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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 24,3.1911

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Heft 18
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.9032#0495
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zwanzig Pfennig. Das Frühstück
wird gleich bezahlt — dem Kaffee-
kellner sein Zrinkgeld! Dem
„Ober" bezahle ich die Rechnung
und — sein übliches Trinkgeld,
fO vom Hnndert. Der Portier
ist ein ganz feiner Mann, er
spricht alle möglichen Sprachen
und verdient doppelt soviel wie
ich, also muß ich ihm ein sehr
„anständiges" Trinkgeld geben. Der
Hausdiener bekommt mindestens
fünfundzwanzig Pfennig fürs
Stiefelputzen, sonst kann er diesen
Betrag mit Erfolg einklagen. Was
meine Frau dem Zimmermädchen

ab, aber zu deutschen Hotelsitten
ist man doch noch nicht gekommen.
„Dort drüben" nimmt ein aufrech-
ter Mann den Reisenden in Emp-
fang, unterhandelt mit ihm wegen
des Zimmers, legt das Fremden-
buch vor und veranlaßt weiteres.
Diesem kaufmännischen Beamten
zahlt man schließlich auch die Rech-
nung und — gibt ihm kein Trink»
geld. Wer den „Bell-Boh" oder
einen Laufjungen in Bewegung
setzt, wer sich die Stiefel irgend-
wo — im Haus oder auf der
Straße — putzen läßt, der bezahlt
gleich; für Gepäck- und Wäsche-

gab, weiß ich nicht, aber den Lift-
jungen muß ich bezahlen; dann
warten an der Drehtür noch ein
paar ähnliche kleine Herren auf
mich.

Viele sind bekanntlich der An°
sicht, daß es für Wirte, Angestellte
und Gäste angenehmer und würdi-
ger wäre, wenn für all diese Be°
dienungen eine feste Summe auf
die Rechnung gesetzt würde. In
den christlichen „Hospizen" geht's
ja auch. In Amerika besteht eine
solche Bezahlung der dienstbaren
Geister ebensowenig. Allerdings
färbt im Osten des Landes schon
hier und da die „Kultur" der
Europäer auf das Hotelpersonal

besorgung zahlt man die Taxe.
Wenn man das Hotel verläßt, sieht
man keine begehrlichcn Hände, und
es folgen dem Gaste keine verlan-
genden oder verurteilenden Blicke.
Wenn das „im Lande des Dol-
lars" geht, warum geht's nicht bei
uns? Iedem sein Recht! Auch
dem dienstbaren Geist, aber so, daß
das Recht auch als Recht erscheint
und nicht als Almosen. Den
Gastwirten selber sollte schon die
scharfe Konkurrenz der christlichen
Hospize sagen, daß die Abschaffung
des Lrinkgeldwesens auch in ihrem
Interesse liegt.

Und dann der „Weinzwang".
Dies Wort steht nicht immer als


Kunstwart XXIV, sS
 
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