summe mit verrechnet. Dann hat der Bauherr Architektenhonorar
und linternehmerverdienst zugleich zu tragen. Oder, was schlimmer
ist: die geistige Arbeit fällt ganz weg zum Schaden der Gebäude und
ihrer Benutzung. Dann entsteht statt eines Gebäudes, das als Lösung
der besonderen Aufgabe sich entwickelt hat, ein Gebäude „nach
Schema k"'. Neunundneunzig von hundert Neubauten sind freilich
so gebaut. Aber man sieht ihnen auch die Geistlosigkeit am Grund--
riß und die Gefühllosigkeit auch an der „schönsten" Fassade an. Vom
Wohnen darin nicht zu sprechen.
Man kann die Bauherren im allgemeinen in zwei Klassen einteilen.
Die erste ist die kurzsichtige, die kein anderes Ideal hat, als eine be--
stimmte Summe zu verbauen. Sie genehmigt die ersten Pläne, über--
läßt alles weitere dem Nnternehmer und erhält dafür ein Gebäude,
das im besten Falle dem aufgewendeten Geldwert einigermaßen ent--
spricht. Die zweite Klasse ist die umsichtige oder weiterblickende. Sie
läßt sich vom Architekten in die Eigenarten und Schwierigkeiten der
Bauausgabe einführen, gibt und nimmt Anregungen und arbeitet
so selbst mit am eigenen tzeim. Alles wird reiflich erwogen, die
Kosten werden sorgsam auf die einzelnen Wünsche des Bauherrn oder
der tzausfrau verteilt, damit nicht etwa der Salon ein Fürstenzimmer
und die Schlafstube eine Gefangenenzelle wird. Ein weiser Baumeister
wird dabei eine bestimmte Summe für spätere Wünsche zurückbehalten,
denn er weiß genau, daß der Appetit beim Essen kommt und daß sich
der Bauherr durch die ersten Pläne erst darüber klar wird, was er
sich gönnen kann und will. Nur so werden Kostenüberschreitungen
vermieden, die man so oft den Architekten zum Vorwurf macht, die
aber meist daher kommen, daß dem Bauherrn oft erst während des
Bauens die liebsten Wünsche reifen.
Es läßt sich aber sehr wohl, auch wenn man mit einem Architekten
arbeitet, die Bausumme und deren Innehaltung in den Vordergrund
stellen. Dann wird ein solides einfaches trauliches Gebäude die Folge
sein. Immer aber, auch bei der einfachsten Aufgabe wird sich der
Rat eines Architekten reichlich lohnen.
Selbst die einfachsten Aufgaben: Remisen, Schuppen, Veranden,
Gartenhäuschen, Windfänge, besonders alle Anbauten an vorhandene
gute tzäuser bedürfen guter Durcharbeitung und taktvoller Behand--
lung. Denn ohne gründliches Studium ist nicht einmal ein Kopieren
alter Gebäude möglich.
Nnser ganzes Gewerbe ist seit vierzig Iahren in ein neues Stadium
getreten. Weder der tzandwerker noch der Baumeister ist heute das,
was er früher war. Das alte tzandwerk ist zur Reparaturarbeit, der
alte Baumeister ist zum Unternehmer geworden. tzeute heißen die
Träger der alten guten Äberlieferung Kunsthandwerker und Archi-
tekten.
Erst wenn diese in allen Angelegenheiten gewerblicher Tätigkeit
zu Rate gezogen werden, können wir hoffen, wieder auf die Kulturhöhe
zu kommen, die einst in früheren Zeiten jedem Gerät und jedem
Bau den Adel menschlichen Fühlens und menschlicher Seele verlieh.
Gustav Langen
8 Kunstwart XXIV, 19
und linternehmerverdienst zugleich zu tragen. Oder, was schlimmer
ist: die geistige Arbeit fällt ganz weg zum Schaden der Gebäude und
ihrer Benutzung. Dann entsteht statt eines Gebäudes, das als Lösung
der besonderen Aufgabe sich entwickelt hat, ein Gebäude „nach
Schema k"'. Neunundneunzig von hundert Neubauten sind freilich
so gebaut. Aber man sieht ihnen auch die Geistlosigkeit am Grund--
riß und die Gefühllosigkeit auch an der „schönsten" Fassade an. Vom
Wohnen darin nicht zu sprechen.
Man kann die Bauherren im allgemeinen in zwei Klassen einteilen.
Die erste ist die kurzsichtige, die kein anderes Ideal hat, als eine be--
stimmte Summe zu verbauen. Sie genehmigt die ersten Pläne, über--
läßt alles weitere dem Nnternehmer und erhält dafür ein Gebäude,
das im besten Falle dem aufgewendeten Geldwert einigermaßen ent--
spricht. Die zweite Klasse ist die umsichtige oder weiterblickende. Sie
läßt sich vom Architekten in die Eigenarten und Schwierigkeiten der
Bauausgabe einführen, gibt und nimmt Anregungen und arbeitet
so selbst mit am eigenen tzeim. Alles wird reiflich erwogen, die
Kosten werden sorgsam auf die einzelnen Wünsche des Bauherrn oder
der tzausfrau verteilt, damit nicht etwa der Salon ein Fürstenzimmer
und die Schlafstube eine Gefangenenzelle wird. Ein weiser Baumeister
wird dabei eine bestimmte Summe für spätere Wünsche zurückbehalten,
denn er weiß genau, daß der Appetit beim Essen kommt und daß sich
der Bauherr durch die ersten Pläne erst darüber klar wird, was er
sich gönnen kann und will. Nur so werden Kostenüberschreitungen
vermieden, die man so oft den Architekten zum Vorwurf macht, die
aber meist daher kommen, daß dem Bauherrn oft erst während des
Bauens die liebsten Wünsche reifen.
Es läßt sich aber sehr wohl, auch wenn man mit einem Architekten
arbeitet, die Bausumme und deren Innehaltung in den Vordergrund
stellen. Dann wird ein solides einfaches trauliches Gebäude die Folge
sein. Immer aber, auch bei der einfachsten Aufgabe wird sich der
Rat eines Architekten reichlich lohnen.
Selbst die einfachsten Aufgaben: Remisen, Schuppen, Veranden,
Gartenhäuschen, Windfänge, besonders alle Anbauten an vorhandene
gute tzäuser bedürfen guter Durcharbeitung und taktvoller Behand--
lung. Denn ohne gründliches Studium ist nicht einmal ein Kopieren
alter Gebäude möglich.
Nnser ganzes Gewerbe ist seit vierzig Iahren in ein neues Stadium
getreten. Weder der tzandwerker noch der Baumeister ist heute das,
was er früher war. Das alte tzandwerk ist zur Reparaturarbeit, der
alte Baumeister ist zum Unternehmer geworden. tzeute heißen die
Träger der alten guten Äberlieferung Kunsthandwerker und Archi-
tekten.
Erst wenn diese in allen Angelegenheiten gewerblicher Tätigkeit
zu Rate gezogen werden, können wir hoffen, wieder auf die Kulturhöhe
zu kommen, die einst in früheren Zeiten jedem Gerät und jedem
Bau den Adel menschlichen Fühlens und menschlicher Seele verlieh.
Gustav Langen
8 Kunstwart XXIV, 19