Krampfhaft schluchzend brach der Graf in sich zusammen.
Der alte Pfarrer beugte sich über ihn und klopfte ihm auf die
Schulter: „So, Graf Trolle, jetzt müssen Sie sich zusammennehmen und
ein Mann sein. Denken Sie an nichts anderes als an Ihre Frau und
Ihre Kinder und an das, was ich Ihnen gesagt habe. Wenn Sie zu
Gott beten können, so tun Sie es."
Der Pfarrer ging hin und trank einen Schluck Tee; dann spazierte
er ein paarmal im Zimmer auf und ab.
„Wenn niemand außer Lhristian Hansen Bescheid weiß, so läßt
es sich verbergen. Ich will heute abend zu seiner Mutter hinübergehen
und mit ihr und ihren Angehörigen im Ostdorf reden. Die Leute
sind zuverlässig, wenn man ihnen Vertrauen erweist. Wahrscheinlich
treffe ich ihn selbst auch drüben, wenn er mit seiner Arbeit fertig ist.
Wrigens", sagte Pastor Castbierg, indem er aufblickte, „hat mir meine
Haushälterin erzählt, hier in Brindsted spreche man darüber, daß Christian
zwei verschiedene Erklärungen über die Vorfälle in der Scheune ab-
gegeben habe."
„Ia, ich habe wohl gehört, daß er den Knechten, als sie in die
Scheune kamen, gleich eine falsche Erklärung gab."
„Der arme Iungei Wenn er sich nur nicht ans reiner Fürsorge,
um Sie zn schonen, in etwas Verkehrtes verbohrt hat. Lieber Graf
Trolle, was wir tun müssen, das steht für mich unzweifelhaft fest.
Eine andre Sache ist es, was wir tun können. So lassen Sie
uns mit gutem Gewissen vor Gott unser Bestes tun."
„Ich glaube, ich will jetzt gehen", sagte der Graf plötzlich und sprang
auf in iunerer Qual.
„Nein nein, Graf Trolle, setzen Sie sich wieder! Vorläufig müssen
Sie hier bleiben, wenn nicht nach Ihnen geschickt wird, weil Ihre
Frau stirbt. Lassen Sie mich Sie unterhalten und Ihnen etwas vor-
plaudern. Von diesem und jenem, was mir gerade einfällt. Mit Gottes
Hilfe muß ich Sie doch wohl beruhigen können. Er ist doch der, von
dem Ruhe und Tröstung kommen. Er hat auch vielleicht eine bestimmte
Absicht mit dem, was geschehen ist, verfolgt, auf daß Sie von all der
Auwirklichkeit, von allen diesen Narrenspossen befreit würden, die in der
letzten Ieit hier in Brindsted betrieben worden sind. Das ist nämlich die
allererste Illusion, die Gott uns Menschen nehmen muß: daß wir sünden-
frei und vollkommen seien. Das glauben Sie nun auch sicherlich nicht
mehr von sich."
„Gott hat mit dieser Sache nichts zu schaffen gehabt," erwiderte der
Graf und preßte die Hände gegen sein Gesicht, „das dürfen Sie nicht
sagen, Pastor Castbierg."
„Oh, er gebraucht oft seltsame Mittel. Ich will sagen: an und für
sich finde ich kein so großes Unglück oder Anrecht darin, daß Magnus
Iensen seine Schlechtigkeit mit dem Leben hat büßen müssen. Ich kann
mir ja recht gut denken — selbst nach der verzerrten Darstellung, die man
meiner Haushälterin im Dorfe gegeben hat — , wie es in Wirklichkeit im
Ostmoor zugegangen ist. Soviel ist klar: wäre Magnus uicht in seinem
Vorhaben gehindert worden, dann wäre es eben so weit gekommen, daß
seine Bosheit keine Grenzen mehr gehabt hätte. Nein, er hat den Lohn
für seine Taten empfangen."
