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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 24,3.1911

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Heft 18
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.9032#0482
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dic Worte des Generalsuperinten--
denten von Königsberg: „Diesem.
Mann (dcm Kaiser) gegenüber sind
wir alle, verzeihen Sie, meine Herr-
schaften, den etwas harten Ausdruck,
Schafsköpfe, so groß ist meine
Bewunderung seines Geistes, der
alles auffaßt und umfaßt und ver-
arbeitet!" Auch in der Logik sei-
nes eignen Baus ist dieser Satz
bezeichnend: „Wir sind ihm gegen-
über Schafsköpfe, so groß ist meine
Bcwunderung." Ich möchte keinen
Zweifel darüber lassen, daß auch ich
die Ausführungen Prof. Erdmanns
durchaus für gerechtfertigt, ja für
geboten halte. Entweder: man
sieht hier die Wahrheit nicht, und
dann zeigt man, daß man die kai-
serlichen Worte nur mit Befangen-
heit aufnimmt. Wenn das der Fall,
so ist man aber auch in sachlicher
Bcziehung zum Urteile über sie un-
fähig. Oder: man glaubt, um des
monarchischen Gedankens willen so
tun zu sollen, als sähe man die
Wahrheit nicht — und dann liefert
man eben dadurch den hellen Köpfen
unter den Feinden der Monarchie
den allerbrauchbarsten Agitations-
stoff. Wird denn nicht nnr dem
Kaiser selbst, wird auch denen u m
dcn Kaiser alles vorenthalten, was
in den andern, den großen
Krciscn des Volks gedacht und ge-
sprochen wird? Die gedruckte öffent-
liche Mcinung ist nicht die einzige
und in ihren Wirkungcn nicht ein-
mal immer die stärkste. A

Neues von Dauthendey
und Sabatino Lopez

Münchner Thcater

Dauthendeh, dessen
^i-erste Lyrik seincrzcit mchr als
Hhpermoderne Kuriosität erschienen
war, wenngleich man aus jenen
exzentrischen Experimenten schon
hie und da ein ursprünglicheres
Können herausfühlen mochte, hat

sich neuerdings als Lhriker wie als
Novellist durch die Eigenart seines
Schauens und Wiedergebens die
Shmpathie auch der besonneneren
modcrn-literarischcn Kreise gewon-
nen. Nnd nun crrang auch die erste
dramatische Dichtung, die von ihm
auf die Bühne kam, sogleich einen
entschiedenen Erfolg: das Drama in
vierAkten, einemVorspiel nnd einem
Epilog „Spielereien einer
Kaiserin", dessen Nraufführung
der „Neue Verein" am (5. Mai im
Münchner Schauspielhause veran-
staltetc. Schon die Mitwirknng
der Durieux in dcr Hauptrolle
machte die Premiere für München
zu einer Art Sensation, nicht
minder aber der Gegenstand und
der Stil des Stückes, welche nicht
bloß die guten, auch die fragwür-
digen Aeigungen unsrer modern-
stcn Theaterfreunde befriedigten.
Heldin ist die Russenkaiserin Ka°
tharina, deren wechselvolles und
doch in puncto Menschikoff bestän-
diges Liebesleben in einer Ncihe
kecker Bilder vorgeführt wird. Diese
sechs Exzerpte aus einem Liebes-
roman, der ein Vierteljahrhundert
nmspannt, tragen — ganz wie die
Bilder von Wedekinds „Musik" —
Äberschriften nach Art der grünen
Volksromanhcfte: „Das Dragoner-
weib", „Das Frühstück", „Der
Schmuckkasten", „Das Taschcntuch",
„Die Witwenhaube" uitd „Am
Kaiserinnenbett". Man sieht, wie
Menschikoff das temperamentvolle
Soldatenweib erbeutet, dann, wie
er sie seinem gewalttätigen Zaren
abtreten muß, wie die Iaritza
durch Preisgabe ihres kostbaren
Schmucks tatsächlich das Reich und
den Gemahl, der Absicht nach aber
nur ihren Menschikoff, der sich
seiner Herrin gegenüber gewaltsame
Neserve auferlegt, aus der Hand
der Türken rettct; man sieht fcr-
ner die verbissene Leidenschaft und

2. Iuniheft Ml 39l

Theater
 
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