit dem Braten ser-
viert worden ist. tzier oder da nur
zeigt sich ein leiser originaler Ein-
griff durch irgendeine ergötzliche
Verwechslung der Begriffe. Haben
es denn wirklich große Zeitungen
nötig, die unter dem Strich die ernst-
hafteste Knnstkritik pflegen, über dcm
Strich immer wieder dem Leser
überschwänglichen Unsinn vorzu-
setzen? Es gibt doch Leute, die wirk-
lich glauben, daß die Presse nicht
nur der Reklame, sondern, wie sie
selbst sagt, den Kulturinteressen
dient. E. V.

Wald und Stadt

ragödien pflegen sich am ergrei-
fendsten abzuspielen zwischen
Eltern und Kindern, zwischen Brü-
dern oder Schwestern, zwischen
Frennd und Freund, Mann und
Weib, zwischen solchen, die sich nahe-
stehen und die durch ihren Wider-
streit selbst im Tiefsten entwurzelt
und vcrnichtet werden. Sie sind
mit ihren edelsten Bcdürfnissen auf-
einander angcwiesen, und was
ihnen das Leiden bringt, ist auch
wieder ihr Bestes: die Treue wan-

(. Iuniheft 'M 33(

Naturschutz
 
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