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Kunstwart und Kulturwart — 32,4.1919

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Heft 19 (1. Juliheft 1919)
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Vom Heute fürs Morgen
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https://doi.org/10.11588/diglit.14424#0053

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auswärtigen Politik" daran vorüber,
obwohl an der Stelle (S. 32), wo von
der in Frankrcich obligatorischen Fäl-
schung der Berichte der deutschen
Obersten Heeresleitung die Nede ist,
ein Urteil über den Einfluß dieser
Praktik auf die Meinungsbildung in
Frankreich und den der gegenteiligen
in Deutschland nahe gelegen hätte.

Man spricht viel von der Vcrsäum-
nis, die wir durch ungenügende Ver-
bretiung uns günstiger Mitteilungen
im Ausland begangcn haben, und be-
klagt die Folgen solcher Anterlassungen.
Aber haben wir es etwa verstanden,
auch nur die eigene, inländische Öffent-
lichkeit über den Haß unsrer Feinde, der
sich in ihrer Presse oft schlechtweg
zhnisch offenbarte, und über die Ränke
ihrer Regierenüen so zu unterrichten,
wie das unsre wichtigsten Lebens-
interessen vcrlangten? Nein. Wäre dem
deutschcn Michel statt der klug berech-
neten Reden der Lloyd George, Wilson
und dcr Havas- und Reuter-Depeschen
immer und immer wiedcr vor Augen
geführt worden, was jene in Wirklichkeit
gegen uns im Schilde führten (der Vcr-
sailler Mordvertrag cnthält fast nichts,
womit sie uns nicht in amtlichen
und anderen Preßerzeugnissen seit
Kriegsbeginn offen bedroht hätten),
so würden wir fester geblieben sein.

Die Schuld an dem hier gcrügten
Abel trifft aber nicht die Tagespresse
allein; auch das hat seinen wohl-
gemessenen Anteil daran. Die an sich
anerkennenswerten Bemühungen des
früheren Kriegspresseamtes, der Presse
ihre Aufgabe zu erleichtern, gingen
von einer falschen Voraussetzung aus
und mußten daran schcitern. Auch die-
ses Amt versandte kommentarlose
Auszüge aus der feindlichen Publi-
zistik, in der offenbaren Hoffnung, die
Redaktionen würden beim Abdruck den
Fnhalt in die erwünschte Beleuchtung
rücken. Diese Hoffnung wurde nur in
einem verschwindend gcringen Teil der,
soweit ich sehen konnte, an sich unge-
nügenden Fülle von Abdruck erfüllt.

Das Äbel ist flber auch nicht erst ein
Erzeugnis des Krieges. Schon von je
unterscheidet sich die Art, wie man in
Deutschland über die Vorgänge in frem-
den Ländern unterrichtet wird, von der
Belehrung über Deutschland im Aus-

lande. Insbesondere die fremdländischen
Korrespondenten bei uns sahen alles
ausschließlich vom Standpunkt ihres
eigenen nationalen Fnteresses an und
beschrieben es so, während die uns zu-
gehcndcn Nachrichten mcist einfach von
dem Streben nach Objektivität erfüllt
waren, oft genug aber auch durch die
Brille einer ausländischen innerpoliti-
schen Parteigruppe sahcn und damit
eines dem unsern fremden, wenn nicht
gar fcindlichcn Interesses.

Vielleicht besteht nur wenig Aussicht
darauf, daß jene bedenklichen publizisti-
schen Gewohnheiten sich ändern. Aber
es besteht gar keine, wenn wir uns
ihrer nicht endlich bewußt werden.

Eugen Würzburger

Wir möchten Geheimrat Würz-
burgers Sätze auch unsrerseits nachdrück-
lich untcrstreichen. Der Herr Verfasser
selbst weist zu ihrer Ergänzung auf
seinen Kunstwartaufsatz in XXXI, 2 hin.
Seitdem sind bei uns noch andre zum
Thema erschienen. Wir sind letzten
Endes dem „dritten" Kriege, dcm Sug-
gerier-Kriege, erlegen, und trotzdem
haben auch unsre Gebildeten noch
immer kaum eine Ahnung davon, was
der bedeutete, und vor allem davon nicht,
was er auch fcrner bedeuten wird.
Blieben wir ihm gegenübcr so wchrlos
dumm wie noch jetzt, so liefern wir trotz
aller großen Worte auch unsre „Men-
talität" nach und nach dem Fcinde aus,
mit andern Wortcn: so wird auch unser
eigenes Denken und Fühlen im Laufe
der Zeit ihm untertan und von ihm
versklavt werdcn. A

Ein deutsches Friedens-Nationaldenk-
mal

u dem folgenden Vorschlage die Vor-
bemerkung, daß ich ihn nicht im
Scherz mache, sondern im Ernst.

An einer von Einheimischen und
Fremden meistbegangenen Stelle von
Berlin, etwa gegenüber dem Branden-
burger Tore, dort wo die Linden be-
ginnen, oder vor der Aniversität oder
beim Schloß, errichtcn wir eine Art
offenstehenden Tempelbau. In seinem
Innern hat er vier Wände. Iede ist
cine Inschrift-Tafel.

Auf dem ersten Felde: das deutsche
Angebot uud die Zustimmung der Geg-
ner, die dcm Waffenstillstand voran-

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