34t- Kunsttvart XXIV, 24-
Der alte Pfarrer beugte sich über ihn und klopfte ihm auf die
Schulter: „So, Graf Trolle, jetzt müssen Sie sich zusammennehmen und
ein Mann sein. Denken Sie an nichts anderes als an Ihre Frau und
Ihre Kinder und an das, was ich Ihnen gesagt habe. Wenn Sie zu
Gott beten können, so tun Sie es."
Der Pfarrer ging hin und trank einen Schluck Tee; dann spazierte
er ein paarmal im Zimmer auf und ab.
„Wenn niemand außer Lhristian Hansen Bescheid weiß, so läßt
es sich verbergen. Ich will heute abend zu seiner Mutter hinübergehen
und mit ihr und ihren Angehörigen im Ostdorf reden. Die Leute
sind zuverlässig, wenn man ihnen Vertrauen erweist. Wahrscheinlich
treffe ich ihn selbst auch drüben, wenn er mit seiner Arbeit fertig ist.
Wrigens", sagte Pastor Castbierg, indem er aufblickte, „hat mir meine
Haushälterin erzählt, hier in Brindsted spreche man darüber, daß Christian
zwei verschiedene Erklärungen über die Vorfälle in der Scheune ab-
gegeben habe."
„Ia, ich habe wohl gehört, daß er den Knechten, als sie in die
Scheune kamen, gleich eine falsche Erklärung gab."
„Der arme Iungei Wenn er sich nur nicht ans reiner Fürsorge,
um Sie zn schonen, in etwas Verkehrtes verbohrt hat. Lieber Graf
Trolle, was wir tun müssen, das steht für mich unzweifelhaft fest.
Eine andre Sache ist es, was wir tun können. So lassen Sie
uns mit gutem Gewissen vor Gott unser Bestes tun."
„Ich glaube, ich will jetzt gehen", sagte der Graf plötzlich und sprang
auf in iunerer Qual.
„Nein nein, Graf Trolle, setzen Sie sich wieder! Vorläufig müssen
Sie hier bleiben, wenn nicht nach Ihnen geschickt wird, weil Ihre
Frau stirbt. Lassen Sie mich Sie unterhalten und Ihnen etwas vor-
plaudern. Von diesem und jenem, was mir gerade einfällt. Mit Gottes
Hilfe muß ich Sie doch wohl beruhigen können. Er ist doch der, von
dem Ruhe und Tröstung kommen. Er hat auch vielleicht eine bestimmte
Absicht mit dem, was geschehen ist, verfolgt, auf daß Sie von all der
Auwirklichkeit, von allen diesen Narrenspossen befreit würden, die in der
letzten Ieit hier in Brindsted betrieben worden sind. Das ist nämlich die
allererste Illusion, die Gott uns Menschen nehmen muß: daß wir sünden-
frei und vollkommen seien. Das glauben Sie nun auch sicherlich nicht
mehr von sich."
„Gott hat mit dieser Sache nichts zu schaffen gehabt," erwiderte der
Graf und preßte die Hände gegen sein Gesicht, „das dürfen Sie nicht
sagen, Pastor Castbierg."
„Oh, er gebraucht oft seltsame Mittel. Ich will sagen: an und für
sich finde ich kein so großes Unglück oder Anrecht darin, daß Magnus
Iensen seine Schlechtigkeit mit dem Leben hat büßen müssen. Ich kann
mir ja recht gut denken — selbst nach der verzerrten Darstellung, die man
meiner Haushälterin im Dorfe gegeben hat — , wie es in Wirklichkeit im
Ostmoor zugegangen ist. Soviel ist klar: wäre Magnus uicht in seinem
Vorhaben gehindert worden, dann wäre es eben so weit gekommen, daß
seine Bosheit keine Grenzen mehr gehabt hätte. Nein, er hat den Lohn
für seine Taten empfangen."
34t- Kunsttvart XXIV, 24-